Crunchtime erneut verschoben

Thomas Müller (l.) schnürte gegen Schachtjor Donezk einen Doppelpack
© getty

Der FC Bayern München überzeugt in der Champions League gegen Schachtjor Donezk, das als "erstes Finale" deklarierte Duell liefert aber wenig Aussagekraft über die wahre Stärke der Mannschaft. Auf Trainer Pep Guardiola wartet ein aufregendes Projekt.

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Pep Guardiola hatte es sehr eilig. Medienchef Markus Hörwick hatte noch nicht mal mit seiner Abmoderation begonnen, da sprintete der Trainer des FC Bayern bereits zum Hinterausgang des Pressesaals, seinen engen Vertrauten Manuel Estiarte im Schlepptau.

Es lief noch ein wichtiges Fußballspiel und Guardiola wollte zumindest die letzten drei, vier Minuten zwischen dem FC Chelsea und Paris Saint Germain erleben; immerhin fielen da zwei mögliche Viertelfinal-Kontrahenten der Münchner übereinander her und so eine Verlängerung kann einem Trainer durchaus wichtige Erkenntnisse liefern über das Verhalten der Spieler in der Crunchtime.

Rummenigge schämt sich

Er hätte sich aber schon deutlich früher und entsprechend intensiver der Gegneranalyse widmen können, genauer gesagt ab 20.49 Uhr. Denn da war das Achtelfinal-Rückspiel seiner Mannschaft gegen Donezk bereits entschieden. Rote Karte, Elfmeter, 1:0, elf gegen zehn für die restlichen 86 Minuten - das von Sportvorstand Matthias Sammer als "erstes Finale der Saison" deklarierte Duell mit dem ukrainischen Meister wurde durch das Foul von Olexandr Kucher an Mario Götze zum Spaziergang.

"Die Szene in der 4. Minute hat uns sicherlich nicht geschadet", sagte Doppeltorschütze Thomas Müller vornehm zurückhaltend.

Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge waren die Umstände des schnellen 1:0 nahezu peinlich: "Nach drei Minuten in Führung zu gehen, mit dem Elfmeter und der Roten Karte - das ist das leidige Thema der Dreifach-Belastung. Uns hat es geholfen. Bei uns ist keiner dafür, in ganz Deutschland und generell in Europa nicht. Es ist eine Diskussion, die wir leider immer wieder führen müssen und ich hoffe, dass da bei der FIFA bald ein Umdenken stattfindet."

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Boateng als Flügelstürmer

So konnten sich die Bayern früh dem Ballast entledigen und ihre Überzahl in der Folge besonnen ausspielen, wenngleich es bis zum 2:0 von Jerome Boateng etwas an Beharrlichkeit im Abschluss mangelte.

Boateng traf nicht nur aus dem Spiel heraus, sondern bereitete auch das 7:0 durch Götze mit einem Sprint über die rechte Außenbahn vor. Ein Innenverteidiger als Flügelstürmer - klares Indiz für ein nicht alltägliches Spiel.

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Die Bayern müssen sich aber keineswegs für die Umstände rechtfertigen und eine Sieben-Tore-Gala in einem K.o.-Spiel der Champions League ist ebenso wenig alltäglich, unabhängig von der Konstellation ihres Zustandekommens.

"Wir haben das Spiel total dominiert und guten Fußball gespielt. Wir standen unter Druck, aber meine Spieler haben wie so oft in den vergangenen Jahren wieder gezeigt, dass sie da sind, wenn es darauf ankommt", sagte Guardiola.

FC Bayern kein Glückslos

Ein bisschen mehr Gegenwehr und ein bisschen mehr benötigter Aufwand wäre dem FC Bayern jedoch sicher recht gewesen zum Start in die entscheidenden Wochen der Saison. Das Donzek-Spiel liefert wie die letzten Bundesligaspiele wenig Aufschluss über die wahre Stärke der Mannschaft, die nur in Duellen mit Gegnern auf Augenhöhe herauszufiltern ist.

Fürs Selbstvertrauen tun solche einfachen Siege mit jeder Menge Toren gut und die Konkurrenz verschließt auch nicht die Augen. "Ich glaube nicht, dass wir von jemandem das Glückslos wären", unkte Rummenigge.

Mitte April wird innerhalb von acht Tagen das Viertelfinale ausgetragen und der FC Bayern dürfte dann um ein Vielfaches mehr gefordert werden als im Rückspiel gegen Schachtjor Donezk.

Lazarett lichtet sich

Umso wichtiger nicht nur für Rummenigge, dass sich das prominent besetzte Krankenlager mehr und mehr ausdünnt. Am Mittwoch stand Kapitän Philipp Lahm erstmals seit 123 Tagen wieder im Kader und in Kürze werden voraussichtlich zwei weitere wichtige Säulen im Bayern-Spiel nachziehen.

"Es sieht sehr gut aus bei den Verletzten, auch bei Thiago und Javi Martinez", sagte Rummenigge. "Der Gegner wird besser und daher brauchen wir die beste Qualität auf dem Platz. Das wird beim einen oder anderen zu Unzufriedenheit führen, wenn er nicht von Anfang an dabei ist. Aber das ist ein Luxusproblem, mit dem wir ganz gut umgehen können."

Lösen muss dieses Problem Pep Guardiola. Die Integration von lange verletzten Schlüsselspielern in der heißen Phase der Saison ist ein aufregendes, aber auch schwieriges Projekt. Dafür hat der Trainer etwa drei Wochen Zeit. Dann ist endlich Crunchtime für den FC Bayern.

FC Bayern München - Schachtjor Donezk: Die Statistik zum Spiel