FC Bayern: Der Nächste, bitte

Von Florian Bogner
Jubel auf bayrisch: Rafinha (l.) freut sich über sein erstes Tor für den FC Bayern, Ribery jubelt mit
© Getty

Der FC Villarreal wird vom FC Bayern München gewogen und für zu leicht befunden. Die beachtliche Serie starker Spiele hält an, Gegentore fängt der Rekordmeister auch in Europa keine. Was bleibt, ist die Sorge um Daniel Van Buyten und Mario Gomez, der Traum vom ganz großen Wurf - und eine Bitte um Demut.

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Als der FC-Bayern-Tross am Dienstag in Richtung Spanien aufbrach, war ein unsichtbarer Gast mit an Bord: Die Ungewissheit, was man von dem guten Saisonstart in der Bundesliga denn nun halten solle und wie sich das Ganze denn in Europa darstellen werde.

Villarreal war bis dato immerhin in der Königsklasse zuhause in elf Spielen ungeschlagen geblieben und hatte in der heimischen Liga den FC Barcelona in den letzten neun Jahren bereits fünfmal besiegt. Der letzte Bayern-Sieg in Spanien lag derweil schon zehneinhalb Jahre zurück.

Kaum Zweifel an der Überlegenheit

Als der FC-Bayern-Tross am Donnerstag in Richtung Deutschland zurück flog, hatte sich diese Ungewissheit in Selbstvertrauen verwandelt. "Wir alle können sehr zufrieden sein. Wenn man in der Champions League auswärts beginnt und gewinnt, beflügelt das einen", meinte Trainer Jupp Heynckes nach dem 2:0-Sieg beim FC Villarreal und sprach von einer souveränen Leistung.

In der Tat hatte der FCB im El Madrigal kaum einen Zweifel an seiner spielerischen Überlegenheit aufkommen lassen. Toni Kroos' Treffer nach sieben Minuten fungierte als Dosenöffner, anschließend spielten die Münchner mit dem Gegner Katz und Maus. Der einzige echte Schönheitsfehler lag in der Tatsache, dass das vorentscheidende 2:0 durch Rafinha verhältnismäßig spät fiel (76.).

"Wir hätten den Sack früher zumachen müssen. Champions League ist nicht Bundesliga, hier ist alles ein bisschen schwerer", mahnte Heynckes alsbald, hatte sich zuvor aber erneut auf seine Defensive verlassen können, die nunmehr seit 668 Minuten auf ein Gegentor wartet.

Sorge um Van Buyten und Gomez

"Die Null steht, auch wenn der Gegner gute Torchancen hat. Das ist ein gutes Gefühl für mich und beruhigt mich", sagte Keeper Manuel Neuer, der nun dem Treffen mit Schalke 04 am Sonntag entgegenfiebert.

Etwas sorgenvoll blickte der Rekordmeister am Donnerstag auf Daniel Van Buyten und Mario Gomez, die beide in Villarreal angeschlagen ausgewechselt werden mussten und für Schalke mehr als fraglich sind.

Analyse: Kroos stark, Senna schwach

Bei beiden brachen alte Verletzungen wieder auf. Beim Belgier zwickt die Achillessehne, beim Stürmer die Leiste. "Solche Spieler verlierst du ungern", sagte Bastian Schweinsteiger besorgt.

"Es ist bitter, weil ich voll im Saft stand. Ich hoffe, dass es nichts Schlimmes ist", meinte Gomez am Abend und gab Anlass zu Pessimismus: "In dem Zustand von heute geht es auf jeden Fall nicht." Den Donnerstagmorgen verbrachte er wie Van Buyten im Hotel in Behandlung, während die Teamkollegen ausliefen.

Rafinha nutzt seine Chance

Das Pech der beiden ist aber freilich auch die Chance für andere: Rafinha zum Beispiel, der, für van Buyten eingewechselt, wohl seine bislang beste Partie für den FC Bayern absolvierte. Jedenfalls bekam das Spiel der Münchner nach seiner Hereinnahme ein reelles Gegengewicht zur linken Seite, auf der Franck Ribery seinem Gegenspieler Mario beinahe Knoten in die Beine spielte.

Rafinha harmoniert immer besser mit Müller, das Hinterlaufen klappt mittlerweile reibungslos, und schließlich schoss der Brasilianer auch sein erstes Tor für die Münchner.

"Wir haben das Spiel dominiert, ein guter Start ist immer wichtig. Ich bin zufrieden mit meinem ersten Tor für Bayern - und das noch in der Champions League", gab Rafinha zu Protokoll, der rechts hinten zuletzt öfter mal für Jerome Boateng Platz machen musste - der wird aber nun wohl als Van-Buyten-Ersatz wieder innen gebraucht.

