Das Glück der Deutschen

Von Für SPOX in Wien: Stefan Rommel
Marko Arnautovic (r.) vergab kurz vor Schluss die große Chance zum Ausgleich
© Getty

Fortuna sei Dank: Die DFB-Auswahl siegt in Wien gegen ein starkes Österreich. Die Gastgeber spielten dabei phasenweise so, wie es sich der Bundestrainer eigentlich von seiner Mannschaft erhofft.

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Wer die ganze Ohnmacht des österreichischen Fußballs an diesem Abend begreifen wollte, musste sich diese eine Szene aus der 87. Minute nur immer und immer wieder anschauen. Es war geradezu tragisch, dass dem talentiertesten Akteur auf dem Rasen ein Malheur widerfuhr, welches man nur schwer begreifen konnte.

Marko Arnautovic hatte ein Zuspiel aus drei Metern am quasi leeren Tor vorbeigeschaufelt. Gewiss, der Ball sprang, bevor er Arnautovic' Stiefel berührte, noch kurz auf. Bis dahin hatten die Österreicher bei diesem Spiel Angriff wie schon so oft davor im Spiel alles richtig gemacht und ihre deutschen Widersacher ziemlich viel falsch. Und dann schob Arnautovic diesen Ball einfach weit am Tor vorbei.

"Es lag was in der Luft"

Es hätte den Ausgleich bedeutet und der wäre nur zu verdient gewesen. So musste die rot-weiß-rote Seele eine neue Demütigung hinnehmen, vielleicht die schlimmste ihrer Art: Als bessere Mannschaft gegen einen recht schwachen Gegner doch verloren zu haben.

"Es hat alles gepasst. Die Stimmung im Stadion, unser Spiel, unsere Pläne sind fast voll aufgegangen. Und dann so ein Ergebnis. Das ist ernüchternd und sehr bitter für uns. Heute hätten wir sie packen können, da lag was in der Luft", sagte Andreas Ivanschitz.

Unter anderem Arnautovic' Aussetzer machte den Gastgebern aber einen Strich durch die Rechnung. Dass das Ernst-Happel-Stadion beim ewig jungen Duell der beiden Nachbarn jetzt zwei spektakuläre Fehlversuche - je einen auf jeder Seite - gesehen hat, macht die Sache für Arnautovic kaum erträglicher. Jedenfalls ist Mario Gomez' Nicht-Tor von 2008 ab sofort in bester Gesellschaft.

Kollers Taktik ging auf

Dass es überhaupt so weit gekommen war, schien schon frech genug. Österreich bespielte die deutsche Mannschaft in einer Art, wie sie Joachim Löw vor ein paar Tagen selbst als neue Verteidigungsstrategie ausgerufen hatte.

Die von Marcel Koller bestens präparierten und eingestellten Österreicher zeigten ein sehr cleveres, homogenes und variables Pressing. Wenn es die Situation erlaubte, schoben die Gastgeber aggressiv auf die deutschen Außenverteidiger. Das war meistens der Fall, wenn der Angriff von den Innenverteidigern aus angespielt wurde.

"Der Gegner hat früh Druck gemacht, damit sind wir überhaupt nicht klar gekommen. Gegen deren Pressing haben wir in den ersten 20 Minuten keine Lösung gefunden", gestand Philipp Lahm, der wegen seiner zweiten Karte im zweiten Qualifikationsspiel im nächsten Spiel gegen Irland zuschauen muss.

DFB mit vielen Fehlern

Warum sich die deutsche Mannschaft derart hat überraschen lassen von einem energischen Gegner, konnte aber auch Lahm nicht so recht erklären. "Wir haben schlecht von hinten herausgespielt und hatten eine schlechte Raumaufteilung. Normalerweise können wir so ein Pressing auch aufbrechen, in der Anfangsphase aber nicht."

Dafür fabrizierte die DFB-Auswahl so viele individuelle und mannschaftstaktische Fehler wie sonst in drei Spielen zusammen. Das Spiel wurde letztlich zu einer Blaupause ihres Auftritts vor 15 Monaten an selber Stelle. Auch damals siegte das DFB-Team 2:1 und niemand wusste warum.

Über weite Strecken der Partie wirkte das deutsche Spiel gehetzt und unruhig. Und zu Beginn und am Ende teilweise konfus.

Löw wirkte nach dem Spiel sauer

Als in der Nachspielzeit die Bälle aus der gegnerischen Hälfte immer weiter nach hinten und schließlich zu Manuel Neuer gespielt wurden - also zurück in jene Zone, in der die Mannschaft über 90 Minuten lang schon ihre größten Probleme gehabt hatte - und Neuers unkontrollierte Befreiungsschläge selbstredend in österreichischen Beinen landeten, war klar, dass dieser Abend ohne großen Lerneffekt zu Ende gehen würde.

Das musste auch Löw nach dem Spiel eingestehen und er wirkte dabei sogar ein wenig sauer auf seine Mannschaft. "Wenn wir 2:1 führen, müssen wir doch in der Lage sein, den Ball zu behaupten", sagte er. "Wir haben die Österreicher in den letzten vier Minuten immer wieder ins Spiel gebracht."

Dabei hätte seine Mannschaft die Partie in der starken Phase nach der Pause schon längst abwickeln können. "Da haben wir uns dumm angestellt und den Gegner ein paar Minuten mit dem 1:2 zurück ins Spiel geholt. Einen Gegner, der zu diesem Zeitpunkt am Boden lag. Da haben wir uns nicht clever angestellt und die Österreicher förmlich dazu eingeladen", sagte Lahm.

Arnautovic entschuldigt sich

"Hätten wir es nach unserem 2:0 besser gemacht, hätte Österreich keine Chance mehr gehabt", meinte Löw. So aber blieb die Partie offen bis in die Schlussphase und erlebte in Arnautovic' Fehlschuss einen letzten dramaturgischen Höhepunkt.

Der entschuldigte sich danach beim ganzen Land. "Das war mein Fehler bei dieser Chance am Schluss. Ich habe den Ball super hereinbekommen, da gibt es keine Entschuldigung. Wir waren klar überlegen. Die Deutschen haben einen Elfer bekommen, ich weiß nicht, ob er gerecht war oder nicht, die haben wieder nur mit Glück gewonnen."

Dem konnte man aus deutscher Sicht nach diesem Abend nur wenig entgegensetzen.

Österreich - Deutschland - Daten und Fakten zum Spiel