Das unvermeidliche Paar Socken

Von Für SPOX in Düsseldorf: Stefan Rommel
Konnte das Spiel seiner Mannschaft nicht mehr mit ansehen: Bundestrainer Joachim Löw
© Getty

Wenn am Spruch "aus Fehlern wird man klug" nur ein Funken Wahrheit dran ist, wird die deutsche Nationalmannschaft auf ihrem Weg zur WM 2010 in Südafrika spätestens seit diesem tristen Mittwochabend bei der 0:1-Niederlage gegen Norwegen in Düsseldorf nichts und niemand mehr aufhalten können.

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Das Stadiondach der LTU-Arena war geschlossen und suggerierte den nach offiziellen Angaben 45.000 Zuschauern Temperaturen wie in einer lauen Frühlingsnacht. In Wirklichkeit tobte draußen der Regen und ein böiger Wind zischte den Fans ins Gesicht.

Das Drumherum zu diesem ersten Länderspiel des Jahres 2009 stimmte und hätte man nicht noch am Stadion auf den Plakaten von einem Freundschaftsspiel gegen Norwegen gelesen, hätte man sich auch leicht mitten im Vorprogramm eines WM-Endspiels wähnen können.

Keine Wiedergutmachung nach England

Der Event-Charakter stimmte zuversichtlich. Nach 90 trostlosen und zum Teil auch erschreckend schwachen Minuten aber entpuppte sich die Partie gegen die Skandinavier wie das unvermeidliche Paar Socken, das hübsch verpackt unterm Weihnachtsbaum liegt. Aber eben doch nur ein Paar Socken ist.

Viele im Stadion ließ das peinliche 0:1 gegen einen allenfalls zweitklassigen Gegner, der noch dazu auf ein halbes Dutzend seiner Stammspieler verzichten musste, konfus zurück. Das 1:2 gegen England sollte nach der Winterpause endlich seine Wiedergutmachung erfahren.

Das Gegenteil war leider der Fall. Rudi Völler würde vermutlich von einem noch tieferen Tiefpunkt reden, für alle anderen Interessierten war es schlicht eines der schlechtesten Länderspiele seit langer Zeit.

Gellendes Pfeifkonzert nach Spielschluss

Und es war ein Novum in der Ära von Joachim Löw als Bundestrainer. Einem schlechten Spiel - und davon gab es nicht zu viele - folgte bisher immer wieder ein überzeugender Auftritt. Diesmal unterbot die Mannschaft ihre fragwürdige Leistung von Berlin noch um Längen.

Man muss lang zurückdenken, um sich an bitter enttäuschte und erboste deutsche Fans zu erinnern, die die Mannschaft nach dem Schlusspfiff mit einem gellenden Pfeifkonzert unter die Dusche verabschiedeten. Die unüberhörbaren "Aufhören"-Rufe muss es zuletzt bei Erich Ribbeck gegeben haben.

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"Die Zuschauer haben zurecht gepfiffen, wir haben wirklich sehr schlecht gespielt", sagte Torsten Frings nach dem Spiel. Frings war einer derjenigen, an dem sich Volkes Zorn entlud. Der Bremer hatte zuletzt nicht durch Leistung auf dem Platz, sondern als Verbalakrobat überzeugt.

Frings überzeugt nicht

Da traf es sich eigentlich prima, dass ihm der Bundestrainer zum ersten Mal seit einem halben Jahr wieder von Beginn an das Vertrauen schenkte. Und Frings seine Chance fulminant vergab.

Als Kopie der anstehenden Gegner in der WM-Qualifikation Liechtenstein und Wales hatte Löw die Norweger auserkoren. Das Spiel sollte ein Testlauf werden, ein lockerer Aufgalopp.

Vor der Partie hatte Norwegens Ex-Internationaler Jan Age Fjörtoft noch gemutmaßt, ein 1:0 wäre ein schlechtes Ergebnis für Deutschland. Allerdings meinte er damit einen deutschen Sieg.

Schweinsteiger beschwichtigt

Man könnte jetzt ob der Liechtensteiner und Waliser schon ein bisschen Panik bekommen, immerhin sind die Norweger beiden Nationen gleich und der Spielverlauf gibt auch wenig Anlass zur Beruhigung. Dafür aber Bastian Schweinsteiger.

"Man sollte nicht vergessen, dass es nur ein Testspiel war und das Ergebnis nicht überbewerten. Man hat wieder deutlich gesehen, wie schwierig es ist, gegen eine Mannschaft zu spielen, die tief steht und eigentlich die ganze Zeit nur auf Fehler lauert."

Man mag Schweinsteiger gar nicht widersprechen, und trotzdem ruft die Tatsache, dass eben genau gegen das Liechtenstein- und Wales-Plagiat aus Skandinavien so gut wie keine Torchancen herausgespielt wurden, nicht unbedingt ein wohlig-warmes Gefühl in der Magengegend hervor.

Löw ist nun gefragt

Bis auf die sehr gute erste Halbzeit gegen Russland im Oktober hat die DFB-Elf seit der EM nicht mehr überzeugt. Nach dem Höhepunkt im Jahr 2008 scheint irgendwie die Luft raus - auch wenn Löw nicht müde wird, den Konkurrenzkampf immer wieder auszuloben.

Das eine große Ziel, 2008 war es die Europameisterschaft, gibt es 2009 nicht. Die Qualifikation zur WM in Südafrika erscheint trotz des minimalen Vorsprungs auf Russland längst beschlossene Sache. Im Notfall auch über die beiden Playoff-Spiele im November.

Geht es nach dem Bundestrainer, dann wird das Norwegen-Spiel zum Wachrüttler. "Trotz der Niederlage haben wir wichtige Erkenntnisse gewonnen und werden unsere Schlüsse daraus ziehen. Wir werden einiges aufarbeiten und dann in den nächsten Spielen wieder anders auftreten", sagte Löw.

Der Bundestrainer ist jetzt gefragt. Die Fehler müssen schonungslos aufgezeigt und wenn nötig auch personelle Konsequenzen gezogen werden.

Sein Verteidiger Heiko Westermann lebte die richtige Einstellung bereits kurz nach dem Spiel vor. "Wir sind für die nächsten Spiele gewarnt", sagte der Schalker. Am 28. März wartet Liechtenstein.

Deutschland - Norwegen: Daten und Fakten zum Spiel