Probleme löst der Chef persönlich

Von Für SPOX in der Allianz Arena: Florian Bogner / Max-Jacob Ost
Der FC Bayern München feiert den 2:0-Sieg gegen Manchester City
© Getty

Der FC Bayern München legt beim 2:0-Sieg gegen Manchester City die erste echte Reifeprüfung der Saison ab, weil er dabei flexibel auf ein Problem reagiert. Während die Engländer nach außen kein gutes Bild abgeben, droht auch dem FCB ein Diven-Fall.

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Es gibt Spiele, die haben so etwas, wie einen heimlichen Knackpunkt. Beim Spiel Bayern München gegen Manchester City war das vielleicht eine Szene in der ersten Halbzeit, die weit weniger Beachtung fand als drei strittige Elfmeterszenen, die beiden Bayern-Tore durch Mario Gomez (38./45.+1) oder das flegelhafte Benehmen von Edin Dzeko, Carlos Tevez oder Arjen Robben.

Es war vielleicht eine an und für sich banale Spielsituation in der 28. Minute, in der Bastian Schweinsteiger kurz vor dem eigenen Sechzehner beim Spielaufbau einen kapitalen Fehlpass spielte, weil ihn Yaya Toure - wohlgemerkt ein "defensiver" Mittelfeldspieler - tief in des Gegners Hälfte unter Druck setzte.

Das Spiel war vom FCB im Vorfeld als Standortbestimmung auserkoren worden, nach knapp einer halben Stunde hatte er sie, was vor allem daran lag, dass die Engländer - im Gegensatz zur nationalen Konkurrenz zuletzt - gänzlich angstfrei agierten. So erdreistete sich City doch tatsächlich, den Münchnern mit aggressivem Pressing zu begegnen, das die sechs vorderen Spieler schon in der Bayern-Hälfte auf alles losgehen ließ, was nur in die Nähe des Balles kam.

Von Fehlern und Gegenmaßnahmen

In dieses Netz verhedderte sich Schweinsteiger in der 28. Minute also, als er fälschlicherweise Edin Dzeko bediente, und ManCity mühte sich redlich, den Fehler sofort auszunutzen, doch es passierte nichts, außer dass die Engländer den Ball nach einem riskanten, aber sauberen Tackling von Jerome Boateng gleich wieder her geben mussten.

Und irgendwie gab diese Szene den Münchnern wohl die finale Gewissheit, dass man sich auch in diesem Spiel, gegen diesen Gegner, auf die eigene Defensivstärke wird verlassen können und man machte sich daran, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

"Das Problem war, das Manchester ein 4-2-2-2 gespielt hat, sich deswegen viel in der Mitte abgespielt hat und wir nicht richtig in die Zweikämpfe gekommen sind", meinte Philipp Lahm über die Phase, in der die Münchner bewusst nachjustierten. "Wir standen im Mittelfeld zu tief und zu eng an den anderen Spielern", sagte Innenverteidiger Daniel Van Buyten zur Ursache.

Zum Lösungsansatz sagte Van Buyten: "Der Trainer hat daraufhin gefordert, dass unsere Sechser nicht zu nah an uns Innenverteidigern stehen, weil sonst eine zu große Lücke zu den Angreifern bestand." Und die Maßnahmen wirkten sofort.

Wie aus einem Guss

Man könnte auch sagen: In kniffligen Situationen sensibel auf bestimmte Anforderungen reagieren zu können, zeichnet große Mannschaften aus. Und natürlich auch das nötige Quäntchen Glück. Sicher habe das Spiel in dieser Phase auf Messers Schneide gestanden, gestand Sportdirektor Christian Nerlinger später.

Dabei schwang mit: Wer weiß, wie das Spiel gelaufen wäre, hätte Schiedsrichter Viktor Kassai zuvor eins der beiden elfmeterreifen Tacklings von Boateng geahndet (3./24.), oder wären die Münchner nicht erneut "unheimlich effizient" (Kompany) mit ihren Torchancen umgegangen.

"Wir haben momentan einen Lauf, aber den hat sich die Mannschaft erarbeitet und verdient", kommentierte Nerlinger die glücklichen Wendungen, die einem oft zwangsläufig widerfahren, wenn man oben steht. Jupp Heynckes pflichtete ihm bei: "Wir haben die Tore zum richtigen Zeitpunkt erzielt. Danach war es leichter, unser Aufbauspiel aufzuziehen."

