A sagen und nach B handeln

Von Jochen Tittmar
Ein Bild, das der Vergangenheit angehört: Rainer Adrion mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (r.)
© getty

Blickt man nur auf die sportliche Bilanz, ist die Entlassung von U-21-Trainer Rainer Adrion durchaus zu rechtfertigen. Doch an der Personalie wird vielmehr die aktuelle Kopflosigkeit des DFB deutlich. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Tittmar.

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Fast auf den Tag genau vier Jahre nach seinem Amtsantritt muss Rainer Adrion als Trainer der U 21 seinen Hut nehmen.Nach 37 Spielen, von denen 21 gewonnen und sieben verloren wurden.

Schaut man an diesen Zahlen vorbei, lässt sich die Entlassung aus Sicht des DFB durchaus rechtfertigen. Adrion verpasste vor zwei Jahren die EM in Dänemark, als sein Team an Tschechien und Island scheiterte. Auch Olympia 2012 war dahin.

Er durfte es nach einem Machtkampf innerhalb des Verbandes zwischen Bundestrainer Joachim Löw und Sportdirektor Matthias Sammer noch einmal versuchen, doch die enttäuschende EM-Endrunde seiner Mannschaft in Israel hat ihm nun letztlich den Kopf gekostet.

Der Zeitpunkt dieses Entschlusses kommt allerdings doch überraschend und konterkariert das Vorgehen des Verbandes im Moment des Ausscheidens. So ist es gerade einmal zehn Tage her, als Präsident Wolfgang Niersbach in Tel Aviv höchst selbst davon sprach, dass der Weiterbeschäftigung Adrions eine "klare und perspektivische Entscheidung" zugrunde läge.

Nun also die plötzliche Umkehr. Diese wird vom DFB so verkauft, dass Adrion auch von sich aus den Weg für einen "unbelasteten Aufbau einer neuen Mannschaft" (DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock) frei gemacht habe.

Dies muss jedoch stark angezweifelt werden, zeigte sich doch Adrion in Israel durchgehend deutlich entschlossen, ab August die "neue" U 21 strukturieren zu wollen. Vertragstreue gehöre zu seinen und den Eigenschaften des DFB, die Rückendeckung von Niersbach sei ein normaler Vorgang, sagte Adrion da - die Halbwertszeit all dieser Aussagen stellt sich jetzt als verschwindend gering heraus.Schwer zu glauben, dass Adrion nicht einmal eine Woche nach dem letzten EM-Spiel eine 180-Grad-Wende vollzogen hat.

Dieser Zickzack-Kurs des DFB in der Personalie Adrion steht aber vor allem auch sinnbildlich für die aktuelle Kopflosigkeit, die an der Otto-Fleck-Schneise herrscht.

Die Vertragsverlängerung Adrions bis 2015, die vor nicht allzu langer Zeit erfolgte, geschah auf Initiative von Ex-Sportdirektor Robin Dutt. Dessen Nachfolger, der immer noch nicht gefunden ist, wäre eigentlich berufen, über Adrions Kopf zu entscheiden.

Doch dem Neuen kam nun das DFB-Präsidium zuvor. Dabei war es doch Niersbach, der noch in Israel die Tragweite solcher Entscheidungen auf "die sportlichen Köpfe" abwälzte. Da man jedoch weiter darüber beraten möchte, wie das künftige Stellenprofil des Sportdirektors definiert wird, fiel Adrion nun durchs Raster der Oberen.

Der DFB hat sich von Dutts Konzept, eine strategische Kontinuität innerhalb des Verbandes zu erlangen und nicht erst Rückschlage zum Anlass für Veränderungen zu nehmen, deutlich entfernt - und das in kürzester Zeit.

Die U-21-EM im Überblick