"Tragödie" mit Ansage

Raus aus der Königsklasse: Bayer Leverkusen
© getty

Bayer Leverkusen hat es gegen eine bessere B-Elf des FC Barcelona selbst in der Hand, schafft es aber nicht, den entscheidenden Treffer zu erzielen und verpasst den Einzug ins Achtelfinale der Champions League. Dabei leisten die Konkurrenten Schützenhilfe. Doch die Probleme, die die Werkself schon die ganze Saison hat, brechen dem Team von Roger Schmidt letztlich das Genick.

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Kein Neymar, kein Suarez, kein Iniesta, kein Pique, kein Busquets. Stattdessen waren beim FC Barcelona auf dem Spielberichtsbogen Namen wie Wilfrid Kaptoum und Sergi Samper zu lesen. Als Roger Schmidt nach dem Spiel auf den Altersdurchschnitt von Barca angesprochen wurde, reagierte Leverkusens Trainer dünnhäutig.

"Wir sind eine junge Mannschaft, vielleicht die jüngste in der ganzen Champions-League-Saison", resümierte der Bayer-Coach nach Spielende. Als Sky-Reporter Jan Henkel dann anmerkte, dass die Katalanen heute ja auch eine sehr junge Truppe hätte, schaute Schmidt seinen Gegenüber nur böse an und drohte damit, das Interview abzubrechen. Zuvor sprach Schmidt von einem "Drama" und man sei "fassungslos und enttäuscht".

Die Frustration war riesengroß in der BayArena, auch für Rudi Völler war das Verpassen des Achtelfinals der Königsklasse eine "große Enttäuschung". Wenn man gegen Barcelona ein Torschussverhältnis von 26:6 hat und dennoch nicht als Sieger vom Platz geht, ist es absolut nachvollziehbar, dass die Verantwortlichen derart reagieren.

"Vielleicht auch mal dran glauben"

Vor allem wenn die Konkurrenten auch noch mitspielen. "Dass gleichzeitig Rom gegen Borisov nicht gewinnt, macht es zur Tragödie. Wir hatten genügend Chancen, haben diese aber leider nicht genutzt", sagte Schmidt. Völler blies ins selbe Horn: "Wir haben uns viele Chancen erarbeitet, aber wir brauchen in dieser Saison einfach zu viele Möglichkeiten, um zum Torerfolg zu kommen. Irgendwann muss man vielleicht auch einfach mal dran glauben."

Da die Gäste aus Barcelona bereits sicher für die Runde der letzten 16 als Gruppenerster qualifiziert waren, schickte Luis Enrique eine bessere B-Elf aufs Feld - und das war dem Spiel des Titelverteidigers auch anzusehen. Im Mittelfeld hatte Barca mit Kaptoum und Samper nicht die gewohnte Dominanz. Nur einmal war Bayer im Zentrum nicht auf der Höhe und schon klingelte es.

In der 20. Minute kassierte Leverkusen aus einem eigenen Eckball heraus das 0:1, weil Ivan Rakitic im Zentrum nicht entscheidend gestört wurde und so Lionel Messi bedienen konnte, der sein drittes Saisontor schoss.

Zwar ließ sich Leverkusen davon nicht schocken und kam nur drei Minuten später durch Javier Hernandez zum Ausgleich und stellte somit alles wieder auf Null. Doch in den folgenden 60 Minuten brachte es Bayer nicht fertig, den Ball im katalanischen Kasten unterzubringen.

"Kein schöner Trost"

"Es ist bitter, ein Tor hätte gereicht. Die Europa League ist im Moment kein schöner Trost", sagte Kevin Kampl und auch Christoph Kramer war traurig: "Wir waren ganz nah dran am Achtelfinale, da ist die Enttäuschung schon groß. Mit ein bisschen Abstand können wir aber sagen, dass wir uns teuer verkauft haben".

Teuer? Aber nicht teuer genug. Der Wille war da, doch das Quäntchen Glück und die entscheidende Klasse und Überzeugung fehlte letztlich. Egal was Bayer versuchte, der erlösende Treffer wollte einfach nicht fallen. Entweder scheiterte Karim Bellarabi am starken Marc-Andre ter Stegen oder am Egoismus, was den Zorn von Sturmpartner Chicharito nach sich zog.

"Typisch Leverkusen" möchte man nach diesem Spiel schon fast sagen. Generell lief die ganze Gruppenphase der Werkself unter diesem Motto. Den starken ersten Auftritten zu Beginn mit dem verdienten Erfolg gegen Borisov und der knappen Niederlage in Barcelona, folgten die vogelwilden Partien gegen die Roma, dem ärgsten Konkurrenten um Platz zwei.

Im Hinspiel in der BayArena holte man in einem verrückten Spiel in der Schlussphase einen Zwei-Tore-Rückstand auf und kam beim 4:4 immerhin noch zu einem Punktgewinn, der durchaus Gold hätte wert sein können. In Rom holte man nach ganz schwacher erster Hälfte kurz nach der Pause ebenfalls eine Zwei-Tore-Führung auf, nur um dann am Ende doch als Verlierer vom Platz zu gehen.

Außer Chicharito trifft niemand

Doch das wäre gar nicht so schlimm gewesen, hätte Bayer in den folgenden Wochen nicht verlernt, Tore zu schießen. Sowohl in der Liga, auch in Europa ging vor dem gegnerischen Kasten kaum noch etwas. Lediglich Chicharito beweist seit Wochen, dass er weiß, wo das Tor steht. Letztlich aber ist das wohl auch zu wenig, um unter die besten 16 Teams in Europa kommen.

So lag man in Borisov früh zurück und musste sich am Ende mit dem 1:1 begnügen, auch weil die Torchancen im zweiten Durchgang nicht genutzt wurden. Und so hatte man gegen Barcelona das Endspiel, in dem man letztlich abermals am eigenen Unvermögen scheiterte. Somit bleibt Bayer nur noch der Trostpreis Europa League.

Dass es nicht an der Einstellung und am Engagement lag, dass Leverkusen nicht im CL-Achtelfinale steht, sondern sich nun in der Europa League beweisen muss, wird keiner bestreiten wollen. Immerhin konnte Kampl der Leistung gegen Barca letztlich doch etwas Positives abgewinnen: "So können wir da auf jeden Fall was reißen."

Und was sagte Roger Schmidt zum Thema Europa League? Nach seinem kleinen Disput mit dem Reporter formulierte er einen Satz, den jeder für sich einordnen sollte. Angesprochen auf die Bedeutung der verpassten Chance sagte Schmidt: "Es wird mein ganzes Leben in meinem Gedächtnis bleiben, dass wir heute nicht gewonnen haben."

Bayer Leverkusen - FC Barcelona: Die Statistik zum Spiel

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