Immer wieder Portugal

Von SPOX
Bastian Schweinsteiger jubelt während des EM-Spiels gegen Portugal 2008
© getty

Gegen Schweden wird Bastian Schweinsteiger sein 100. Länderspiel für Deutschland bestreiten. Der Star des FC Bayern München hat eine erstaunliche Entwicklung von Schweini zum Führungsspieler Schweinsteiger hinter sich. Die Eckpunkte seiner Karriere in der Nationalmannschaft.

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Deutschland - Ungarn 0:2, 6. Juni 2004 in Kaiserslautern (1. Länderspiel)

Als letzten Test für die EURO 2004 hatte sich der DFB etwas ganz Besonderes ausgedacht. In der Heimatstadt von Fritz Walter traf die deutsche Nationalmannschaft auf Ungarn. "Jubiläumsspiel: 50 Jahre Wunder von Bern", war das Motto.

Doch die DFB-Elf lieferte eine erschreckend schwache Leistung ab. Sandor Torghelle, der später noch in Deutschland für Jena, Augsburg und Düsseldorf spielen sollte, legte Oliver Kahn schon in der ersten Halbzeit zwei Dinger ins Netz. Dem DFB-Team fiel offensiv überhaupt nichts ein. "Michael Ballack ging in der zweiten Halbzeit komplett unter", resümierte Günter Netzer.

Die einzigen Lichtblicke waren die Auftritte von Philipp Lahm und des zur Halbzeit für Andreas Hinkel eingewechselten Bastian Schweinsteiger. Der Bayern-Youngster wurde wie Lukas Podolski nach dem Vorrundenaus der U 21 bei der Heim-EM von Teamchef Rudi Völler zur A-Nationalmannschaft geholt.

"Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski sind erfrischend anders", sagte Trainer Michael Skibbe über die drei Jüngsten. "Sie zeigen Eigenschaften, die man nicht immer mit dem deutschen Fußball verbindet." Trotzdem stand am Ende ein deprimierendes 0:2 gegen die von Lothar Matthäus trainierten Ungarn. Für die Deutschen gab es Pfiffe, nur Matthäus pries das "Wunder von Kaiserslautern".

Deutschland - Tschechien 1:2, 23. Juni 2004 in Lissabon (4. Länderspiel)

Ein ordentliches 1:1 gegen Holland und ein enttäuschendes 0:0 gegen Lettland manövrierten Deutschland in ein Endspiel gegen die schon fürs Viertelfinale qualifizierten Tschechen.

Nach Einwechslungen in den ersten beiden Gruppenspielen gehörte Schweinsteiger erstmals in seiner DFB-Karriere zur Startformation. Auf der linken offensiven Außenbahn spielte er an der Seite von Michael Ballack und Bernd Schneider, in seinem Rücken Philipp Lahm.

Gegen die tschechische B-Elf brachte Ballack die DFB-Elf auf Vorlage von Schweinsteiger zwar in Führung, aber Marek Heinz und Milan Baros schossen Deutschland aus dem Turnier.

"Die Enttäuschung ist natürlich riesengroß. Das ist zwar nicht so dramatisch wie vor vier Jahren. Diesmal sind ein paar jüngere Spieler mit Perspektive dabei", resümierte Rudi Völler und meinte vor allem Lahm, Podolski und Schweinsteiger.

Deutschland - Russland 2:2, 8. Juni 2005 in Mönchengladbach (14. Länderspiel)

Fast auf den Tag genau ein Jahr nach seinem Debüt klappte es auch mit dem ersten Tor. Im letzten Testspiel vor dem Confederations Cup in Deutschland traf Schweinsteiger gegen die Russen sogar doppelt.

Bei seiner Auswechslung in der 84. Minute gab es Standing Ovations vom Gladbacher Publikum. In der Nachspielzeit klaute Alexander Kerschakow den Deutschen kurz vor dem Heim-Turnier das Erfolgserlebnis.

Der "Berliner Kurier" beispielsweise sah schon schwarz für Trainer Jürgen Klinsmann und die kommenden Aufgaben. "Oh, oh, Klinsi! Nur Schweini saugut!" Schweinsteiger machte in diesem Spiel einen großen Sprung Richtung Stammplatz in der Nationalmannschaft in den kommenden Jahren - allerdings weiter als Außenbahnspieler.

Deutschland - Portugal 3:1, 8. Juli 2006 in Stuttgart (35. Länderspiel)

Beim bitteren WM-Halbfinalaus gegen Italien flog Schweinsteiger überraschend aus der Startelf, weil Tim Borowski von Jürgen Klinsmann den Vorzug bekam. Erst in der 73. Minute wurde Schweinsteiger eingewechselt und erlebte die Tore von Fabio Grosso und Alessandro Del Piero hautnah auf dem Rasen mit.

Das abschließende Schaulaufen im Spiel um Platz 3 wurde dann zur großen Schweinsteiger-Show. Drei Weitschuss-Flatterbälle waren zu viel für Portugals Torhüter Ricardo. Einen Knaller lenkte Petit ins eigene Tor.

