Sami Khedira: Jetzt ist er der Boss

Von Christian Bernhard
Bundestrainer Joachim Löw (r.) und sein "Aushilfs"-Mittelfeld-Boss Sami Khedira
© Getty

Nach dem Ausfall von Bastian Schweinsteiger muss Real-Spieler Sami Khedira das Kommando im Mittelfeld der Nationalmannschaft übernehmen. Für den Platz neben Khedira kommen drei Kandidaten in Frage.

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Die Nachricht kam so unerwartet wie abrupt. "Bastian Schweinsteiger fällt für die beiden EM-Qualifikationsspiele der deutschen Nationalmannschaft gegen die Türkei und gegen Kasachstan aus", hieß es am Montag-Nachmittag in einer Pressemitteilung des DFB. Der Grund: Kapselbandanriss im Fußwurzelbereich, zugezogen beim 0:2 der Bayern in Dortmund am Sonntag.

Damit muss Joachim Löw im Schlüsselspiel der EM-Qualifikation gegen die Türkei am Freitag ohne seinen wichtigsten Spieler auskommen. Schweinsteiger, Löws "emotionaler Leader" und "Motor, der das Spiel antreiben kann", ist das Herz der DFB-Elf. Er gibt ihr Sicherheit, er ist der Taktgeber, er treibt das Spiel an.

Schweinsteigers Absage wiegt auch deshalb schwer, weil er so gut wie nie ausfällt. Erst 14 Mal musste der 26-Jährige seit seinem Nationalmannschaftsdebüt 2004 passen. Schweinsteiger ist die Konstante im DFB-Team.

Neue Rolle für Sami Khedira

Durch Schweinsteigers Ausfall rückt sein Nebenmann im DFB-Mittelfeld noch mehr in den Fokus: Sami Khedira. Klar ist, dass Löw trotz des schwerwiegenden Ausfalls sein System nicht umstellen wird, die Doppelsechs wird beibehalten. Neu ist in den kommenden zwei Spielen, dass Khedira das Kommando im Mittelfeld übernehmen wird - egal wer sein Nebenmann ist.

Dabei wird ihm die Metamorphose, die er bei Real Madrid vollzogen hat, zu Gute kommen. Unter Coach Jose Mourinho spielt Khedira einen echten Abräumer - ganz im Gegensatz zur Nationalmannschaft, wo er mit Schweinsteiger als Nebenmann viel in die Spitze stößt.

"Ich habe meine Spielweise ein stückweit umgestellt. Viele erwarten, dass ich hier immer ein, zwei Tore vorbereite, aber das sehe ich nicht als meine Aufgabe", sagt Khedira im Gespräch mit SPOX. "Meine Aufgabe ist es vor allem, den Gegner im Aufbauspiel zu stören und eine Menge Defensivarbeit zu leisten. Außerdem gehört es zu meiner Aufgabe, die Pässe sauber zu verteilen und an den Mann zu bringen."

Kroos der heißeste Kandidat für den Platz neben Khedira

Genau diese Qualitäten sind jetzt auch im DFB-Dress gefragt. Khedira muss Schweinsteigers Rolle übernehmen: Nicht spektakulär spielen, sondern mit vielen Kontakten und einfachen Pässen.

"Ich versuche, cleverer zu spielen und einfach meinen Vorwärtsdrang ein bisschen zu zügeln. Wenn man die ganzen Weltklassespieler auf meiner Position sieht, die spielen oft alle so. Mourinho will mich dort hinführen und ich versuche das auch so umzusetzen. Das ist vielleicht oft nicht so spektakulär, aber wenn das der Mannschaft hilft, dann ist das auch sehr wichtig", sagt Khedira.

Für den 23-Jährigen findet damit ein steiler Aufstieg seinen vorläufigen Höhepunkt. Im Mai war Khedira noch ohne jede Chance auf einen Stammplatz im DFB-Team, jetzt ist er der (aushilfsmäßige) Boss in der Schaltzentrale.

Doch wer läuft in Schweinsteigers Abwesenheit neben Khedira auf? Heißester Kandidat ist Toni Kroos. Der 20-Jährige ist aufgrund seiner technischen Fähigkeiten und seinem Spielverständnis die ideale Besetzung - gerade in einem Heimspiel. Löw will, dass sein Team dominant auftritt und Kroos bringt dafür die besten Voraussetzungen mit.

Der Bayern-Spieler hat Schweinsteigers Position bereits in den letzten Minuten des WM-Spiels gegen Ghana eingenommen, beim vorletzten WM-Test in Ungarn kam er 62 Minuten neben Khedira zum Einsatz. Kroos ist die spielstärkste und damit wahrscheinlichste Variante.

Träsch harmonierte sehr gut mit Khedira

Kandidat Nummer zwei verfügt über eine völlig andere Spielanlage, kann aber darauf verweisen, bereits viele Spiele an der Seite Khediras bestritten zu haben: Christian Träsch. Der Stuttgarter bildete vergangene Saison mit Khedira die VfB-Doppelsechs und harmonierte sehr gut mit dem Real-Spieler.

Löw ist von den Qualitäten des 23-Jährigen überzeugt, nicht umsonst spielte Träsch im WM-Vorbereitungstrainingslager in Südtirol in den Überlegungen des Bundestrainers eine Rolle.

Erst eine Sprunggelenksverletzung verhinderte seine WM-Teilnahme. Trotzdem: Träsch wäre die Sicherheitsvariante, die gerade in einem Heimspiel bei Löw nicht höchste Priorität genießen dürfte.

Variante Nummer drei mit Heiko Westermann neben Khedira ist die mit Abstand unwahrscheinlichste. Der HSV-Neuzugang hat zwar unter Felix Magath vergangene Saison immer wieder auf der Sechs gespielt, seit seinem Wechsel in die Hansestadt kam er aber nur noch in der Abwehr zum Einsatz.

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