"Reserveliga? - Ein schlechter Witz"

Von Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Die dritte Liga wurde 2008 als eingleisige Liga zwischen der 2. Liga und der Regionalliga eingeführt
© Getty
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Niederländische Reserveliga vor dem Aus

Eine Reserveliga gibt es auch in den Niederlanden. Für Kaiser, der vor seiner Zeit beim FC Chelsea für den niederländischen Fußballverband KNVB arbeitete und dort das derzeitige Scouting-System mit aufbaute, rät auch auf Grund dieser Erfahrungen dringend von der Einführung einer Reserveliga in Deutschland ab:

"Holland ist das beste Beispiel, wie schlecht das endet. Wir versuchen schon seit zehn Jahren, unsere Reserveliga wieder abzuschaffen, denn das Niveau ist einfach grauenvoll, weil die Spiele nur noch den Charakter von Freundschaftsspielen haben."

Genau das sagt auch Werner Kern: "Keiner wird Lust haben, dort zu spielen, und man müsste überspitzt gesagt dem Busfahrer ein Trikot geben, damit das Team vollzählig antreten könnte. Dieses Kaspertheater wollen wir nicht." Das sieht auch Theo Schneider, Trainer von Borussia Dortmund II, so: "Ein junger Spieler braucht den Druck, vor 10.000 oder 15.000 Zuschauern zu spielen. In der Reserveliga kommen höchstens noch 50. Das wäre nicht gut."

In Spanien wird die Problematik derart gehandhabt, dass die Reserveteams der Profiklubs in der zweiten Liga, der Liga Adelante, spielen dürfen. Diese besteht aus 22 Vereinen, vertreten ist mit der Reserve des FC Villarreal allerdings derzeit nur ein Klub. Für Deutschland sicherlich keine mögliche Variante.

Wettbewerbsverzerrung und fehlende Zuschauer?

Doch warum ist es für die anderen Klubs eigentlich solch ein großes Problem, gegen Reserveteams von Profimannschaften anzutreten? Glaubt man den Gegnern der zweiten Mannschaften, so locken die Reserveteams kaum Fans in die Stadien. Ein Vorwurf, der nur bedingt stimmt.

Zwar führen die Zweitvertretungen auch in dieser Saison die Tabelle von unten an - dies aber nur bei ihren eigenen Heimspielen. In gegnerischen Stadien sorgen zumindest die Amateure von Werder Bremen (5. der Zuschauertabelle), dem VfB Stuttgart (7.) und Bayern München (11.) für durchaus gut besuchte Arenen - einzig Borussia Dortmund (17.) fällt hier ab.

Ein weiterer Vorwurf ist der Aspekt der Wettbewerbsverzerrung, der in den Einsätzen von Bundesligaspielern in den Reserveteams begründet liegt. Prominente Beispiele gibt es mit Christian Lell, Alexander Baumjohann, Andreas Görlitz (Bayern München), Sven Bender (Borussia Dortmund) oder Sebastian Rudy, Julian Schieber und Patrick Funk (VfB Stuttgart) reichlich.

BVB-Trainer Schneider hält dagegen: "Wenn bei uns ein Profi zum Einsatz kommt, dann war er vorher längere Zeit verletzt und ist auf Grund fehlender Spielpraxis in dem Sinne keine Verstärkung."

Helmut Sandrock zeigt Optimismus

Auch der DFB erkennt im Rahmen seiner aktuellen Untersuchungen keine Wettbewerbsverzerrung, lässt sich aber ansonsten noch nicht in die Karten schauen:

"Wir haben die Situation in Deutschland zu beleuchten und abzuwägen, was wir wollen und was nicht, mit allem Für und Wider", so DFB-Direktor Helmut Sandrock, der sich trotz allem optimistisch zeigt: "Die Meinungen gehen auseinander, aber wir wissen uns mit Vertretern von den zweiten Mannschaften einig, dass eine Höchstzahl an Reserveteams festgelegt werden sollte", betont Sandrock.

Eine Aussage, die bei den Profivereinen Kopfschütteln auslöst. "Von solch einem Vorschlag halte ich überhaupt nichts", so stellvertretend Jochen Schneider vom VfB Stuttgart.

Auch in Zukunft sportlich bleiben

Eine Lösung ist also noch nicht in Sicht und dürfte bei der Anzahl an Reserveteams in der 3. Liga und der Regionalliga auch schwierig werden - wenn die Profivereine ihre ablehnende Einstellung beibehalten.

In der 3. Liga sind aktuell mit dem FC Bayern, Borussia Dortmund, VfB Stuttgart und Werder Bremen vier Reserven vertreten, heftiger ist es in den drei Regionalligen. 21 der insgesamt 54 dort aktiven Vereine, sind Zweitvertretungen von Klubs aus der 1. und 2. Bundesliga.

Theo Schneider möchte die ganzen Diskussionen am liebsten beenden und das Problem auch in Zukunft sportlich lösen:

"Wir haben uns mit dieser jungen Mannschaft auf dem Platz für die 3. Liga qualifiziert. So wie andere Reservemannschaften auch. Wenn es andere Teams mit erfahrenen Kräften über die Saison nicht schaffen, sich gegen 19- bis 20-Jährige durchzusetzen, ist das nicht unser Problem."

Kern: "Wir sind noch nie so zerlegt worden."