Es war der spanischen Sportzeitung "Marca" vorbehalten, in poetischen Worten die Geschichte dieses Spiels zu erzählen: "Ein genialer Schweinsteiger hat aller Welt gezeigt, Klinsmann inklusive, dass er die Zukunft des deutschen Fußballs an den Stiefeln hat. Es war seine Art, dem Trainer die Ohren lang zu ziehen, nachdem Klinsmann ihn gegen Italien zunächst geopfert hatte."

Deutschland - Portugal 3:2, 19. Juni 2008 in Basel (54. Länderspiel)

Die EM begann denkbar schlecht für Schweinsteiger. Er hatte seinen Stammplatz verloren, ausgerechnet an seinen Kumpel Poldi. Die beiden waren im Zuge des Sommermärchens in Deutschland zur Marke "Schweini & Poldi" geworden. Schweinsteiger war in der Krise und irgendwie auch auf der Suche nach sich selbst.

Nach dem ganzen Lob bei der WM musste ihn Bayerns damaliger Manager Uli Hoeneß immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. "Dem Schweini haben in den letzten sechs Monaten zu viele Leute Puderzucker in den Hintern geblasen. Den klopfe ich nun wieder raus", sagte Hoeneß 2007.

Schweinsteigers Kredit schrumpfte weiter, als er sich im zweiten Gruppenspiel nach seiner Einwechslung wegen einer Tätlichkeit Rot abholte. Schweinsteiger rannte sauer vom Platz und tippte sich dabei noch an die Stirn. Dass er von der UEFA trotz des Vogels nur für ein Spiel gesperrt wurde, war sein Glück.

Löw stellte ihn im Viertelfinale als Rechtsaußen auf und Schweinsteiger dankte es ihm mit einer bärenstarken Leistung. Das 1:0 erzielte er selbst, die beiden weiteren Tore bereitete er mit Freistößen vor. Es war eine beeindruckende Antwort auf die Kritik der letzten Tage und Wochen, sein endgültiges Coming Out im DFB-Dress.

Deutschland - Belgien 2:0, 20. August 2008 in Nürnberg (57. Länderspiel)

Deutschlands erstes Spiel nach der EM fand ohne Michael Ballack statt. Stattdessen führte Miroslav Klose die Mannschaft als Kapitän aufs Feld. Als dieser zu Halbzeit gegen Kevin Kuranyi ausgetauscht wurde, durfte sich Schweinsteiger die Binde überstreifen - auch Philipp Lahm stand damals als Option bereit.

Als Kapitän erzielte er den Führungstreffer per Elfmeter: drei Schritte Anlauf, scharf und flach rechts unten. Am 2. Juni 2009 ist Schweinsteiger im Freundschaftsspiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate (7:2) erstmals von Beginn an Deutschlands Spielführer. Im Match davor gegen China (1:1) war es Lahm.

Deutschland - Argentinien 0:1, 3. März 2010 in München (73. Länderspiel)

Schweinsteiger ist zu diesem Zeitpunkt längst eine feste Größe im DFB-Team, aber noch immer wird er von Bundestrainer Joachim Löw als Außenspieler eingesetzt. Im zentralen Mittelfeld vertraute Löw lange Zeit auf Michael Ballack, Thomas Hitzlsperger und Simon Rolfes.

Erst beim Heimspiel in München rückte Schweinsteiger an die Seite von Ballack auf die Doppelsechs. Louis van Gaal hatte Schweinsteiger auch beim FC Bayern vom Flügel auf diese Position verschoben und damit die zweite Karriere Schweinsteigers initiiert. Erst mit seiner Versetzung ins Zentrum des Spiels wurde aus dem Jungspund Schweini der Führungsspieler Schweinsteiger.

Schweinsteigers Statistiken in der Qualfikation für die WM 2014

Deutschland - Niederlande 2:1, 13. Juni 2012 in Charkiw (92. Länderspiel)

Wieder einmal prasselte heftige Kritik auf Schweinsteiger ein. Diesmal war das Auftaktmatch gegen Portugal kein Wende-, sondern ein Tiefpunkt. Er sei zu wenig Chef, mache das Spiel immer langsam und leiste sich zu viele Ballverluste. Dass sich Schweinsteiger mit den Bayern trotz einer Knöchelverletzung ins Champions-League-Finale schleppte und nicht hundertprozentig fit war, wurde dabei oft verschwiegen.

Auch Schweinsteiger reagierte in der Öffentlichkeit zurückhaltend. Er konterte mit einer herausragenden Leistung gegen Holland. Zwei Assists für Mario Gomez und eine starke Spielkontrolle ließen alle Kritiker verstummen.

Es passt ins Bild, das Löw an diesem Montag vor Schweinsteigers 100. Länderspiel für Deutschland gegen Schweden zeichnete: "Bastian stellt den Erfolg in den Mittelpunkt, er kann sich für den Erfolg der Mannschaft zurücknehmen", sagte Löw und lässt die Geschichte Schweinsteigers in der Nationalelf Revue passieren. "Am Anfang war er unheimlich temperamentvoll, er hatte viel Talent und sehr viel Feuer. Er sich in den letzten Jahren unglaublich gut entwickelt und ist zur Führungspersönlichkeit geworden."

Bastian Schweinsteiger im Steckbrief