Die Lehren aus den ersten Pleiten

Von Stefan Rommel
Gladbach gewann in dieser Saison in der Liga beide Spiele gegen den FC Bayern
© Getty

Zweimal hat Lucien Favre die Bayern schon ausgecoacht. Gelingt ihm das im Pokal (20.15 Uhr im LIVE-TICKER) ein drittes Mal? Eigentlich undenkbar. Der FCB sollte aus seinen Fehlern gelernt haben. Lösungsansätze gibt es einige.

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Diesen einen Rekord hat der deutsche Rekordmeister noch nicht geknackt - und sehr wahrscheinlich legt er auch keinen großen Wert darauf, dies am Mittwoch in Mönchengladbach zu tun.

Noch nie haben die Bayern in einer Saison zwei Ligapartien und ein Pokalspiel gegen ein und denselben Gegner verloren. Borussia Mönchengladbach könnte nun die erste Mannschaft sein, der dieses Kunststück gelingt.

Zweimal triumphierte Lucien Favres Konzept in der Liga bereits über das der Bayern. Neben fulminanten individuellen Fehlern reagierten die Münchener nicht konsequent genug auf das Gladbacher Spiel.

Dabei gab es im Hin- wie im Rückspiel einige Anhaltspunkte, aus denen die Bayern für die Partie im DFB-Pokal-Halbfinale die richtigen Schlüsse ziehen sollten.

Die größten Probleme: Besonders im Rückspiel im Borussia Park rückte Gladbachs Viererkette brutal weit auf, ließ nur zehn Meter Platz zur davor postierten Kette, von der sich von der anderen Seite Hanke und Reus näherten und Herrmann oder Arango einrückten. Die Bayern versuchten es zunächst oft risikoreich durch die Mitte, tappten dabei aber allein in der ersten halben Stunde sechsmal in Gladbachs Abseitsfalle.

Gladbachs Verschieben im Block beantworteten die Münchener nicht mit einer Reihe wirkungsvoller Seitenwechsel oder Diagonalbälle, sondern versuchten stattdessen mit einer Mischung aus Van-Gaal-Ballbesitzfußball und einigen eingestreuten Risikopässen zu Abschlusssituationen zu kommen.

Den großen Raum, den die Gastgeber auf der ballfernen Seite immer anbieten, bekamen die Bayern nicht genutzt, dafür fehlten sowohl Geschwindigkeit als auch Genauigkeit in ihrem Spiel. Die Diagonalbälle aus dem Mittelfeld waren zu unpräzise, auch Badstubers Spieleröffnung nicht sauber genug und für Stranzl und Brouwers ein ums andere Mal leichte Beute. Lahm und Boateng trauten sich schnelle Spielverlagerungen gar nicht zu.

Dabei war der Raum hinter Gladbachs Viererkette bis hin zu Torhüter ter Stegen ungeheuer groß. Die Abstimmung zwischen Müller und Gomez war nicht gut, das klassische Kurz-Lang fand zu wenig statt, Müller kam nie mit Tempo in die Räume, Gomez war für den langsamen Ballvortrag zu schnell und rannte oft ins Abseits.

In Abwesenheit von Ribery war Kroos im linken Mittelfeld verschenkt, Müller fand einige Male ein bisschen Raum zwischen den Ketten, wurde dann aber schnell wieder von einem Gladbacher gestellt. Den Bayern fehlte das Tempo im Passspiel, Gladbach hatte seine Defensivdreiecke so immer wieder schnell zusammengezogen und machte das Zentrum dicht. Bayerns Laufleistung war mit sieben (Hinspiel) beziehungsweise sechs Kilometern (Rückspiel) weniger nicht ausreichend.

Eine Besonderheit war das Defensivverhalten gegen Mike Hanke beim Spiel in der Hinrunde. Ter Stegen bekam über 20 Rückgaben und wählte unter Druck jedes Mal den weiten Schlag auf Hanke. Der wiederum war immer nah an der Außenlinie postiert, um gegen die deutlich kleineren Außenverteidiger Lahm und Rafinha jeden Ball zu behaupten und seine Kollegen nachrücken zu lassen.

