Zwanziger fordert gesellschaftliches Engagement

SID
Theo Zwanziger erwartet von Ballack, Gomez und Co. mehr als nur schönen Fußball
© Getty

DFB-Präsident Theo Zwanziger fordert von den Nationalspielern Engagement auch im gesellschaftlichen Bereich. Das sagte Zwanziger anlässlich des 60. Jahrestages der DFB-Neugründung.

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Die Lehren aus dem dunkelsten Kapitel der eigenen Geschichte ziehen und den Kampf für die ethischen Grundsätze des Zusammenlebens weiter intensivieren: DFB-Präsident Theo Zwanziger hat den 60. Jahrestag der Verbands-Neugründung am 10. Juli zum Anlass genommen, um die Stars aus den eigenen Reihen an ihre Verantwortung innerhalb der Gesellschaft zu erinnern.

"Ich erwarte von den Spielern aller Nationalmannschaften, dass sie sich für Demokratie und Menschenwürde einsetzen", sagte Zwanziger anlässlich des Jahrestages der "Wiedergeburt" des Verbandes im Interview.

Neugründung in Stuttgart

Am 10. Juli 1949 wurde der ursprünglich am 28. Januar 1900 in Leipzig aus der Taufe gehobene Deutsche Fußball-Bund, der sich während des Dritten Reichs zum Instrument der Nazis machen ließ und sich letztlich am 27. April 1940 auflöste, in Stuttgart erneut gegründet.

Zwanziger, der den mittlerweile größten Einzelsportverband der Welt anführt, möchte die Erinnerung an die Rolle des DFB während der Nazi-Diktatur als Mahnung für die Zukunft verstanden wissen: "Per DFB-Dekret von April 1933 mussten die jüdischen und kommunistischen Mitglieder ihre Heimatvereine verlassen. Viele von ihnen wurden ermordet. So etwas darf nie wieder geschehen."

Wiedervereinigung wichtigste Errungenschaft

Dem Makel seiner Geschichte in der NS-Zeit kann der DFB zwar nicht entkommen, die zurückliegenden sechs Jahrzehnte haben aber ein anderes Bild des Verbands gezeichnet. Zwar musste der DFB in den vergangenen 60 Jahren auch Tiefpunkte verkraften, doch der Verband darf sich angesichts seiner Errungenschaften getrost über eine Erfolgsgeschichte freuen.

Dabei steht für Zwanziger ein Ereignis der modernen DFB-Historie über allen anderen: "Vor allem natürlich die Wiedervereinigung des deutschen Fußballs, die in die Annalen der deutschen Sportgeschichte eingegangen ist", antwortete Zwanziger auf die Frage nach der wichtigsten Errungenschaft des Verbands in den vergangenen sechs Jahrzehnten.

Dabei gestaltete sich die Rückkehr des deutschen Fußballs auf die internationale Bühne nach dem Zweiten Weltkrieg als schwierig. Auf der ersten Sitzung des Exekutivkomitees nach Kriegsende vom 10. bis 12. November 1945 in Zürich beschloss der Weltverband FIFA, die Sportbeziehungen zu Deutschland abzubrechen.

Dank an Engländer

Die Ächtung Deutschlands endete erst 1949. Am 7. Mai hob die FIFA - nach einem entsprechenden Antrag des englischen Verbands (FA) - das Spielverbot für deutsche Mannschaften wieder auf. "In diesem Zusammenhang muss man auch dem englischen Fußball-Verband danken", sagte Zwanziger.

Durch den Einsatz der Engländer waren die damals 1,4 Millionen Mitglieder, die in 13.000 Vereinen und 54.000 Mannschaften organisiert waren, nicht länger isoliert. Laut Zwanziger belegen diese Zahlen, dass der Fußball "in der schwierigen Nachkriegszeit eine wichtige gesellschaftspolitische Rolle spielte".

Nach Ansicht von Zwanziger, dessen Verband mittlerweile 6,7 Millionen Mitglieder und rund 26.000 Klubs zählt, war es die Hauptaufgabe des DFB nach seiner Neugründung "Voraussetzungen für einen regulären Spielbetrieb im Amateurbereich zu schaffen."

Aufgaben haben sich verändert

Die Aufgaben des DFB haben sich seit dieser Zeit allerdings dramatisch verändert. "Galt es in der Nachkriegszeit zunächst, den Fußball wieder zu etablieren und auf gesunde Beine zu stellen, die Folgen des Krieges zu verarbeiten, so müssen wir uns in der heutigen Zeit viel breiteren Themen stellen", sagte Zwanziger.

Der DFB hat laut des Präsidenten mittlerweile ein großes Feld zu beackern. Natürlich stehe über allem der sportliche Erfolg der Nationalmannschaften, "vor allem des A-Teams", sagte Zwanziger, "darüber hinaus hat ein so großer Verband wie der DFB in der heutigen Zeit auch eine ungemein hohe sozialpolitische Verantwortung, die er gerne erfüllt."

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