Chelseas Geld schießt keine Tore mehr

SID
Nach der 1:3-Niederlage schlichen Frank Lampard (r.) und Gary Cahill bedröppelt vom Platz
© Getty

Wenn eine Pose den Zustand eines Fußballteams beschreiben kann, dann wurde der FC Chelsea am Dienstagabend ideal verkörpert durch Ashley Cole. Er taumelte im Estadio San Paolo zu Neapel in der 82. Minute rückwärts auf der eigenen Torlinie, brachte mit letzter Kraft die Beine zusammen und verhinderte so das 1:4, das womöglich schon den endgültigen Champions-League-K.o bedeutet hätte. Chelsea verlor so nur 1:3 (1:2), ein Ergebnis, das den Spielern von Andre Villas-Boas noch schmeichelte.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Es gehört zu den kleinen Ungerechtigkeiten der Sportwelt, dass die fulminant stürmenden Neapolitaner in drei Wochen noch ein Rückspiel an der Londoner Stamford Bridge zu überstehen haben. Man würde sie nach ihrer energischen, die 52.495 Fans schlichtweg begeisternden Leistung direkt ins Viertelfinale befördern wollen.

Nur zwei Fehler hatten die Italiener begangen: Sie hatten dem Gast aus England die Führung geschenkt, gnädiger-, vielleicht fatalerweise - ein grotesker Aussetzer der Defensive. Und sie hatten kein viertes Tor erzielt.

"Ein paar Dinge müssen besser werden"

Es hätte nicht viel gefehlt, und den FC Chelsea hätte das gleiche italienische Schicksal erreicht wie den FC Arsenal vor einer Woche beim 0:4 in Mailand. So konfus präsentierte sich der englische Vizemeister. Weil aber Cole erfolgreich abwehrte, konnte Trainer Villas-Boas sagen: "Es ist nicht unmöglich, ein 3:1 umzudrehen."

Der Portugiese, den viele aus dem Chelsea-Umfeld lieber heute als morgen zum Ex-Trainer machen würden, sagte dann noch: "Ein paar Dinge müssen besser werden." Das mochte man unterschreiben, jedoch nicht ohne zuvor "ein paar" durch "so ziemlich alle" zu ersetzen.

Sein Gegenüber, Neapels Trainer Walter Mazzarri, wusste derweil, worüber er sich zu ärgern hatte, nämlich das verpasste vierte Tor: "Es ist schade, weil wir mit einem Drei-Tore-Vorsprung ruhiger wären. Wir brauchen eine großartige Leistung in London."

Nach allem, was man so über Chelsea erfahren konnte zuletzt, musste die Vorstellung von Neapel nur folgerichtig wirken: ein Kapitän John Terry, dem rassistische Beleidigungen vorgeworfen werden und deswegen der Prozess gemacht wird, und ein Team, das in der Liga seit Mitte Januar nicht mehr gewinnen konnte und folglich als aktueller fünfter hinter das Minimalziel zurückfiel.

Tiefpunkt der Ära Abramowitsch

Zusammen ergibt sich ein unrühmlicher Tiefpunkt der Ära Roman Abramowitsch: Hunderte Millionen Euro hat der russische Oligarch in den vergangenen Jahren in den Klub gepumpt, jetzt könnte er langsam den Spaß an seinem Spielzeug verlieren.

England, vor nicht allzu langer Zeit das Maß aller Fußballdinge, befindet sich derweil vor einem historischen Tiefpunkt: Die beiden Klubs aus Manchester wurden bereits nach der Gruppenphase in die Europa League strafversetzt. Arsenal ist so gut wie ausgeschieden und Chelsea mit mindestens einem halben Bein draußen.

In diesem Jahr könnte keine einzige englische Mannschaft unter den besten Acht Europas sein. Das gab es zuletzt 1996. Beim FC Chelsea, der die Premier League auf Platz elf abschloss, spielte damals noch ein gewisser Ruud Gullit. Ja, so lange ist das her.

Neapel - Chelsea: Fakten zum Spiel

Artikel und Videos zum Thema