Leon Goretzka

SID
Marcus Sorg gab sich mehr als gelassen bei der Pressekonferenz am Freitagabend in Minsk.
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Für Marcus Sorg wird es ernst. Ein Sieg in Weißrussland ist für den Vertreter von Joachim Löw Pflicht.

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Das vielleicht wichtigste Telefonat seiner 20-jährigen Trainerkarriere führte Marcus Sorg am späten Freitagabend. Sorg kontaktierte Joachim Löw und tüftelte gemeinsam mit dem erkrankt fehlenden Bundestrainer an Taktik und Aufstellung für das EM-Qualifikationsspiel in Weißrussland. "Das letzte Wort", versicherte Sorg nach der Landung in Minsk, "hat Joachim Löw."

Sorg überließ vor dem Aufbruch in sein Abenteuer am Samstag (20.45 Uhr im LIVETICKER) aber nichts dem Zufall. Vor dem Abschlusstraining im Stadion De Koel in Venlo stellte er die roten und gelben Hütchen für Spielformen persönlich auf und maß die Distanzen akribisch mit Schritten ab. Alles muss bestens vorbereitet sein, wenn Sorg den klaren Auftrag seines Chefs erfüllen soll: drei weitere Punkte auf dem Weg zur EM 2020.

"Es ist speziell und ungewohnt, wenn der Cheftrainer nicht dabei ist. Ich bin aber überzeugt, dass wir es zur vollsten Zufriedenheit des Bundestrainers lösen können", sagte Sorg und ergänzte: "Ich gehe mit einem sehr guten Gefühl ins Spiel."

Nach der letzten Einheit im strahlenden Sonnenschein in der niederländischen Grenzstadt flogen Kapitän Manuel Neuer und Co. am Freitagnachmittag von Düsseldorf in die weißrussische Hauptstadt. Nach dem Auftaktsieg in den Niederlanden (3:2) soll der nächste Schritt Richtung EM gemacht werden - auch für Löw.

Marcus Sorg gab sich mehr als gelassen bei der Pressekonferenz am Freitagabend in Minsk.
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Marcus Sorg gab sich mehr als gelassen bei der Pressekonferenz am Freitagabend in Minsk.

Jogi Löw warnt: Nationalmannschaft ist "noch nicht so gefestigt"

"Wir wollen unserem Trainer zeigen, dass er sich total auf uns verlassen kann, auch wenn er nicht dabei ist", sagte Neuer. Nach dem Spiel in Borissow und am Dienstag in Mainz gegen Estland soll Löw sagen können: "Auf diese Spieler ist Verlass, das sind gute Jungs und super Typen - und die holen sechs Punkte für mich."

Auf die leichte Schulter will die klar favorisierte Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) den 81. der Weltrangliste aber nicht nehmen. "Wir alle wissen leider zu genau von der WM 2018, was passieren kann, wenn man auf dem Papier schon so gut wie sicher gewonnen hat", sagte Ilkay Gündogan vor dem 100. EM-Qualifikationsspiel des DFB-Teams im SID-Interview.

Die Atmosphäre im nur 13.126 Zuschauer fassenden Stadion könnte zudem hitzig werden. Die Weißrussen sind seit vier Heimspielen ungeschlagen. Löw warnte schon vor seinem Ausfall (Arterien-Quetschung) vor Überheblichkeit. "Gerade in unserer Situation nach dem Umbruch von Sparringspartnern zu reden, möchte ich tunlichst vermeiden", sagte er. Sein Team mit den vielen jungen Spielern sei "noch nicht so gefestigt".

DFB-Team: Aufstellung und System noch völlig unklar

Alles andere als ein Sieg wäre dennoch eine riesige Enttäuschung, auch wenn die Mannschaft noch "reifen" müsse, wie es DFB-Direktor Oliver Bierhoff formulierte und feststellte: "Der Umbruch ist vollzogen, die Entwicklung muss jetzt stattfinden."

Für die weitere Entwicklung muss das Duo Löw/Sorg einige Fragen beantworten. Führt Gündogan im Mittelfeld für den fehlenden Toni Kroos Regie? Stürmt Marco Reus statt Timo Werner gemeinsam mit Leroy Sane und Serge Gnabry? Gibt es eine Vierer- oder eine Dreierkette? Entscheiden sich Löw und Sorg für eine Viererreihe, könnte Matthias Ginter den verletzten Antonio Rüdiger an der Seite von Niklas Süle ersetzen.

Leon Goretzka voll des Lobes für Sorg

Die Spieler gaben sich trotz der ungewohnten Situation ohne Löw, der erstmals in seiner Amtszeit nicht im Stadion sein wird, gelassen. "Wir haben genauso großes Vertrauen in ihn wie wir es in Jogi haben", sagte Julian Draxler über Sorg, der "mit aller Macht eine optimale und souveräne Qualifikation" spielen will.

Sorg warnte aber ganz im Stile seines Chefs vor zu viel Leichtsinn. "Wir müssen von Anfang an hellwach sein und unser Spiel durchdrücken. Wir müssen Weißrussland zu Fehlern zwingen", sagte der 53-Jährige. Dass einige seiner Spieler seit drei Wochen ohne Wettkampfpraxis sind, lässt er nicht als Ausrede zu: "Das Anforderungsprofil an Nationalspieler ist, dass sie wieder hochfahren und sich konzentrieren können."

Laut Leon Goretzka ist das in der Trainingswoche gelungen. "Alle mussten auf einen Stand gebracht werden. Das hat sehr gut geklappt", sagte der Münchner. "Er ist ein sehr akribischer Trainer und detailverliebt, was ich sehr schätze an ihm, weil ich das Gefühl habe, dass man in jeder Trainingseinheit was dazulernt."