FC Bayern: Europa muss sich in Acht nehmen

Von Für SPOX in der Allianz Arena: Stefan Rommel
Arjen Robben erzielte seinen vierten Treffer in der laufenden Champions-League-Saison
© Imago

Der FC Bayern schnuppert am Einzug ins Finale der Champions League. Beim 1:0-Sieg im ersten Halbfinal-Spiel gegen Olympique Lyon ließ sich der deutsche Rekordmeister auch nicht vom Platzverweis gegen Franck Ribery aus dem Konzept bringen, sondern bewies große Moral und erdrückte den Gegner selbst in Unterzahl mit schier überbordender Leidenschaft. Das neue Selbstverständnis ist klar: Europa muss sich in Acht nehmen.

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Als Lisandro Lopez seinen maladen Knöchel behandeln ließ und die Allianz Arena nach dem Platzverweis gegen Franck Ribery beinahe überkochte, erinnerten sich die Spieler in Rot an den Auftrag der Fans.

Vor der Partie hatte die eindrucksvollste Choreographie der Arena-Geschichte schlicht gefordert, den Einzug ins Finale klarzumachen. "Pack ma's", war da über die Gegengerade gebastelt, in weißen Lettern auf rotem Hintergrund.

Als also Ribery gerade in den Tunnel verschwand, sammelten sich die neun übrig Gebliebenen an der Mittellinie und bildeten einen Kreis. Nachher sollte viel vom Charakter dieser Mannschaft die Rede sein. In diesem Moment einigten sich die Spieler darauf, einen sehr guten Charakter zu haben.

"Wir haben eine sehr charakterstarke Mannschaft"

Es war eine schwierige Situation, wie schon so viele in dieser Champions-League-Saison der Münchener. Und wieder einmal meisterten sie sie grandios. "Wir haben eine sehr charakterstarke Mannschaft, aber Charakter hat Bayern München schon immer gehabt", freute sich Präsident Uli Hoeneß.

Das 1:0 gegen diese unbequemen Franzosen, vor denen die Bayern sehr großen Respekt hatten, lässt den Klub tatsächlich vom Einzug ins Finale träumen. Ein zu Beginn der Saison beinahe utopisches Unterfangen.

Die Bayern spielten ein Spiel, das eigentlich aus drei Spielen bestand. Vor der Roten Karte gegen Ribery war eben jener der beste Mann auf dem Platz, die Bayern bekamen Lyon richtig schön in den Griff.

Auch in Unterzahl dominant

Nach dem Wechsel reagierte Trainer Louis van Gaal auf die neuen Gegebenheiten, stellte sein Mittelfeld um und Bastian Schweinsteiger in die Offensivzentrale und hatte den Gegner selbst in Unterzahl erneut im Schwitzkasten. Und nach Jeremy Toulalans Gelb-Roter Karte war es um die Offensivbemühungen der Gäste vollends geschehen. Zu erdrückend war die Überlegenheit der Deutschen, zu groß ihre Leidenschaft.

"Ein großes Kompliment an die Mannschaft - mit welcher Moral, welcher Leidenschaft und welchem Willen sie aufgetreten ist und hochverdient gewonnen hat", sagte Karl-Heinz Rummenigge nach dem Spiel. In seiner Stimme schwang unüberhörbar eine ordentliche Prise Stolz mit.

Die Bayern nahmen jede ihrer Rollen an, mal Favorit, dann wieder in der schlechteren Position (nach Riberys Rot) und dann wieder der Favorit und legten ihr Spiel wie einen Schleier über die jeweilige Spielphase. "Dass wir auch zu zehnt gut zurecht gekommen sind, zeigt unsere Qualität und unseren Willen. Jeder ist dann einfach einen Schritt mehr gelaufen", erklärte Thomas Müller.

Van Gaals System perfekt umgesetzt

Diese famose Einstellung war ein wichtiger Baustein. Die Basis, die sich die Bayern im Laufe der letzten Monate erarbeitet haben und auf die sie sich jetzt immer öfter verlassen können, ist ein anderer. Es sind die van Gaal'schen Parameter, die stimmig sind. "Wir haben den Gegner immer unter Druck gesetzt, auf jeder Position, hatten eine sehr gute Ordnung und so haben wir keine Torchance zugelassen", sagte Philipp Lahm.

"Wir haben jederzeit die Ordnung gehalten und stets die Abstände zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen nicht zu groß werden lassen. Jeder hat seine Position aggressiv gespielt. So sind wir schwer zu schlagen."

Die Bayern besitzen in dieser Spielzeit die Fähigkeit, sich enorm viele Großchancen zu erarbeiten: Die Grundvoraussetzung, um Spiele zu gewinnen. Der Zufall wird minimiert durch Ballsicherheit, Kontrolle und Dominanz.

Selten war die Kluft bei der Anzahl klarer Torchancen zwischen zwei Halbfinal-Teams größer als am Mittwochabend. Die Bayern hatten sieben, acht erstklassige Gelegenheiten, Lyon einen Fernschuss von Kim Källström. Dazu passte auch die Rückwärtsbewegung endlich wieder. Wobei Lyon auch eine vor allem in der Offensive ganz schwache Vorstellung ablieferte und so gar nichts von dem Esprit ausstrahlte, vor dem die Bayern Respekt hatten.

Sehr gute Ausgangslage

"Wir hatten heute keinen Zug zum Tor und haben zu keinem Zeitpunkt zu unserem Spiel gefunden. Mir dem Ergebnis können wir sogar noch zufrieden sein", gestand Källström.

Also stellte Bayern-Trainer van Gaal fest, seine Bayern hätten "auch mit zehn gegen elf Spieler dominant gespielt und Chancen erarbeitet". Die Ausgangslage ist so gut wie noch nie in dieser Saison, bisher mussten die Bayern in den K.o.-Spielen immer mit einem dürren 2:1 auf Reisen gehen.

Was van Gaal offenbar noch zu einer Ansage an die Konkurrenz aus Mailand und Barcelona, den möglichen Endspielgegnern, hinreißen ließ: "Ich denke, dass wir wieder ganz Europa gezeigt haben, wie stark wir sind."

Bayern München - Olympique Lyon: Daten und Fakten