Der Beschützer

Von Für SPOX in Südafrika: Stefan Rommel
Philipp Lahm ist seit dem Ausfall von Michael Ballack Kapitän des DFB-Teams
© Getty

Philipp Lahms Amtszeit als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft verlief bisher ruhig - so wie es auch seiner Persönlichkeit entspricht. Gegen Serbien wird es aber nicht nur auf interne Kommunikation ankommen.

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Einige der kleinen Sonderaufgaben hat Philipp Lahm schon ziemlich gut drauf. Als sich die deutsche Nationalmannschaft beim Spiel gegen Australien in die Halbzeitpause aufmachte, kreuzte Lahm den Weg von Miroslav Klose.

Der sechs Jahre jüngere Lahm nahm sich den viel Gescholtenen zur Seite. Klose lauschte konzentriert, was ihm sein Kollege zu sagen hatte. So, wie ein Angestellter seinem Chef lauscht. Oder wie ein Führungsspieler seinem Kapitän.

Amtszeit bisher ruhig verlaufen

Philipp Lahm will nicht unbedingt der Chef dieser neuen deutschen Nationalmannschaft sein. Aber dieses kleine Stückchen Stoff an seinem rechten Oberarm weist ihn zumindest zum Anführer und Sprachrohr des Teams aus.

Seit ein paar Wochen ist Lahm für den außer Dienst gestellten Michael Ballack der neue Kapitän der deutschen Nationalmannschaft. Seine Amtszeit verlief bisher ruhig und harmonisch, lockere Siege gegen Ungarn, Bosnien-Herzegowina und Australien begleiteten seine ersten Tage.

Sein Krisenmanagement war bisher noch nicht wirklich gefordert, zu schwach waren die Gegner bisher, zu überlegen die deutsche Mannschaft in den jeweiligen Partien.

"Es geht vor allem um Kommunikation"

Im zweiten Gruppenspiel gegen Serbien (Freitag, ab 13.15 Uhr im LIVE-Ticker und bei Sky) wird der Kapitän Lahm vor seiner ersten Bewährungsprobe stehen. Der Gegner ist angeschlagen und mit einem enttäuschenden 0:1 zum Auftakt gegen Ghana schwer belastet.

Bisher beschränkte sich Lahms Betätigungsfeld als Kapitän auf dem Feld auf den Tausch der Wimpel. Das Gespräch mit den Unparteiischen sucht er eher selten, auch beim Gegner eckt er nicht an.

Lediglich die integrativen Aufgaben innerhalb der eigenen Reihen verfolgt er konsequent. Dort wirkt er zusammen mit den anderen Mitgliedern des Mannschaftsrats auf seine Mitstreiter ein, ist kommunikativ und offen. "Es geht vor allem um Kommunikation. Man kommuniziert mit dem Trainer und vertritt dabei das Interesse der Mannschaft", definiert Lahm seine größte Aufgabe.

Mannschaft von Kapitän Lahm begeistert

"Es ist gut, dass Philipp jetzt der Kapitän dieser Mannschaft ist. Früher waren das immer Alpha-Tiere. Philipp ist vernünftig und intelligent und hat sich sehr gut entwickelt", lobt sein ehemaliger Mitspieler Mehmet Scholl den 26-Jährigen.

Zusammen mit dem Mannschaftsrat teilt sich Lahm die Aufgaben auf. Intern läuft das reibungslos, der Rest der Mannschaft ist begeistert vom neuen Führungsstil ihrer Anführer.

"Ich suche engen Kontakt zu Bastian Schweinsteiger, zu Miro Klose, Arne Friedrich, Per Mertesacker. Wir diskutieren die Anliegen der Mannschaft, und ich bin am Ende der, der es dem Trainerstab übermittelt." Auf dem Platz aber können nicht immer alle reden. Da bleibt die Aufgabe zuerst an Lahm hängen.

Schiri lässt Linie erahnen

Der bewegt sich aber immer noch wie ein Diplomat. Zumindest in der Außenwirkung. Nach dem Spiel gegen die Australier mahnte er sofort wieder die wenigen Missstände im deutschen Spiel an, er hob den Zeigefinger.

Das mag übervorsichtig erscheinen, aber Lahm steht damit als Sinnbild für diese Mannschaft, die sich nicht vom Schein eines flüchtigen Erfolgs blenden lassen will, sondern fokussiert die kommenden Aufgaben angeht.

Gegen die Serben wird ein hartes Spiel erwartet. Sowohl mental als auch körperlich. Der Spanier Alberto Undinao wird die Partie leiten. Er wolle sich "schnell Respekt verschaffen", ließ der erst 36-Jährige einen Tag vor dem Spiel seine Linie erahnen.

Ein Hauch von Ballack

Vielleicht muss sich auch Lahm schnell Respekt verschaffen. Die Serben werden anders in die Zweikämpfe gegen als zuletzt Australien, die deutsche Mannschaft darf sich auf eine zumindest robuste Gangart einstellen.

Sein Vorgänger setzte da schnell Duftmarken beim Unparteiischen, beim Gegner und auch bei den Mitspielern, wenn nötig. Jetzt definiert sich Lahm und es definiert sich die Mannschaft doch deutlich anders.

Einen Hauch von Ballack muss aber auch der Münchener versprühen. Dann muss der Diplomat weichen und Lahm im übertragenen Sinne auch mal auf den Tisch hauen. Manchmal sind es diese Gesten, die ein Spiel oder dessen Leiter beeinflussen.

Lob von Scholl

Imponiergehabe ist Lahm eigentlich fremd, aber ein wenig muss er da bald auch aus seiner Haut fahren. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die gegnerischen Kapitäne vor den Schiedsrichtern proklamieren. Lahm wird dann intervenieren müssen. Nicht wild fuchtelnd, aber mit der ihm eigenen Bestimmtheit und mit Nachdruck.

Nach dem relativ lockeren Auftakt kommen spätestens jetzt die Spiele, in denen es um alles geht. Da ist auch Führungsstärke gefragt und ein bisschen Imponiergehabe. Ein kleines bisschen Ballack spielen und die junge Mannschaft beschützen.

Und so ganz nebenbei gilt Lahm jetzt schon als einer der heißen Kandidaten auf den Titel des besten Rechtsverteidigers des Turniers. Seine Vorstellung gegen Australien war geprägt von defensiver Effizienz und offensiver Wucht.

Lediglich Brasiliens Maicon und mit Abstrichen der Engländer Glen Johnson konnten da bisher mithalten. "Er hat sich auf so einem hohen Niveau eingependelt, dass man sich gar nicht vorstellen kann, dass er einmal schlecht spielt", sagt Scholl. Jetzt muss er sich nur noch auf seinen Job als Anführer der Mannschaft einpendeln.

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