User-Zeugnis: Ribery und Schweinsteiger vor Gomez

Vor allem, weil seine zentralen Spieler fortan den Spieß umdrehten. "Manchester hat riesige Spieler vorne, aber wenn man diese überwindet, findet man auch den Raum für einen Tempowechsel und Vorstöße in die gegnerische Abwehr", dozierte Heynckes aus seinem Lehrbuch. Die Konsequenz: "Das gesamte Team hat in der zweiten Halbzeit wie aus einem Guss gespielt."

Als Signal fatal

Man kann nun auf ein entgleitendes Spiel sicherlich auf verschiedene Arten reagieren. City-Coach Roberto Mancini entschied sich für einen Systemwechsel von 4-4-2 auf 4-3-3, der seinem Team wieder mehr Zugriff im Mittelfeld sichern sollte. Dass er dafür aber Stürmer Edin Dzeko runter nahm und Kettenhund Nigel de Jong brachte, war als Signal eher schlecht.

Klasse Mister, zeigte Dzeko bei seiner Auswechslung in der 56. Spielminute mit erhobenem Daumen sarkastisch an und wäre am liebsten gleich in die Kabine durchgestapft, hätte Mancini ihm nicht sofort den Marsch geblasen.

Dass Minuten später auch noch Carlos Tevez trotzig seine Einwechslung verweigerte ("Och, ich fühl mich nicht so gut"), weil er sich von Mancini im Allgemeinen nicht genug wertgeschätzt fühlt, passte ins Bild, das Kritiker gerne von Manchester City zeichnen: dem Bild, des in Geld schwimmenden, aber charakterlosen Seelenverkäufers.

Tevez fühlt sich missverstanden - letzte Warnung für Dzeko

"Sind eigentlich nette Leute"

Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge taten nach dem Spiel gut daran, nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen. Ob man denn neidisch wäre, angesichts der finanziellen Möglichkeiten, die Manchester City in den letzten Jahren hatte, wurden die Bayern-Granden gefragt, und ob sie nach diesem Sieg nun Genugtuung verspürten.

Beide verneinten höflich, und Rummenigge, von jeher Diplomat, betonte, man habe erst am Vorabend "ein wunderbares Essen" mit der Führung der Citizens gehabt. "Sind eigentlich nette Leute", so der unfreiwillig komische Eindruck des Vorstandsvorsitzenden, wenngleich die netten Leute künftig schon "ihren Stil ändern" müssten, um den Kriterien des "Financial Fairplay" zu entsprechen.

Was indes kaum einer mitbekam: Am Rande des Spielgeschehens könnte sich auch beim FC Bayern eine Art Diven-Fall zusammengebraut haben. Arjen Robben schoss jedenfalls rekordverdächtige elf Minuten nach Abpfiff geduscht, aber kommentarlos aus dem Stadion.

Heynckes macht klar: Ich Chef

Man muss nun kein großer Menschenkenner sein, um zu erahnen, wie dem Niederländer seine Rolle als Drohmittel (Warmlaufen ab Minute 25) und Statist bei den Ribery-Ovationen (Einwechslung in Minute 89) geschmeckt hatte - nämlich gar nicht.

Der Sportdirektor reagierte darauf bemüht gelassen. "Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen", sagte Nerlinger, schließlich sei es bei Robben "nur eine Frage der Zeit, bis er wieder von Beginn an auf dem Platz stehen wird".

Heynckes hingegen stellte auf der Pressekonferenz klar, dass er der Chef sei und Robben sich seinen Anweisungen zu beugen habe. "Natürlich möchte ein Spieler seiner Klasse mehr Spielminuten haben, das ist verständlich. Aber ich gehe kein Risiko ein, weil ich genau weiß, was im Fußball auch bei einem 2:0 noch passieren kann."

Als Heynckes diese Worte sprach, war Robben jedoch schon längst auf dem Heimweg. Wie gesagt - es sind manchmal die kleine Dinge, die zum Knackpunkt werden können...

Bayern München - Manchester City: Analyse

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