Zeit der Nettigkeiten ist vorbei

Von Thomas Gaber
Jürgen Klinsmann geht in Deckung. Der Bayern-Trainer muss in Leverkusen gewinnen.
© Getty

Bayer Leverkusen fordert den FC Bayern München im DFB-Pokal-Viertelfinale (20.15 Uhr im LIVE-TICKER und Internet TV). Den Verlierer erwarten ungemütliche Tage. Bayern-Präsident Franz Beckenbauer nahm sich schon vorab Rummenigge und Co. zur Brust.

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Schnell spielen. Und zwar vertikal. Mit wenigen Kontakten. Druck aufbauen. Nicht reagieren. Agieren. So in etwa sollten die Bayern spielen. So in etwa, vielleicht weniger abgehackt, dafür blumiger formulierte Jürgen Klinsmann seine Pläne mit dem FC Bayern München.

Wie gut sind die Bayern?

Klinsi wollte bei seiner ersten Station als Vereinstrainer die Welt einreißen. So wie er es als Bundestrainer wollte. Die Mannschaft konnte die Vorgaben des Trainers bislang allerdings nur in Nuancen erfüllen. Brillante Spiele blieben die Ausnahme.

Klinsmann und seine Bosse wollten das lange nicht wahrhaben. Erst der spielerische Totalschaden gegen den 1. FC Köln wurde als letzte Warnung ernst genommen. Dem unsäglichen 1:2 folgten ein 5:0 bei Sporting Lissabon und ein 0:0 in Bremen.

Eine Einschätzung des aktuellen sportlichen Leistungsvermögens des FC Bayern fällt schwer in diesen Tagen. Selbst im "Fall Lissabon" ist die Beweislage undurchsichtig. Die einen sagen: "Das war grandios", die Gehässigen meinen: "Sporting war zu schlecht und Bayerns erste Halbzeit grausam."

Aufschluss soll der Pokalhit gegen Bayer Leverkusen in Düsseldorf geben. Klinsmann muss erneut auf Luca Toni und Philipp Lahm verzichten. Ze Roberto wird wohl wieder links verteidigen, Tonis Position im Sturm nicht nachbesetzt. Der Coach traut weder Lukas Podolski noch Landon Donovan zu, den Italiener adäquat zu ersetzen und schickt seine Mannschaft wieder im 4-5-1 in die K.o-Schlacht.

Leverkusen in Problemen

Das hat in Bremen bis zur Roten Karte von Naldo wunderbar funktioniert. Die Bayern attackierten Werder früh und provozierten Ballverluste en masse. Werder gewährte den Münchnern genügend Raum zu kombinieren. Und wenn sie Platz haben, sind sie kaum aufzuhalten. Siehe 3:2 in Lyon, siehe 5:0 in Lissabon.

Leverkusen kommt den Bayern gelegen. Bayer-Trainer Bruno Labbadia liebt den Offensivfußball und hat dafür eigentlich auch das passende Spielermaterial. Renato Augusto, Arturo Vidal und Tranquillo Barnetta können allesamt mit der Pille umgehen, Stürmer Patrick Helmes ist immerhin Nationalspieler und Kollege Stefan Kießling zumindest im Blickfeld von Joachim Löw.

Doch zuletzt lief einiges schief im Bayer-Spiel. Von den letzten neun Bundesligaspielen verlor Leverkusen fünf und die Leistung beim 0:1 in Hannover hatte nichts mit dem zu tun, was die Mannschaft zu leisten im Stande ist. Leichtigkeit, Spielwitz, Kaltschnäuzigkeit sind Leverkusen abhanden gekommen. Das 4:1 in Hoffenheim blieb die Ausnahme.

Labbadia verteidigt Adler

Torhüter Rene Adler unterstellte der Mannschaft öffentlich ein Einstellungsproblem und wurde umgehend von Sportdirektor Rudi Völler zum Rapport bestellt.

Labbadia will seinen Spielern aber auch in Zukunft nicht den Mund verbieten." Im Fall Adler bewegen wir uns auf einem schmalen Grat. Aber alle schreien doch nach Typen. Wir wollen aus unseren Spieler Typen, Persönlichkeiten formen", so der Bayer-Coach.

Die Bayern erwartet Labbadia keineswegs angezählt: "Ich weiß, dass die Bayern immer in der Lage sind, ein Topspiel abzuliefern. Darauf stellen wir uns ein und erwarten sie eher stark als schwach. Aber auch wir sind stark genug zu gewinnen. Das Spiel ist wie ein Finale."

"Schwarz oder Weiß"

Dessen ist sich auch Klinsmann bewusst. "Es gibt nur Schwarz oder Weiß. Wir müssen Leverkusen über den Kampf in die Knie zwingen."

Ein Ausscheiden wäre fatal. Für die Mannschaft. Für Klinsmann. Es brodelt an der Säbener Straße in München/Harlaching. Franz Beckenbauer geht der lasche Umgang mit den schwankenden Leistungen auf die Nerven.

"Wir verschenken viel zu viele Punkte. Die Mannschaft spielt nicht schlecht und hatte auch einiges Pech in letzter Zeit. Aber der Versuch, es sich immer schön zu reden, das ist ganz einfach gefährlich", sagte er dem "Bayerischen Rundfunk".

Beckenbauer will Antworten

Montagabend traf sich der Aufsichtsrat des FC Bayern zur turnusmäßigen Sitzung. Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge waren auch dabei. "Ich bin neugierig, wie sie die Situation beurteilen", sagte Beckenbauer vor dem Treffen.

Das Ergebnis ist nicht bekannt, aber Beckenbauers Aufforderung zur Stellungnahme ist ein Indiz dafür, dass die Uhren mittlerweile anders gehen in München. Die Zeit der Nettigkeiten ist vorbei. Zumindest bis heute abend.

So wollen sie spielen:

Bayer Leverkusen: Adler - Castro, Sinkiewicz, Henrique, Kadlec - Rolfes - Renato Augusto, Vidal, Barnetta - Kießling, Helmes

FC Bayern: Rensing - Oddo, Lucio, Demichelis, Ze Roberto - van Bommel, Ottl - Altintop, Borowski - Ribery - Klose

Schiedsrichter: Florian Mayer (Burgdorf)

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