Kaum Ansätze für BVB-Fußball

Von Daniel Reimann
Der BVB lag in Madrid bereits nach drei Minuten mit 0:1 zurück
© getty

Bei der 0:3-Niederlage bei Real Madrid krankte das Spiel von Borussia Dortmund oft schon im Ursprung. Jürgen Klopps Spielidee kam nur kurz zur Geltung und selbst dann haperte es. Nur weil Real zeitweise fahrlässig agierte, bleibt dem BVB ein winziger Rest Hoffnung.

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Elf Spieler reckten die Arme in die Höhe oder klatschten sich glücklich ab. Zehn sackten enttäuscht zusammen oder trotteten müde gen Katakomben. Nur einer hatte es ganz eilig. Mats Hummels wollte nur noch weg. Zielstrebig stapfte er Richtung Kabine, noch kurzer Handshake mit Jürgen Klopp, der Rest war eine Mischung aus wütendem Abwinken und Schimpf-Monolog. Dann verschwand er im Spielertunnel.

Wenige Minuten später nochmal ein ähnlicher Auftritt. Als viele Journalisten noch nicht einmal den Weg in die Mixed Zone angetreten hatten, marschierte Hummels dort bereits mit der gleichen Zielstrebigkeit hindurch. Vorbei an der Presse, stumm und mit versteinerter Miene. Dann verschwand er im Bus.

Vielleicht war sein Schweigen eine Selbstschutz-Maßnahme, um bloß nicht im Moment der Wut und der Emotionen trotz aller Souveränität etwas Falsches zu formulieren.

Hummels war Dortmunds bester Feldspieler und der einzige Verteidiger, der nicht durch unmittelbares individuelles Fehlverhalten ein Gegentor begünstigt hatte.

Verhängnisvolle Unsicherheit

Neben Hummels erreichte an jenem Abend nur Roman Weidenfeller Champions-League-Niveau. Der Torhüter wirkte trotz aller Enttäuschung besonnen und analysierte die Partie nüchtern: "Wir haben die Anfangsphase verschlafen. Da haben wir es Real Madrid zu leicht gemacht. Wir sind nicht selbstbewusst genug aufgetreten."

Das fehlende Selbstbewusstsein war wohl einer der Gründe für die Mängel im BVB-Spiel. Zu viel Sicherheitsabstand hielten die Defensivspieler zu ihren Gegnern. Das frühe 0:1 war hierfür ein Paradebeispiel. "Da haben wir die Räume in der Defensive viel zu offen gelassen", bemängelte Trainer Jürgen Klopp.

Auch bei eigenem Ballbesitz wurde die Unsicherheit der Borussia deutlich, insbesondere bei den Ballverlusten von Henrikh Mkhitaryan vor dem 0:1 oder Lukasz Piszczek vor dem 0:3. Derart gravierende individuelle Fehler im Aufbauspiel darf man sich in einem Champions-League-Viertelfinale nicht erlauben. Erst recht nicht, wenn das eigene Angriffsspiel sie nicht kompensieren kann.

Fehlende Präzision im Umschaltspiel

Dabei spielte das Fehlen von Robert Lewandowski gewiss eine Rolle, da dieser gemäß den Erwartungen "nicht zu ersetzen" war (Marco Reus). Doch Dortmunds Offensivspiel hatte noch ganz andere Mängel.

"Entweder der letzte Pass war nicht gut genug, oder ein Bein kommt im letzten Moment noch dazwischen", ärgerte sich Klopp. Die mangelnde Präzision im Passspiel war dem BVB-Trainer ein Dorn im Auge. Denn darin lag der Hauptgrund, weshalb im Ansatz oft vielversprechende Konterchancen schnell wieder verpufften.

Nur 72,6 Prozent aller Pässe brachte die Borussia in der gegnerischen Hälfte an den Mann. Bei Madrid waren es immerhin 80 Prozent. Auch wenn die Abstimmung der Laufwege aufgrund der vielen Umstellungen in den letzten Wochen nicht optimal funktionieren konnte, so waren die zahlreichen Fehlpässe und Missverständnisse doch erstaunlich.

Ein kurzes Aufblitzen von BVB-Fußball

Die hohe Fehlerquote in der Defensive und das stockende Umschaltspiel machten es unmöglich für Dortmund, den gewünschten BVB-Fußball umzusetzen. "Wir haben unseren Plan nicht durchgezogen, das muss man ganz klar sagen", konstatierte Nuri Sahin an alter Wirkungsstätte.

Lediglich in der Phase nach Wiederanpfiff ließ die Borussia ihre Tugenden aufblitzen und zeigte so ihre eigentliche Stärke. Doch dann haperte es am Abschluss.

"Ich weiß nicht, wann Real das letzte Mal so viele Konterchancen zugelassen hat. Wir hatten Konterchancen en masse. Da müssen wir klar im Kopf bleiben und dann machen wir mindestens ein Tor", ärgerte sich Sahin.

Und Klopp war sich sicher: "Sollten wir nächste Woche ausscheiden, waren heute einige Offensivaktionen dran schuld."

"Ein Funke Hoffnung besteht immer"

Tatsächlich gab es einige Chancen auf das so wichtige Auswärtstor, das den Traum vom Halbfinale zumindest am Leben erhalten hätte. Doch bei allem verständlichen Ärger über die eigene Chancenverwertung unterschlugen viele Dortmunder, dass Real Madrid im zweiten Durchgang eine ähnliche Fahrlässigkeit an den Tag legte.

Die Königlichen hatten genug Torchancen, um Dortmund jeglichen Hauch von Hoffnung für das Rückspiel zu nehmen. Doch gerade in der Schlussphase des Spiels verliefen sich Ronaldo, Bale und Benzema in egoistischen Abschlüssen, als einen oftmals besser postierten Mitspieler in Szene zu setzen.

So bleibt zumindest ein winziger Strohhalm für Dortmund, an den sich auch Jürgen Klopp nach dem Spiel demonstrativ klammerte: "Ein Funke Hoffnung besteht immer", sagte der BVB-Coach. Und dann verschwand auch er.

Real Madrid - Borussia Dortmund: Daten zum Spiel

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