Problem-Trio erfüllt Auftrag

Von Benny Semmler
Die härtere Gangart der Werder-Chefs zeigt Wirkung. Bremen kämpft sich ins Pokal-Viertelfinale
© Getty

Mit einem 2:1-Sieg in Dortmund hat Bremen den Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals geschafft. Damit warf Werder den Pokalfinalisten aus dem Vorjahr aus dem Wettbewerb. Im Blickpunkt des Spiels standen vor allem die Bremer Problem-Spieler Torsten Frings, Claudio Pizarro und Spielmacher Diego. Und alle drei wurden zu Schlüsselfiguren.

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Der Auftrag, den Werder-Trainer Thomas Schaaf vor dem Spiel formulierte, war klar und eindeutig. Er gebrauchte in Anwesenheit seiner zuletzt etwas ungehobelten Stars immer wieder das eine Wort: "Disziplin, Disziplin, Disziplin."

Denn die war den Bremern, allen voran den Top-Stars Frings, Pizarro und Diego, zuletzt verloren gegangen. Und ausgerechnet der Dortmunder Hexenkessel sollte nun der Ort der Entspannung werden.

Und gleich der erste Rückschlag

Doch als dann Borussen-Stürmer Alexander Frei schon in der 11. Minute mutterseelenallein vor Tim Wiese auftauchte, fühlte der sich wohl schon wieder in die Hinrunde zurückversetzt.

Schließlich war Wiese in den letzten Monaten oft genug regelmäßig der Leidtragende der Bremer Lustlosigkeit. Dass Frei ihm den Ball dann auch noch durch die Beine schob, passte irgendwie ins Bild.

Gesucht - und gefunden

Trotzdem: Nach dem Schlusspfiff, gegen 20.57 Uhr, durfte nicht Dortmund-Trainer Jürgen Klopp, sondern sein Bremer Kollege einen Sieg erklären. "Wir waren aktiver, haben immer wieder den Weg nach vorne aufgenommen und mehr Spielanteile gesucht - und gefunden. Wichtig war heute, weiterzukommen. Die Mannschaft hat das hervorragend umgesetzt."

Es klang nicht euphorisch, was der Werder-Trainer da sagte. Aber ihm war anzusehen: Der erste Auftrag für 2009 war erfüllt. Disziplin, Charakter, Moral: All jene elementaren Dinge einer erfolgreichen Fußballmannschaft hielten wieder Einzug ins Bremer Chaos.

Frings der Leader, Tziolis der Assistent

Denn viel lief falsch an der Weser in den letzten Monaten. Die Lockerheit, mit der man zuweilen die ganze Fußballnation begeisterte, war mehr oder weniger futsch. Stattdessen Kopfschütteln und für Werder-Verhältnisse viel zu viele Baustellen.

Der Höhepunkt der Disziplinlosigkeiten, als sich Pizarro und Diego jeweils mit Roten Karten in Karlsruhe unrühmlich in die Winterpause verabschiedeten, machte schon vor Wochen deutlich: Werder muss sich wirklich Sorgen machen.

Und als dann auch noch Torsten Frings wegen Schiedsrichter-Beleidigungen in einem Testspiel vorzeitig duschen musste und Spielmacher Diego mit wöchentlichen Eskapaden abseits den Platzes auffiel, war klar: In Bremen muss sich schleunigst einiges ändern.

Allofs über Diego: Werder Bremen gefällt das nicht

Denn: Negativ-Schlagzeilen in dieser Menge kannte man an der Weser bislang nicht. So wunderte es kaum, dass Klaus Allofs, ob der wilden Auftritte seiner gut bezahlten Angestellten, schon vor dem Pokal-Spiel etwas genervt wirkte. "Die ganzen Dinge, die um Diego herum geschehen, sind natürlich nicht so positiv. Für ihn nicht - und ich sage ganz ehrlich: Werder Bremen gefällt das auch nicht", so der Sportchef gegenüber Premiere.

Doch etwas an diesem Mittwochabend war anders als zuletzt. Die Bremer kämpften. Und sie rissen sich in diesem hitzigen Pokalfight extrem zusammen, ließen sich auch von äußerst strittigen Entscheidungen von Schiedsrichter Manuel Gräfe (übersah ein Foul vor dem Gegentor, gab zwei Elfer nicht) nicht zu späteren Wischern oder Würge-Attacken hinreißen.

Stattdessen schmolz die Bremer Raute mit seinen Anführern Frings und Diego unter Druck zu einer kompakten Einheit zusammen - und zeigte Charakter.

Seht her, ich bin ein Bremer

Nationalspieler Frings machte das, was er kann. Er war überall, und mit bekannter Kompromisslosigkeit in der Zweikampfführung wieder der Bremer Leader. Kein einziges Mal tobte er auf den Schiedsrichter zu. Vielmehr konzentrierte sich Frings auf die Abstimmung mit seinem neuen Abräumer-Assistenten Alexandros Tziolis.

Und Diego wollte man nach dem Spiel am liebsten sagen: Warum nicht immer so? Der feine Brasilianer, der vorzugsweise Geniestreiche fabriziert, war der Spieler mit den meisten Zweikämpfen auf dem Platz. Selbst für aussichtslose Kopfballduelle war sich Diego nicht zu schade. An den zwischenzeitlich erspielten 70 Prozent Ballbesitz, hatte er sicher einen gehörigen Anteil.

Schließlich zirkelte Diego zehn Minuten vor Schluss einen Freistoß an den Pfosten, dessen Abpraller Pizarro aus fünf Metern im Tor unterbrachte. Der Torjubel danach - er war besonders groß. Und Diego war die Krone der grün-weißen Spielertraube, als wolle er damit allen zeigen: Seht her, ich bin ein Bremer!

Werder ist also wieder da. Und in Bremen wissen sie selbstverständlich auch, dass solch ein (Charakter)-Spiel reichen kann, um eine Saison kippen zu lassen. "Wir dürfen nur nicht in unseren Schlendrian verfallen", warnte Frings. Er muss es wissen ...

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