Stindl schießt Gladbach weiter

Von Benedikt Treuer
Lars Stindl (li.) gelang in seinem Pflichtspiel-Debüt für die Borussia ein Doppelpack
© getty

Borussia Mönchengladbach hat sich in der ersten Runde des DFB-Pokals nach einer deutlichen Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit mit 4:1 (0:1) beim FC St. Pauli durchgesetzt. Neuzugang Lars Stindl leitete die Wende ein und schnürte einen Doppelpack.

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Vor 29.546 Zuschauern im ausverkauften Millerntor-Stadion brachte Marc Rzatkowski den FC St. Pauli mit einem sehenswerten Fernschuss in Führung (34.).

Nach der schwachen ersten Halbzeit agierte Gladbach nach der Pause deutlich zielstrebiger. Neuzugang Lars Stindl glich zunächst aus (54.), ehe Ibrahima Traore wenige Augenblicke später die Partie drehte (57.).

Nach Stindls zweitem Treffer des Abends (67.) besorgte der eingewechselte Thorgan Hazard den 4:1-Endstand (86.). Auf wen die Borussia in Runde zwei trifft, entscheidet sich bei der Auslosung am Freitagabend (22.45 Uhr im LIVETICKER) nach dem Bundesliga-Auftakt zwischen dem FC Bayern und dem Hamburger SV.

Die Reaktionen:

Ewald Lienen (Trainer St. Pauli): "Wir haben es in der ersten Halbzeit geschafft, sehr kompakt zu stehen. Man muss aber ehrlicherweise zugeben, dass das Tempo vor der Pause nicht so hoch war. Wir haben das Spiel kontrollieren können, weil Gladbach sich häufig in unserer Hälfte verfangen hat und nicht mit der letzten Konsequenz auf den Torerfolg gegangen ist. Vielleicht haben wir uns davon etwas blenden lassen. Als Borussia nach dem Wechsel das Tempo erhöht hat, haben wir fast zwangsläufig individuelle Fehler gemacht. Vor allem die ersten beiden Gegentore hätten so niemals fallen dürfen, da hätten wir uns abwehrtaktisch besser verhalten müssen."

Lucien Favre (Trainer Gladbach): "Die erste Hälfte war nicht so gut, das Tempo hat gefehlt, aber zumindest haben wir den Gegner ein wenig müde gespielt. Nach der Pause haben wir mit mehr Tempo und mehr über die Flügel gespielt und hatten dadurch viel mehr Torchancen. Im Pokal tun sich viele Mannschaften in der ersten Runde schwer. Wir haben auswärts gegen einen Zweitligisten 4:1 gewonnen, das ist nicht so schlecht. Wir genießen jetzt erst einmal den Sieg, bevor wir uns dann ab morgen auf das Spiel am Samstag in Dortmund vorbereiten."

Marvin Schulz: "Es war ein geiles Gefühl, ausgerechnet hier in St. Pauli mein Debüt zu geben. Es war ein super Spiel vor einer großartigen Kulisse. Natürlich habe ich mir vor der Partie Hoffnung gemacht zu spielen, aber letztlich entscheidet der Trainer. Mich hat es riesig gefreut, dass er mir das Vertrauen geschenkt hat. Ein wenig nervös war ich am Anfang schon, aber das hat sich mit der Zeit gelegt. Ich habe einfach versucht, mein Bestes zu geben und werde das auch weiter tun."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Im Vergleich zum 2:1-Auswärtssieg beim Karlsruher SC wechselt Lienen bei Pauli verletzungsbedingt auf zwei Positionen: Ziereis startet für Sobiech (Bluterguss in der Wade) in der Innenverteidigung, Choi für Halstenberg (Zerrung im Hüftbeuger) - die beiden Torschützen vom KSC-Spiel müssen damit passen. Dadurch rückt Buballa nach links hinten auf Halstenbergs Position, Choi nimmt dafür den offensiveren Part auf der Außenbahn ein.

Bei Gladbach dürfen im ersten Pflichtspiel der Saison die Neuen Drmic und Stindl ran. Während Drmic zusammen mit Raffael im Sturm beginnt, bildet Stindl mit Xhaka die Doppel-Sechs. Der verletzte Abwehrchef Stranzl wird durch Chelsea-Leihe Christensen ersetzt, neben ihm steht der 18-jährige Schulz in der Startformation, da auch Dominguez noch nicht fit ist. Auch Hazard und Herrmann sitzen draußen. Dafür spielt links offensiv Johnson, rechts Traore.

7.: Raffael ist nach Zuspiel von Johnson rechts im Strafraum, schafft sich durch ein Dribbling Platz und zieht dann aus spitzem Winkel aus etwa dreizehn Metern ab. St.-Pauli-Keeper Himmelmann faustet den Ball im Fallen aus der Gefahrenzone.

34., 1:0, Rzatkowski: Gladbach macht einen Fehler in der eigenen Hälfte - und dann geht es schnell bei St. Pauli: Sobota sieht Rzatkowski, der 18 Meter halblinks vor dem Tor ungedeckt Maß nimmt und mit links in den Winkel trifft. Traumtor!

43.: Nehrig zieht von rechts an die Strafraumkante, schießt dann flach aus 16 Metern. Christensen fälscht den Ball noch leicht ab, aber Sommer ist im kurzen Eck und hält die Kugel sicher.