Petersen glücklos - und getadelt

Als Gomez-Ersatz steht derweil Nils Petersen Gewehr bei Fuß. Seinem ersten Treffer für den FCB am Wochenende hätte der Angreifer in Villarreal gut und gerne drei weitere folgen lassen können. Zweimal jedoch reagierte Torwart Diego Lopez fantastisch, einmal war Petersen über die große Freiheit vor des Gegners Tor wohl selbst zu überrascht.

"Ich hätte gerne mein erstes Champions-League-Tor gemacht, dann wäre der Druck etwas von mir abgefallen", meinte der Neuzugang hinterher etwas geknickt.

Leise Kritik wehte dem Ex-Cottbuser sogleich von Franz Beckenbauer entgegen: "Petersen hätte heute Torschützenkönig der Champions League werden können, so viele Chancen hatte der. Er ist sicher ein großes Talent, aber Talent reicht beim FC Bayern nie." Des Kaisers Empfehlung: "Er staunt immer noch über die Welt, in der er ist. Er muss egoistischer werden."

Kroos erneut erfrischend gut

Toni Kroos scheint hingegen den gewissen Bayern-Egoismus langsam verinnerlicht zu haben. Deutlich zielstrebiger als in der letzten Saison erzielte der 21-Jährige sein erstes Europacup-Tor seit fast vier Jahren. Damals hatte der Jungspund im UEFA-Cup bei Roter Stern Belgrad in letzter Minute per Freistoß zum 3:2-Sieg getroffen und zuvor bereits das 2:2 vorbereitet.

Uli Hoeneß hatte hinterher zur Kroos' Schutz "Das war ein Kullerball, den hätte ich auch reingeschossen" und "für diesen Treffer muss man den Belgrader Torwart nach Sibirien schicken" gefaucht - heute legendär.

Anno 2011 ist der WM-Teilnehmer freilich gereifter und muss nicht mehr von den Vereinsgranden beschützt werden. Zu treffen sei "ja auch die Aufgabe von einem offensiven Mittelfeldspieler", meinte Kroos nach seinem Tor demütig. Außerdem sei sein Treffer ja auch stark von Ribery vorbereitet worden.

Worte, die Heynckes gefallen haben dürften. "Er hat das Selbstbewusstsein und die totale Unterstützung von mir. Seine Mitspieler merken jetzt auch, was er für ein exzellenter Fußballer ist. Er hat heute ein absolut klasse Spiel gemacht", sagte der Coach.

Spanien zollt Respekt

Die gute Leistung der Bayern wurde auch in Spanien am Donnerstag anerkannt. "Die Bayern waren auf einem anderen Level", schrieb die Madrider Sporttageszeitung "Marca". Die Konkurrenz von der "AS" ergänzte: "Die Überlegenheit der Bayern war erdrückend."

Villarreal-Coach Juan Carlos Garrido hatte bereits am Vorabend Respekt gezollt. "Es hatte den Anschein, als ob Bayern im Schongang gewonnen hätte, aber so war es nicht", sagte der Trainer mittelschwer konsterniert.

Von einer "Kandidatur auf den Champions-League-Titel" ("Marca TV") will man beim FC Bayern allerdings noch nichts wissen - auch wenn man nach dem gelungenen Auftakt natürlich weiter vom Finale im eigenen Stadion träumt.

Oberste Bayern-Pflicht: Bescheiden bleiben!

"Wir tun gut daran, bescheiden zu bleiben. Wir haben schwere Spiele vor uns, die Schlagzahl bleibt hoch", mahnte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge auf dem Bankett und dachte dabei wohl an den März zurück.

Damals hatte Rummenigge nach einem 1:0-Sieg bei Inter Mailand zur Konzentration gemahnt. Was, folgte ist bekannt: drei Heimniederlagen gegen Dortmund (Liga); Schalke (Pokal) und Inter (Champions League), die der Saison der Bayern ein jähes Ende setzten.

Soweit ist es im September 2011 freilich noch nicht. Die Gruppe A ist aber auch nach einem Auswärtssieg zum Start kein Selbstläufer. Als nächstes kommt Manchester City am 27. September nach München. Nach dem Auftaktremis gegen den SSC Neapel (1:1) sind die neureichen Neulinge fast schon zum Punkten verdammt.

Trainer Roberto Mancini kündigte bereits an: "Wir werden in München gewinnen." In punkto Selbstvertrauen brauchen sich die Citizens jedenfalls nicht vor dem FCB zu verstecken.

FC Villarreal - FC Bayern: Daten zum Spiel

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