SCP versinkt im Chaos

Von Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Harte Zeiten für den Herbstmeister: Trainer Pavel Dotchev ärgert sich über die Unruhe im Klub
© Getty

Alles spricht über die Entlassung von Jürgen Klinsmann beim FC Bayern München. Doch auch beim Top Team der 3. Liga aus Paderborn ist der Saisontiefpunkt erreicht. Wilfried Finke ist mit sofortiger Wirkung von seinem Amt als Präsident des SC Paderborn 07 zurückgetreten. Dabei bleiben einige Fragen offen.

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Denn ob der Möbelmogul auch sein finanzielles Engagement beendet, ist unklar - und somit auch die sportliche Zukunft der Ostwestfalen.

Nach der Niederlage in Braunschweig überschlugen sich am Montag die Ereignisse an der Pader.

"Braunschweig hat das Fass zum Überlaufen gebracht"

Wilfried Finke ist nicht mehr länger Präsident des SC Paderborn und zog damit die Konsequenz aus der bis Dato verkorksten Rückrunde. "Das Spiel in Braunschweig hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Mit einer solchen Einstellung kann ich mich nicht identifizieren", so ein erstes Statement des schwer enttäuschten Möbelunternehmers.

Er vermisse die Leidenschaft bei den Spielern und verstehe die Leichtfertigkeit nicht, mit der die Spieler den sicher geglaubten Wiederaufstieg in die 2. Liga zu verspielen drohen.

Mit Wilfried Finke verlässt eine wichtige Stütze des Vereins das Schiff - ob er auch seine finanzielle Unterstützung beendet, wurde bisher nicht bekannt. Vize Peter Evers übernimmt bis zur Jahreshauptversammlung im Herbst das Präsidentenamt.

Vom Herbstmeister zum Krisen-Klub

Noch zur Winterpause war nach einer überragenden Hinserie und acht Punkten Vorsprung auf den ersten Nichtaufstiegsplatz eine regelrechte Aufbruchstimmung zu spüren - der SCP war Herbstmeister, die Fans begeistert und der Wiederaufstieg offenbar ein Selbstläufer.

Nun, fünf Spieltage vor Schluss, steht der SCP nur noch auf dem Relegationsplatz, liegt in der Rückrundentabelle gerade einmal auf Platz 13 und könnte bei einer Heimniederlage am kommenden Samstag gegen Carl-Zeiss Jena sogar ganz aus den Aufstiegsrängen rutschen.

Längst also ist die Euphorie einer gewissen Tristesse gewichen - Mannschaft, Trainer und Verein sind wieder auf dem Boden der Tatsachen angelangt.

Art und Weise ist entscheidend

Das Resultat der schlechten Ergebnisse ist eine handfeste Krise. Dabei geht es gar nicht so sehr darum, dass man den direkten Wiederaufstieg eventuell verpassen könnte - das war nach dem Umbruch einkalkuliert. Vielmehr geht es um die Art und Weise, wie sich das Team bislang in der Rückrunde präsentiert hat.

Aus den letzten sieben Spielen resultierte lediglich ein Sieg. Kapitän Markus Krösche kann die Kritik an der Mannschaft gut nachvollziehen: "Wenn man die letzten beiden Spiele in einer solch wichtigen Phase verliert und Unterhaching an einem vorbeizieht, dann hat man auch als Team im oberen Tabellenbereich eine Krise", äußert sich der Mittelfeldspieler gegenüber SPOX.

Falsche Zufriedenheit wird kritisiert

Krösche kritisiert die falsche Zufriedenheit, die sich nach der hervorragenden Hinserie bei einigen Spielern eingestellt habe, nimmt sich dabei aber auch selber nicht aus der Kritik heraus.

"Vielleicht hat jeder Spieler seine persönlichen Interessen zu sehr in den Vordergrund gestellt und dadurch den Erfolg der Mannschaft aus den Augen verloren", so Krösche, der in der Hinrunde zu den besten Abräumern der Liga gehörte.

Der 2001 von Werder Bremen II an die Pader gewechselte Krösche nimmt das gesamte Team in die Pflicht. "Wir sind jetzt als Mannschaft gefordert, das Gerede durch Erfolge zu beenden." Der 28-Jährige hofft trotz der großen Unruhe, dass man den Bock wieder umstoßen kann. Man müsse jetzt versuchen, wieder erfolgreicher aufzutreten, um weitere Unruhe im Keim zu ersticken. "Über alles andere sollten wir Spieler uns keine Gedanken machen."  

Torjäger Güvenisik suspendiert

Es sind also mal wieder Chaostage in Paderborn angesagt - die Parallelen zur Aufstiegssaison 2005 sind offensichtlich. Damals war der Leidtragende allerdings der aktuelle Trainer Pavel Dotchev. Obwohl er den Verein nach über 20 Jahren wieder in die 2. Liga zurückgeführt hatte, erhielt er keinen neuen Vertrag.

Da passt es derzeit nur allzu gut ins Bild, dass nach der überraschenden Entlassung von Christian Schreier vor einigen Wochen, nun auch noch der mit 14 Treffern bislang beste Stürmer, Sercan Güvenisik, von Trainer Pavel Dotchev vorläufig suspendiert worden ist.

Güvenisik hatte nach seiner Auswechslung in Braunschweig kopfschüttelnd das Feld verlassen und sein Trikot an der Seitenlinie abgelegt. Danach war er wütend in der Kabine verschwunden.

Jensen fehlt drei Spiele

Als wäre das nicht schon genug des Guten, steht auch die Sperre von Stammkeeper Kasper Jensen, der nach einer vermeintlichen Tätlichkeit bei der Niederlage in Braunschweig für drei Spiele gesperrt worden ist, sinnbildlich für die Talfahrt des SCP.

"Der Ausfall von Kasper ist ein herber Verlust, aber wir haben zum Glück noch gute junge Torhüter, die seine Rolle übernehmen können", möchte Krösche erst gar kein weiteres Alibi für das Restprogramm aufkommen lassen.

Mit Jena, Aalen, Bremen II, Burghausen und den Stuttgarter Kickers treffen die Ostwestfalen zwar nur noch auf Teams aus der unteren Tabellenregion, aber für "alle geht es noch um die Existenz. Daher werden die bis zum Umfallen kämpfen", so Krösche, der darin allerdings auch eine Chance für den SCP sieht: "Die Mannschaften brauchen die Punkte und können sich eigentlich nicht nur hinten reinstellen, wie es in den letzten Wochen einige Teams gegen uns getan haben."

"Alles selbst in der Hand"

Das könne dem Paderborner Spiel zu Gute kommen und mehr Räume bieten. Letztendlich sei der Gegner aber nicht von Belang. "Wir müssen unsere Spiele so oder so gewinnen. Dafür muss jeder Spieler auf dem Platz wieder mehr Verantwortung übernehmen." Nur dann habe der SCP auch weiterhin "alles selbst in der Hand."

Ansonsten könnte Paderborn am Ende der Saison vielleicht komplett mit leeren Händen dastehen. Dagegen gibt es nur ein Rezept: Ruhe bewahren und alles gewinnen - und das mit Trainer Pavel Dotchev.

Der gebürtige Bulgare bekam vom geschäftsführenden Vizepräsidenten Martin Hornberger Rückendeckung: "Der Trainer steht nicht zur Debatte." So wollten es die großen Bayern ja auch machen.

Die Tabelle der 3. Liga