"Das 1:1 war der Knackpunkt"

Hummels zeigte sich nach der Finalniederlage enttäuscht
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Nach 2013 und 2014 verliert Borussia Dortmund auch das dritte Endspiel in Folge. Nach der Pleite in Berlin gegen den VfL Wolfsburg spricht ein sehr sachlicher BVB-Kapitän Mats Hummels im Interview über die starke Dortmunder Anfangsphase, Wolfsburger Effizienz und die Leistung des Schiedsrichters.

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Frage: Herr Hummels, der BVB hat das Pokalfinale verloren. Wie enttäuscht sind Sie?

Mats Hummels: Die Enttäuschung ist riesig, das ist auch keine große Überraschung. Es war wieder ein Spiel, das wir durchaus auch in unsere Bahnen hätten lenken können. In der ersten Halbzeit macht Wolfsburg aus vier Schüssen drei Tore, wir dagegen erzielen nach vier Schüssen nur einen Treffer. Das war am Ende der große Unterschied.

Frage: Dabei ist die Borussia nicht nur aufgrund des frühen 1:0 sehr gut ins Spiel gestartet.

Hummels: Wir haben es leider verpasst, das 2:0 nachzulegen und kassieren dann ein sehr unnötiges Gegentor. Bis dahin hatten wir das Spiel komplett im Griff. Man hatte auch von der Körpersprache her das Gefühl, dass wir voll da waren und Wolfsburg Probleme hatte. Und mit einer Aktion ist dieses Spiel wieder komplett offen. Wir haben gemerkt, dass Wolfsburg dann wieder an sich geglaubt hat. Es gab daraufhin ein paar Momente, in denen bei uns Nervosität und Ängstlichkeit anwesend schienen. Sie haben uns ab der 20. Minute bis zur Pause mit gnadenloser Effektivität bestraft.

Frage: Waren es zu viele individuelle Fehler, die sich Dortmund bei den drei schnellen Gegentoren erlaubt hat?

Hummels: Das ist mir immer viel zu pauschal, man will ja häufig individuelles Fehlverhalten ausmachen. Das sehe ich aber nicht. Beim 1:2 zum Beispiel hält Kevin de Bruyne einfach drauf und trifft den Ball perfekt - weil er auch ein verdammt guter Spieler ist. Wenn jemand aus über 20 Metern per Dropkick abzieht, ist das aber kein garantiertes Tor. Auch beim 1:3 ist es schwer, einen individuellen Fehler festzustellen. Wolfsburg hatte einfach das Momentum auf seiner Seite, vielleicht auch das kleine Quäntchen Glück. Das muss man jetzt so akzeptieren.

Frage: War der Knackpunkt letztlich die Tatsache, dass man in der starken Anfangsphase nicht das zweite Tor nachgelegt hat?

Hummels: Nein, das 1:1 war der Knackpunkt. Bis dahin hatten wir es defensiv sehr gut gemacht. Ab dem Ausgleich wurde bei uns aber alles ein Tick schlechter, auch wenn wir uns noch Gelegenheiten erarbeiten konnten. Die haben wir allerdings nicht verwertet, Wolfsburg dagegen schon. Aufgrund ihrer Qualität in der Torchancenverwertung haben sie das Spiel letztlich verdient gewonnen.

Frage: Der BVB hätte kurz vor der Pause einen Elfmeter bekommen müssen. Auch sonst wurde häufig reklamiert. Wie bewerten Sie die Schiedsrichterleistung?

Hummels: Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe zwar noch keine Wiederholungen gesehen, aber aus meiner Perspektive waren die strittigen Elfmeterszenen nicht hundertprozentig oder eindeutig. Wir hatten in den kleinen Szenen sicherlich nicht das Glück auf unserer Seite. Wenn man so ein Ding aber sportlich verliert wie wir heute, dann ist das deutlich leichter hinzunehmen als beispielsweise letztes Jahr, wo es eben nicht unbedingt sportlich war. Das ist etwas, das in einer Karriere vorkommt. Man spielt idealerweise viele Finals, wenn man in einer guten Mannschaft kickt. Wenn es gut läuft, gewinnt man mehr als die Hälfte, wenn es schlecht läuft, geht es eben andersrum.

Frage: Ab wann wurde Ihnen klar, dass der Traum aller Dortmunder, am Sonntag ein letztes Mal zusammen mit Jürgen Klopp über den Borsigplatz zu fahren, platzen wird?

Hummels: Erst rund um die 90. Minute und in der Nachspielzeit, davor ist man noch voll drin in der Partie und glaubt an sich. So ist das eben im Fußball: Es war ein enges Spiel, das schlicht und ergreifend die effektivere Mannschaft gewonnen hat. 2012 haben wir die Bayern 5:2 geschlagen nach einem Spiel, das nicht unbedingt 5:2 ausgehen muss, sondern auch mit einem Tor Unterschied hätte enden können. Dieses Mal haben wir 1:3 verloren nach einem Spiel, das man vielleicht gar nicht zwingend verlieren muss - ohne, dass ich jetzt damit sagen will, wir wären die bessere Mannschaft gewesen.

Frage: Sie wirken sehr sachlich und nüchtern.

Hummels: Ich kann das Spiel hier in der Mixed Zone ja auch nicht mehr gewinnen. Ich bin nach den meisten Partien - egal ob nach Sieg oder Niederlage - eher ruhig. Man kommt nach dem Spiel relativ schnell runter. Mit dem Abpfiff ist so ein Ding vorbei. Man sitzt in der Kabine, ärgert sich natürlich noch und kann möglicherweise sauer sein auf sich oder alle anderen. Aber irgendwann muss man sich eben damit abfinden. Sowohl mit Niederlagen als auch mit Siegen sollte man versuchen, halbwegs objektiv umzugehen.

Frage: Realisiert man in einem solchen Moment, dass man ab sofort nicht mehr mit den langjährigen Weggefährten Jürgen Klopp und Sebastian Kehl zusammenarbeiten wird?

Hummels: Ich glaube, das wird erst so richtig kommen, wenn man nach dem Urlaub wieder in Dortmund in der Kabine sitzt und merkt, dass die beiden nicht mehr da sind. Sie gehören einfach dazu, beide haben mich während meiner Zeit beim BVB immer begleitet. Das wird ohne die beiden schon ein kleiner Umbruch sein.

Frage: Unter dem Strich bleibt eine Niederlage, die auch als Spiegelbild der gesamten Spielzeit durchgehen könnte. Würden Sie dem zustimmen?

Hummels: Das kann man sicherlich behaupten, es fühlt sich heute an wie die ganze Saison. Wir hatten viele Spiele dabei, die ähnlich liefen: Wir sind besser, aber der Gegner macht letztlich zum richtigen Zeitpunkt die Tore.

Mats Hummels im Steckbrief

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