Deutschland nur internationaler Durchschnitt: Wie löst Joachim Löw sein DFB-Abwehrproblem?

Mats Hummels wurde bei der Nationalelf von Jogi Löw aussortiert.
© getty

Spätestens die von individuellen Fehlern geprägte Pleite gegen die Niederlande hat offenbart, dass die neu formierte Abwehr von Joachim Löw nicht den höchsten Ansprüchen gerecht wird. Welche Alternativen bieten sich dem Bundestrainer schon am Montag gegen Nordirland?

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Ronald Koeman sah sich das alles eine Halbzeit lang in Ruhe an, dann hatte der Bondscoach die Schwachstellen des Gegners ausgemacht. "Der Trainer hat uns in der Halbzeit dazu ermutigt, die Deutschen nach der Pause noch mehr im Aufbau unter Druck gesetzt", berichtete Virgil van Dijk nach dem 4:2-Triumph der Elftal im Hamburger Volksparkstadion von Koemans simpler, aber wirksamer Planänderung.

Vor allem Jonathan Tah, der als Rechtsfuß auf der halblinken Position in der Dreierkette respektive Fünferkette agierte, bekam das zu spüren. "Wir haben viele Bälle in diesem Bereich erobert", stellte van Dijk fest. Allerdings traktierte das hohe Pressing der Niederländer nicht nur den Verteidiger von Bayer Leverkusen.

Ein Blick auf die Statistik zeigt sogar: Die rechte Defensivseite erwies sich als wahre Achillesferse. Alle vier Gegentreffer wurden über diese Seite eingeleitet. Dort spielten Lukas Klostermann und Matthias Ginter, zwei gute Bundesliga-Kicker, die mit ihrem Zweikampfverhalten und ihrer Spieleröffnung aber eben einmal mehr den Anschein erweckten, auf internationaler Ebene aktuell nur Durchschnitt zu sein.

Hummels-Rückkehr "kein Thema" für Löw

Hinzu kam, dass auch der designierte Abwehrchef Niklas Süle neben sich stand und die allgemeine Unsicherheit nicht zu bekämpfen vermochte. "Das war ganz schlecht von mir, von uns allen", sagte der Profi des FC Bayern hinterher selbstkritisch.

Fehlte es vor allem bei den zwei späten, durch Konter zustande gekommenen Gegentreffern an der Abgezocktheit und Erfahrung alter Hasen wie Mats Hummels oder Jerome Boateng? "Vor einem Jahr haben wir trotz großer Erfahrung blöde Tore kassiert", relativierte Oliver Bierhoff.

Bundestrainer Joachim Löw pflichtete dem Direktor der Nationalmannschaften bei und erstickte aufkommende Diskussionen um eine mögliche Rückkehr von Hummels im Keim. "Kein Thema" sei das, betonte der 59-Jährige und hatte dabei wohl den noch nicht vollständig wieder genesenen Antonio Rüdiger im Kopf. Es ist kein Geheimnis, dass Löw den Mann des FC Chelsea, der vor seiner Knieverletzung sehr positiv in Erscheinung getreten war, neben Süle im Abwehrzentrum gesetzt sieht.

Kimmich gegen Nordirland als Rechtsverteidiger?

Man müsse jetzt zusehen, individuelle Fehler wie vor dem Ausgleichstreffer der Niederländer abzustellen. Gegen die bisher in der Quali-Gruppe C noch ungeschlagenen Nordiren werde es "ein ganz anderes Spiel", sagte Löw, "die spielen körperbetonter und mit vielen langen Bällen." Dennoch bieten sich einige personelle Alternativen, um die verunsicherte Defensive zu stärken.

Die am nächsten liegende wäre, Joshua Kimmich aus dem zentralen Mittelfeld auf die rechte Abwehrseite zu schieben. Kimmich zeigte gegen Oranje zwar eine ansprechende Leistung an der Seite von Toni Kroos, indem er unter anderem den Treffer von Serge Gnabry einleitete.

Nur: Für die Sechser-Position gibt es mit Ilkay Gündogan eine weitere Top-Option, während aufgrund des Ausfalls von Thilo Kehrer für hinten rechts nur die wenig überzeugenden Klostermann und Ginter zur Verfügung stehen.

Eine Änderung muss Löw auf jeden Fall vornehmen

Einen neuen Impuls könnte auch Rückkehrer Emre Can geben. Anders als Perspektivspieler Niklas Stark (Hertha BSC) bringt der 26 Jahre alte Defensiv-Allrounder von Juventus Turin internationale Erfahrung mit und kennt sich aus seiner Zeit beim FC Liverpool auch mit der britischen Härte aus. Zu seiner Kampfstärke kommt seine taktische Variabilität hinzu, Can kann auf der Sechs, der Acht und hinten in der Dreierkette spielen. Nach über einem Jahr ohne Einladung zur Nationalelf dürfte es ihm auch kaum an Motivation mangeln.

Um eine Veränderung kommt der Bundestrainer jedenfalls nicht herum: Nico Schulz fällt aufgrund eines Teilrisses eines Bandes in der linken Fußwurzel aus. Marcel Halstenberg (RB Leipzig) und Jonas Hector (1. FC Köln) könnten den BVB-Profi ersetzen.

Vielleicht ist das Fehlen von Schulz für das Team ja gar keine so schlechte Nachricht. Denn auch der 26-Jährige blieb gegen die Niederländer insgesamt unter seinen Möglichkeiten.

DFB-Team in der EM-Quali: Die Tabelle der Gruppe C

PlatzNationSpieleTorePunkte
1Nordirland47:212
2Deutschland415:69
3Niederlande310:56
4Weißrussland53:103
5Estland41:140
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