53.: Über Jantschke geht es über rechts nach vorne. Stindl lässt das Zuspiel im Strafraum zu Drmic passieren, läuft selbst durch ans rechte Fünfereck. Dorthin lässt Drmic die Kugel klatschen, aber Stindl verzieht dann mit rechts.

54., 1:1, Stindl: Traore bringt den Ball nach starkem Solo von rechts in den Strafraum. Dort gelingt es Stindl, die Kugel zu kontrollieren. Aus sieben Metern zieht der Neuzugang dann wuchtig ab. Himmelmann hat keine Abwehrchance, da Ziereis den Ball unglücklich ins rechte Eck abfälscht.

57., 1:2, Traore: Mit einem sehenswerten Solo zieht Traore von rechts nach innen vor den Strafraum. Seinen Flachpass an die Strafraumgrenze lässt Stindl dann nur kurz abprallen. Traore veredelt die Aktion mit einem Schlenzer ins linke Eck.

67., 1:3, Stindl: Johnson zieht mit dem Ball am Fuß über links in den gegnerischen Strafraum, legt die Kugel vor für Raffael. Dessen Schuss aus neun Metern kann Himmelmann in der Tormitte zwar noch parieren, den Abpraller jagt dann aber Stindl aus 14 Metern humorlos in die verwaiste Tormitte.

75.: Rzatkowski kommt neun Meter vor dem Tor mit links zum Abschluss. Doch Sommer fischt den Ball mit einem guten Reflex aus dem linken unteren Eck.

86., 1:4, Hazard: Hazard wird rechts steil geschickt und dringt mit dem Ball in den Strafraum ein. Ansatzlos haut er ihn aus vollem Lauf in den rechten Winkel.

Fazit: Nach schleppendem Beginn in der ersten Halbzeit, in der St. Pauli zu Recht in Führung ging, war der Gladbacher Offensivdrang nach der Pause deutlich erkennbar. Das gesteigerte Tempo, gepaart mit der individuellen Klasse der Einzelnen, verdiente schlussendlich doch noch das Prädikat verdient.

Star des Spiels: In dieser Kategorien müssen diesmal zwei Spieler erwähnt werden: Lars Stindl und Ibrahima Traore. Leiteten gleichermaßen die Wende ein. Stindl traf doppelt und bereitete Traores Treffer vor. Traore war auf der rechten Seite Gladbachs Initialzündung. Signalisierte durch seine Dribblings, dass nach vorne mehr passieren muss. Bereitete auch den Ausgleich stark vor.

Flop des Spiels: Daniel Buballa. Erwischte insgesamt keinen schlechten Tag, war aber in den entscheidenden Szenen nicht in der Lage, Traore an seinen Flügelläufen zu hindern. Hatte gegen den Guineer einen schweren Stand und kam gleich mehrfach nicht hinterher.

Der Schiedsrichter: Florian Meyer. Erlebte einen ruhigen Abend ohne große Aufreger. Die Mannschaften taten ihm den Gefallen, die Partie nicht emotional nicht zu überkochen. In den wenigen diskutablen Situationen mit den richtigen Entscheidungen, unter anderem Xhaka nach wiederholtem Foulspiel Gelb zu zeigen (63.).

Das fiel auf:

  • Gladbachs Augenmerk in der ersten Hälfte lag weniger auf Tempospiel als auf dem Ballbesitz. Xhaka ließ sich nach Ballgewinn immer wieder sehr tief zwischen die eigenen Innenverteidiger fallen, um dort die Bälle abzuholen. Gleichzeitig rückte Raffael aus der Spitze zurück auf Xhakas Platz im Zentrum, um den freigewordenen Anspielposten wieder zu besetzen. So arbeitete sich die Borussia Schritt für Schritt durch St. Paulis Ketten nach vorne.
  • St. Paulis Umschaltspiel funktionierte in der Anfangsphase richtig gut. Nach Ballgewinn in der eigenen Hälfte machten Choi und Sobota das Spiel über die Außen schnell und erwischten passive Gladbacher ein ums andere Mal auf dem falschen Fuß. Das nervte die Borussia, die darauf bedacht war, die Tempokontrolle zu behalten, sichtlich.
  • Gegen den Ball agierte die Borussia wie immer im klassischen 4-4-2. Die Abstände zwischen den Ketten und den jeweiligen Spielern waren stets kompakt und quasi gleichbleibend. Das führte dazu, dass sich St. Pauli die Kugel bis zur Mittellinie zwar in aller Ruhe zuschieben konnte, danach aber Ideen und Raum fehlten, um weiter in die Gladbacher Hälfte zu kommen.
  • Drmic fehlte zum Gladbacher Kombinationsspiel noch deutlich die Bindung. Mit dem Prinzip, den Ball klatschen zu lassen und wieder in die Tiefe zu starten, tat sich der Stürmer noch schwer. Auch Stindl schien noch mehr über seine Laufwege nachzudenken, als dass er diese schon verinnerlicht hätte.
  • Nach der Pause war der Gladbacher Drang nach vorne deutlich klarer zu erkennen. Wo die Fohlen in der ersten Halbzeit immer wieder Schnörkel einbauten und auf den Ball traten, um von hinten neu aufzubauen, suchte Favres Team in der zweiten Hälfte zielstrebiger nach vertikalem Raumgewinn.
  • Mit dem höheren Tempo kam auch die Gladbacher Spielfreude zurück. Die Offensivspieler rotierten auf den Positionen. Vor allem Raffael wich immer wieder auf die Flügel aus, um Platz zu schaffen.

St. Pauli - Gladbach: Die Statistik zum Spiel

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