Die Bayern versäumten es, gegen einen Gegner ohne echte Spitze ihre beiden Innenverteidiger besser zuzuordnen, Boateng und Badstuber hatten in de Camargo nur einen "halben" Gegenspieler, auch der Belgier bewegte sich nur phasenweise in ganz vorderster Linie. Boateng und Badstuber halfen ihren Außenverteidigern trotzdem nicht aus.

Die möglichen Lösungsansätze: Die Bayern sind wieder gut drauf, scheinen ihren Durchhänger überwunden zu haben. Drei Siege aus drei Spielen bei sagenhaften 20 eigenen Treffern lassen keinen anderen Schluss zu. Seit einigen Spielen läuft die Verteidigungsarbeit endlich im Block, nicht mehr nur in einzelnen Mannschaftsteilen, Lahm (rechts) und Alaba (links) geben der Viererkette eine neue Stabilität.

Das sind ganz andere Voraussetzungen als in den beiden Spielen in der Liga gegen die Borussia, die jeweils der Auftakt zur Hin- beziehungsweise der Rückrunde waren. Schweinsteigers Ausfall fiel zuletzt kaum noch ins Gewicht, weil Kroos aus dem defensiven Mittelfeld einen adäquaten Ersatz gab.

Ein großer Vorteil der Bayern ist, dass momentan jeder einzelne Feldspieler auf einer Position spielt, die für ihn am geeignetsten erscheint. Selbst Alaba, der eher ungern den linken Verteidiger gibt, hilft der Mannschaft dort derzeit am meisten. Ebenso Müller im Zentrum, Kroos auf der Doppelsechs, Boateng in der Innenverteidigung.

Ribery und vor allen Dingen Robben auf den Außen kleben zudem in den letzten Spielen nicht stur an der Seitenlinie. Besonders der Holländer machte so ein Hinterlaufen immer wieder unmöglich für seinen jeweiligen Rechtsverteidiger, die Bayern kamen deshalb kaum in den Rücken der gegnerischen Abwehr. Das funktionierte in den letzten drei Spielen aber wieder nahezu perfekt.

Ganz wichtig wird die Variabilität im Positionsspiel in der Offensive sein. Die Dreierreihe im offensiven Mittelfeld muss rotieren, um Gladbachs Deckung ins Laufen zu bringen. Gomez dazu auch mal in die Tiefe fallen und einem der Mittelfeldspieler so die Lücke zum Einlaufen reißen.

Beim Defensivverhalten standen die Bayern im Rückspiel in der Liga extrem offen, Schweinsteiger immer einen Tick zu offensiv, während der an diesem Tag schwache Tymoschtschuk als einzige Absicherung überfordert war.

Es fehlte an Aggressivität und geistiger Frische, um die schnellen Gladbacher Konter zu unterbinden, im Mittelfeld gab es kaum Druck auf den Ball, weil die Bayern allenfalls in einzelnen Mannschaftsteilen pressten, aber kaum als geschlossener Block nach vorne und die Borussia so mit zwei, drei Direktpässen immer wieder Auswege fand.

Seit einigen Spielen verteidigt der Rekordmeister aber wieder gefestigter, dazu dürfte Borussias Herz Arango im derzeit starken Lahm einen unangenehmeren Gegenspieler vorfinden als es Rafinha oder Boateng waren.

Eine besondere Waffe dürften diesmal die Diagonalbälle werden. Das Anlaufen von Badstuber durch Hanke und Reus wird kaum zu verhindern sein - also brauchen die Bayern Alternativen für den ersten Pass. In der Besetzung Alaba (als Linksfuß links) und Lahm (als Rechtsfuß rechts) auf den Außen der Viererkette sind schnelle Seitenverlagerungen Pflicht.

Dazu muss Kroos den Ball auch mal hoch und weit hinter die Gladbacher Abwehrlinie bringen, um im enorm großen Platz zwischen Viererkette und ter Stegen die Schnelligkeit von Robben und Ribery ins Spiel zu bringen.

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