Zum Leben genug

Die Borussia verkaufte sich gegen die Alte Dame ordentlich
© getty

Borussia Mönchengladbach verabschiedet sich erhobenen Hauptes aus der Champions League und legt den wichtigen Grundstein für ein Endspiel um die Überwinterung in Europa. Gleichzeitig müssen sich die Fohlen aber eingestehen, nicht nur an der schweren Gruppe gescheitert zu sein.

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Mit gemischten Gefühlen traten die Gladbach-Spieler nach dem 1:1 vor die Mikrofone und Aufnahmegeräte der Journalisten. Natürlich sei man stolz, erneut nicht gegen Juventus verloren zu haben und sogar die bessere Mannschaft gewesen zu sein. Die Enttäuschung über das Remis und das damit verbundene frühzeitige Champions-League-Aus überwog aber so kurz nach dem Spiel.

"Ich bin ein bisschen enttäuscht und ein bisschen glücklich", formulierte Granit Xhaka seine Gemütslage und ergänzte: "Juventus ist ja keine Fünftliga-Truppe. Wir waren die bessere Mannschaft gegen ein Weltklasse-Team und nah dran am Sieg." Auch Alvaro Dominguez sprach von einer "starken Leistungen, die mit etwas mehr Glück für drei Punkte gereicht hätte."

"Sind nicht weit entfernt"

Gladbach hatte Juventus in der Tat am Rande einer Niederlage, einzig Gianluigi Buffon und die Latte verhinderten den Erfolg der Fohlen. Nach den guten Auftritten im Heimspiel gegen Manchester City und in Turin bewies die Borussia erneut, auf höchstem Level durchaus mithalten zu können. "Die letzten Spiele haben gezeigt, dass wir nicht weit von diesen Mannschaften entfernt sind", erkannte auch Dominguez, der das Einsteigen Hernanes' nach dem Spiel als "klare Rote Karte" einstufte.

Was Mönchengladbach darüber hinaus Mut machen kann, ist die erkennbare Steigerung in der Königsklasse, auch im Vergleich zum Gastauftritt in Italien. Schubert kündigte an, seine Mannschaft mutiger spielen zu lassen - und diese setzte seine Vorgaben um. Wurde in Turin noch zumeist der Sicherheitspass gewählt und nur vorsichtig nachgerückt, spielten die Fohlen vor heimischen Publikum wesentlich öfter den Risiko-Pass und schwärmten nach Balleroberungen zahlreich aus.

Wie in der Liga

In den ersten 30 Minuten ähnelte das Spiel sehr den letzten Liga-Partien, in denen der VfL dominant und spielstark auftrat. "Wir wollten das Selbstvertrauen aus der Bundesliga mit in die Champions League nehmen - und das ist uns auch gelungen", beschrieb Yann Sommer das Spiel. "Defensiv kann man das gegen ein Team wie Juventus über 180 Minuten nicht viel besser machen."

Bei allem Lob über die starke Leistung muss man aber ebenso konstatieren, nach drei Spielen, in denen man zweimal das überlegene Team und einmal gleichwertig war, letztlich mit nur zwei Punkten dazustehen.

Spiele, die Gladbach mit etwas mehr Glück in der Tat hätte gewinnen können. Gegen die Citizens hätten dem VfL zwei Elfmeter zugesprochen werden können, gegen Turin rettete zweimal die Latte für den geschlagenen Buffon.

Die Serien-Erkenntnis

Genauso hätten die Fohlen diese Partien aber auch aus eigener Kraft entscheiden können, unabhängig von Schiedsrichterentscheidungen oder Fortuna. In den entscheidenden Situationen fehlte Gladbach aber zu oft die Kaltschnäuzigkeit, den Treffer zum richtigen Zeitpunkt zu erzielen, und die Erfahrung, wann man das Spiel zu kontrollieren hat.

Mannschaften wie Juventus Turin oder Manchester City besitzen die Fähigkeiten dank Ihrer seit Jahren konstanten Teilnahmen an internationalen Wettbewerben oder, wie bei City ihrer individuellen Stärke. Im Gladbacher Kader verfügten nur eine Handvoll Spieler überhaupt über Champions-League-Erfahrung. "Wir waren zeitweise zu überhastet", erfasste auch Fabian Johnson, der Torschütze zur 1:0-Führung.

Eine Erkenntnis, mit der die Borussia nicht zum ersten Mal konfrontiert wird. Sei es bei der verpassten CL-Qualifikation gegen Dynamo Kiew 2012 oder bei den Europa-League-Pleiten gegen Lazio und Sevilla, die in den vergangenen beiden Jahren zum Ausscheiden führten. Oft verlässt nicht die bessere Mannschaft den Platz als Sieger, sondern die abgezocktere.

Wird das Remis noch Gold wert?

"Juventus hat das nach der Roten Karte clever gemacht, auf ein 5-3-1 umgestellt und uns die Räume komplett dicht gemacht", erkannte Xhaka, der wie Flügelstürmer Traore lieber weiter gegen elf Mann gespielt hätte: "Dann hätte Turin auch weiter auf Sieg gespielt und wir mehr Platz gehabt. So war es ganz schwer eine Lücke zu finden."

Was inmitten der Spielanalysen zunächst ein wenig unterging, war der tatsächliche Wert des Punkts gegen Turin, den man keinesfalls als zum Leben zu viel, zum Sterben zu wenig beurteilen kann. Bei einem vorausgesetzten Heimsieg gegen Sevilla, der nicht höher als das 3:0 aus dem Hinspiel ausfällt, hätte den Spaniern am letzten Spieltag trotzdem ein Punkt gegen Juventus gereicht, um sicher in die Europa League einzuziehen. Jetzt bräuchte der Titelverteidiger schon einen Sieg. Für das schon vor der Gruppenphase ausgerufene Ziel Platz drei ist der Punkt deshalb enorm wichtig und genug.

Gladbach - Juventus Turin: Die Statistik zum Spiel