Deja-vu der hässlichen Sorte

Von Daniel Reimann
Stefan Kießling erwischten gegen Monaco einen unglücklichen Start in die CL-Saison
© getty

Bayer Leverkusen hadert auch beim 0:1 in Monaco mit der Chancenverwertung - und dann setzt noch das alte CL-Phlegma ein. Bayer braucht den Lerneffekt, der nach dem Bremen-Spiel ausblieb.

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Als Gonzalo Castro in der 14. Minute den ersten guten Torschuss einen Meter neben den gegnerischen Kasten setzte, ahnte man noch nichts Böses. Auch nicht, als Hakan Calhanoglu kurz später aus spitzem Winkel nur das Außennetz traf. In beiden Szenen war der Abschluss nicht ganz einfach.

Doch spätestens, als Karim Bellarabi in der 35. Minute frei auf Danijel Subasic zulief, zum Schuss ansetzte und nur eine schäbige Mischung aus Lupfer, Schlenzer und Querpass produzierte, schoss es einem in den Kopf: Freitag, Bremen, Chancenverwertung!

Nur wenige Sekunden später wurde Heung-Min Son im Sechzehner freigespielt, und auch er manövrierte die Kugel kläglich am Kasten vorbei. Leverkusen machte in der ersten Hälfte da weiter, wo es am Freitag in Durchgang eins aufgehört hatte: Die Werkself verschenkte Chancen am Fließband.

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"Noch schlimmer als in Bremen"

Dass Bayer diesmal nicht um weniger Zentimeter am Aluminium, sondern oft um einige Meter am eigenen Unvermögen scheiterte, dürfte nur ein geringer Trost sein. Die Offensivfrakion bescherte Trainer Roger Schmidt ein ganz übles Deja-Vu-Erlebnis.

"Heute war es noch schlimmer als in Bremen", konstatierte Schmidt bedröppelt und suchte nach lobenden Worten für eine dominante Vorstellung in der ersten Halbzeit: "Die Mannschaft hat das hervorragend gemacht, sie hat sicher gestanden und nichts zugelassen. Vorne haben wir uns sieben, acht Chancen erspielt. Aber wir haben keine verwertet."

Seine Elf hat erneut einen Gegner nach kurzer Eingewöhnungsphase klar dominiert, doch sie vergaß das Toreschießen. "Es gehört auch zum Fußball dazu, den Ball mal ins Tor zu schießen", meinte Schmidt süffisant. Stattdessen ließ Bayer einen unterlegenen Gegner einmal mehr am Leben.

Aus Dominanz wird Mutlosigkeit

Doch während die Dominanz in der ersten Hälfte Hoffnung machte, weckten Lethargie und Mutlosigkeit im zweiten Durchgang Erinnerungen an die vergangenen Saisons. Nur allzu oft wirkte Bayer in der Königsklasse mut- und ideenlos im Angriff. Es schien, als wäre in der Pause das alte Champions-League-Phlegma von Bayer Leverkusen wiederbelebt worden.

Die einzige echte Torchance nach der Pause blieb ein uninspirierter Fernschuss von Calhanoglu in der 80. Minute, dessen Leistungsabfall symbolisch für die Bayer-Vorstellung war.

In den ersten 45 Minuten war an nahezu jeder Offensivaktion der Werkself beteiligt, belebte das Bayer-Spiel mit genialen Pässen und tollen Ideen. Nach Wiederanpfiff tauchte er, wie auch seine Nebenmänner, über weite Strecken ab.

Konditionelle Schwächen in Halbzeit zwei

Die Bayer-Elf wirkte im zweiten Durchgang zeitweise wie blockiert. Doch die Probleme waren wohl nicht bloß psychischer Natur. Einige Spieler wirkten auch konditionell platt, das laufintensive Pressing von Schmidt konnte nicht über 90 Minuten aufrechterhalten werden. Explosive Antritte wie noch in der ersten Hälfte wurden seltener, es fehlte die Spritzigkeit.

An dieser Stelle offenbart sich ein weiteres Problem für Schmidt: Bayer fehlt es an Leistungsdichte im Kader. Diese ist gerade in den englischen Wochen von elementarer Bedeutung, wenn Trainer zur Rotation gezwungen sind. Eine Problematik, die vorhersehbar schien.

Karim Bellarabi spielte beispielsweise durch, obwohl von ihm kaum Impulse ausgingen und er in der zweiten Halbzeit komplett abtauchte. Doch offenbar traute Schmidt es keinem seiner Ersatzleute zu, es besser zu machen. Auch der für Lars Bender eingewechselte Josip Drmic blieb unauffällig.

Bei Bayer lassen sich Kreativköpfe nicht so effektiv ersetzen wie anderswo, beispielsweise in Dortmund, das auch ohne die verletzten Marco Reus und Kuba gegen Arsenal dominanten Offensivfußball zelebrierte. Über 90 Minuten, inklusive Toren, versteht sich.

Der Lerneffekt blieb aus

Bayer hingegen ließ auch Monaco am Leben. Und so witterten die Monegassen nach der Pause ihre Chance. "Die Ausgangssituation ist für den Gegner günstiger, wenn es zur Pause noch 0:0 steht", analysierte Schmidt.

Zu allem Übel zeigte sich der Gastgeber gnadenlos effizient. Aus einer Torschussbilanz von 4:13 schnürten die Franzosen ein 1:0 - Schmidt war bedient: "Der Gegner hat einen Angriff gut zu Ende gespielt, seine erste Torchance genutzt. Von da an war es für uns ein schwieriges Spiel."

So blieb am Ende nach dem 3:3 von Bremen der nächste unnötige Punktverlust, der angesichts der zahlreichen Parallelen zum Bremen-Spiel eine ganz ärgerliche Note bekam. "Wir müssen das Spiel verarbeiten und daraus lernen", forderte Bellarabi. Hätte man das schon nach dem Bremen-Spiel beherzigt, wäre Bayer dieses hässliche Deja-Vu womöglich erspart geblieben.

AS Monaco - Bayer Leverkusen: Die Statistik zum Spiel

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