Ein richtig starkes 0:0

Von Thomas Gaber/Philipp Dornhegge
44 Minuten lang war Arjen Robben fast nur durch Fouls zu stoppen, dann musste er verletzt raus
© Getty

Der FC Bayern München muss sich nach einer engagierten Leistung gegen Juventus Turin am zweiten Spieltag der Champions League mit einem 0:0 zufrieden geben und hat damit vier Punkte auf der Habenseite. Vor 66.000 Zuschauern in der ausverkauften Münchner Arena war die Mannschaft von Trainer Louis van Gaal das bessere Team, ließ aber wie beim 0:1 in Hamburg gute Torchancen aus.

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Juventus ist mit zwei Zählern Dritter der Gruppe E, hinter Bayern und Girondins Bordeaux. Die Franzosen besiegten Maccabi Haifa mit 1:0 und haben vier Punkte auf dem Konto.

"Wir haben nicht gewonnen. Wir können nicht jede Woche sagen: 'Wir hätten gewinnen können.' Man muss Tore machen, um zu gewinnen. Wir hatten vier hundertprozentige Chancen. Das ist schade, aber wenn wir so weitermachen, ist es nur eine Frage der Zeit", sagte Bayerns Trainer Louis van Gaal, der eine Kritik an Schiedsrichter Howard Webb hatte: "Man hätte mehr nachspielen lassen müssen, weil viel Zeit geschunden wurde."

Das 0:0 gegen die Alte Dame könnte die Bayern teuer zu stehen kommen - sollte sich Arjen Robben, wie von van Gaal befürchtet, tatsächlich schwer verletzt haben. Der Niederländer wurde kurz vor der Pause ausgewechselt.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Louis van Gaal lässt sich auch gegen Juve etwas Besonderes einfallen. Ottl erhält überraschend den Vorzug vor Tymoschtschuk. Olic und Gomez wieder auf der Bank, Klose dafür von Beginn an dabei.

Juve im 4-3-1-2 mit Melo im zentralen defensiven Mittelfeld leicht nach hinten versetzt.

5.: Robben spielt Müller perfekt im Sechzehner frei, der gerät zwar etwas zu weit nach rechts, überlupft dann aber den heranstürmenden Buffon. Nur um Millimeter kullert der Ball am langen Pfosten vorbei.

14.: Diego findet auf halbrechts keine Anspielstation und zieht einfach mal ab. Zwei Meter zu weit links.

17.: Nochmal Diego, diesmal aus 24 Metern zentrale Position. Butt steht im bedrohten rechten Eck und packt zu.

20.: Weltklasse, was Ribery da mit Grygera und Chiellini macht! Klose spielt den Franzosen auf links wunderbar frei, der dringt in den Strafraum ein. Dort spielt er den Juve-Verteidigern Knoten in die Beine, will dann aus kurzer Distanz Buffon überlupfen. Aber der Ball klatscht von oben auf die Latte.

33.: Camoranesi tanzt Ottl 20 Meter zentral vor dem Tor lockerleicht aus und zieht ab. Der Ball wäre wohl flach ins rechte Eck gegangen, aber Butt macht sich lang und klärt.

44.: Für Robben geht es nicht weiter. Verletzung im rechten Oberschenkel. Olic ersetzt ihn auf der rechten Seite.

Klasse Konter von Müller und Robben. Innerhalb von wenigen Sekunden überlaufen die beiden das ganze Spielfeld und rennen auf Buffon zu. Nur der letzte Querpass ist nicht perfekt. Ausgerechnet Spielmacher Diego klärt zur Ecke.

Halbzeit-Fazit: Ein klasse Spiel zweier europäischer Spitzenmannschaften. Viel Tempo, viel technisches Know-how, viele Torszenen.

60.: Ribery rast von links in den Sechzehner und spielt den Ball vor das Tor. Klose ist einen Schritt zu spät. Eine Riesenchance!

82.: Aus dem Nichts sorgt Iaquinta für einen Aufreger. Aus 14 Metern halblinke Position hält er den Ball einmal hoch, zieht dann aus der Drehung gegen Badstuber volley ab. Vielleicht 20 Zentimeter hüpft die Kugel am langen Pfosten vorbei. Butt war wie angewurzelt stehengeblieben.

Fazit: Nach einer Power-Halbzeit bauten beide Teams nach dem Wechsel ab. Die Bayern waren dem Siegtreffer näher als Juventus.

Der Star des Spiels: Franck Ribery. Immer wieder rätselte van Gaal in den letzten Wochen über den Fitnesszustand des Franzosen. Nach dem Juve-Spiel steht fest: Ribery ist (fast) wieder der Alte. Er war an den meisten gefährlichen Bayern-Angriffen beteiligt, spielte Grygera Knoten in die Füße und hätte beinahe ein absolutes Weltklasse-Tor erzielt. Nach der Pause baute Ribery kräftemäßig ein wenig ab.

Die Gurke des Spiels: Zdenek Grygera. Der Tscheche war mit der Aufgabe, Ribery aus dem Spiel zu nehmen, komplett überfordert. Im Laufduell war Grygera hoffnungslos unterlegen, im direkten Duell hielt er fatalerweise Respektsabstand und wurde teilweise herumgeschubst wie ein Schuljunge. Nach der Pause weniger flatterhaft und zweikampfstärker.

Die Pfeife des Spiels: Howard Webb unterlief kein spielentscheidender Fehler, aber der Engländer lag bei der Zweikampfbeurteilung einige Male daneben. Englische Härte ist ja schön und gut, aber das eine oder andere klare Foul hätte er ahnden müssen. Camoranesi durfte zwei Mal Bayern-Beine wegholzen, ehe er die Gelbe Karte sah.

Die Lehren des Spiels: Schweinsteiger agierte etwas tiefer als gewohnt und sollte mit Ottl die Kreise von Diego stören, was nur bedingt gelang. Der Brasilianer war Dreh- und Angelpunkt bei Juve und hatte einige gute Aktionen.

Doch den Ton gab vor allem in der ersten Halbzeit eine glänzend aufgelegte Bayern-Mannschaft an. Die Münchner schlugen ein enormes Tempo an. Ribery und Robben wirbelten auf ihren Seiten, Lahm und Braafheid rückten zur Unterstützung immer wieder nach. Müller lief einige Male glänzend in den Raum und bekam brauchbare Bälle serviert.

Juve stand selbst bei Ballbesitz der Bayern sehr hoch, wodurch sich Räume ergaben für die Bayern. Camoranesi und Grygera versuchten, Ribery zu doppeln, doch der entfesselte Franzose war kaum zu halten.

Die Bayern machten viel richtig, doch es fehlte die letzte Konsequenz vor dem Juve-Tor. Müller und Klose fehlte an diesem Tag der Killer-Instinkt. Kurz vor der Halbzeit musste Robben verletzt raus. Vertreter Olic fightete wie eh und je, verlor aber viele Bälle. Der Schwung der Münchner war dadurch etwas dahin.

Juventus spielte einen technisch feinen Fußball, aber ohne Durchschlagskraft. Diego hatte nur Luft für 60 Minuten, Camoranesi war zu sehr mit Ribery beschäftigt und Marchisio hielt sich vornehm zurück. Iaquinta und Trezeguet waren bei van Buyten und Badstuber in guten Händen.

Nach dem Wechsel stand die Abwehr der alten Dame sicherer, das Offensivspiel blieb aber überschaubar. Auch wenn die zweite Halbzeit an Intensität und Tempo einbüßte, war es insgesamt ein gutes Champions-League-Spiel.

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