Die Alternative Liste der Super League, Halbfinale: Imo Erner ist ein Urm

Von David Kreisl
Sicherer Schütze aus der Entfernung: Timo Werner.
© imago images

Jetzt haben wir den Salat: City und Chelsea sind im Champions-League-Finale. Zum Trost gibt's Portugiesisch A1, exklusive Nachhilfe in Sachen Sport-Termini und einen Ausblick auf den Ballermann-Hit 2021. Endspiel wird scheiße ... doch wir berichten trotzdem: Die Alternative Liste des Halbfinales.

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Blutgefäße zu: Es stand eine schwierige Wahl an für alle Fußballfans, die noch einen Funken Anstand in sich tragen. Die gerne bodenständig an halbverbrannten Bratwürsten knabbern oder das BWT-Stadion am Hardtwald schon mal von innen gesehen haben: Zu wem halten im El Golfico, im El Cashico? Egal, wie man es drehte und wendete, wirklich angenehm wurde der Gedanke an Manchester City gegen PSG nie. Auf der einen Seite die Citizens, eigentlich ja für die Königsklasse wegen Bilanzfälschung gesperrt, die sich über den CAS in den Wettbewerb klagten und damit so ein bisschen die endgültigen Totengräber des Financial Fair Play waren (und als Gründungsmitglied der Super League wohl auch generell Gefallen dran finden würden, den Fußball als solchen tot zu knüppeln). Auf der anderen Seite PSG, ganz, ganz selbstlos nicht bei der coolsten Idee der Fußballgeschichte an Bord, aber am Ende auch immer noch PSG. Neymar, Leandro Paredes - da braucht es kein AstraZeneca, dass es einem die Blutgefäße gefährlich zuzieht (ein topaktueller WITZ). Das einzig sympathische aus dem Hinspiel waren dann die Tore der Engländer: Eine Flanke, die ungewollt ins langen Eck durchflutschte und ein Freistoß direkt durch die Mauer - zwei Buden, die besser bei den Kacktoren des Monats bei Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs aufgehoben wären. Gut, zugegeben: Auch der Twitter-Liveticker von ManCitys Edelfan Liam Gallagher hatte seine Momente ...

Wichtig noch: Gern geschehen.

It's not particularly silly, is it?: Referee Dr. Flexi B. dagegen war ordentlich am rödeln. Zum Beispiel, als Idrissa Gueye zum vielleicht asozialsten Foul der Saison ansetzte und Ilkay Gündogan daniederstreckte. Rot. Oder, als kurz darauf Kevin De Bruyne etwas ungeschickt Danilos Span mit seinen Stollen massierte und der Unparteiische einer sehr aufgebrachten, sehr lauten und sehr zahlreichen Delegation aus Paris erklären musste, dass das eben nicht "the same" gewesen war. Was da noch keiner ahnen konnte: Da alles sollte nur ein dezenter Vorgeschmack auf das Rückspiel sein. Schon in dessen Vorfeld kündigte Neymar an, alles für den Finaleinzug zu tun, "sogar, wenn ich auf dem Platz sterben muss". Einmal war er auch kurz davor, als ihn "Kuschelbär" Bernardo Silva (Sandro Wagner bei DAZN) streifte. Ansonsten waren es wieder die bockigen Pariser, die frei nach dem Motto "Wenn wir schon nicht gewinnen, machen wir ihnen wenigstens die Menschen kaputt" fröhlich in der Gegend umeinander sensten. Angel Di Maria sah nach einer sehr gelungenen Hommage an das Ministry of Silly Walks glatt Rot, und auch Danilo sowie Presnel Kimpembe reichten aussagekräftige Bewerbungen für einen Platzverweis ein, wurden aber von Björn Kuipers verschont. Und was ist der Dank? "Er hat einige Male 'fuck you' zu mir gesagt!", petzte Marco Verratti nach dem Spiel. Am Ende des ganzen Elends blieben drei Erkenntnisse übrig: Manchester City steht erstmals im Champions-League-Finale. Björn Kuipers - cooler Typ. Und die Pariser sind vielleicht doch nicht die weißen Ritter des europäischen Fußballs, sondern eine Ansammlung charakterlich eher fragwürdiger Gestalten.

Apropos charakterlich fragwürdig: Man kann Sachen ja immer von zwei Seiten sehen. Einerseits kann es einem freilich einen magenumdrehenden Cocktail aus Entsetzen und Fremdscham durch die Blutbahn jagen, wenn der ehemalige Nationaltorhüter Jens Lehmann einen rassistischen Kalauer zünden möchte und diesen dann, upsi, aus Versehen direkt an das Opfer seines Dummgelabers, im jüngsten Fall also den am Dienstag im Sky-Studio als Experte fungierenden Dennis Aogo whatsappt. Man kann aber auch einfach mal loben, dass Mad Jens nicht einmal das N-Wort benutzt hat und die ganze Aufregung doch schon wieder von irgendwelchen politisch überkorrekten MEDIEN hochsterilisiert wird. Und überhaupt mal als Beispiel: Damals, mit dem Hitzlsperger und dem Schwulsein, meinte Lehmann selbst einmal, der war so intelligent, das hat man dem gar nicht angemerkt! Aber der Aogo ... tja. Hat er halt gleich gesehen, der Jens.

Creme de la Creme: In seiner Paraderolle als, sagen wir mal: polarisierende Figur, zieht Timo Werner seit je her die Creme de la Creme der Kritiker magisch an. Wir denken da zum Beispiel - ungern und unfreiwillig - an Ballermannkoryphäe Ikke Hüftgold ("Saufen ist scheiße ... doch wir machen's trotzdem", "Dicke Titten, Kartoffelsalat") zurück, der damals die solide Idee hatte, im shitstürmischen Nachgang der legendären Schwalbe des Angreifers gegen Schalke ein Lied mit dem sehr cleveren Titel "Imo Erner ist ein Urensohn" zu erfinden. Land der Dichter und Denker eben. Nun, nach dem Hinspiel des FC Chelsea gegen Real, das auch deswegen Einseins endete, weil jener Imo Erner eine ziemlich große Schangse ziemlich erbärmlich versiebte, meldete sich die nächste Fußball-Connaisseuse mit einer Analyse zum Werner'schen Treiben zu Wort: Isabella Silva. Die Frau von Werners Teamkamerad Thiago Silva klagte in einem Beitrag in ihrer Instagram-Story (dem ohnehin einzigen noch ernstzunehmenden Medium): "Jedes Team, zu dem ich komme, hat einen Stürmer, der ständig Chancen verpasst. Dieser Werner - wie heißt der genau?" Um dann mit der Wortgewandtheit der deutschen Partyschlager-Szene und einem phonetisch benachbarten "verme", also "Wurm" em portugês, das Videostudium abzuschließen. Zwar löschte Frau Silva das Ganze recht fix wieder, dass Ikke Hüftgold aber nicht längst seinen Fineliner spitzend in den Schatten an "Imo Erner ist ein Urm" arbeitet, können wir leider nicht ausschließen.

Zu viel Demmbo: Eine Woche später klang Fräulein Silva dann ein wenig anders. Fast schon angehimmelt wurde Werner ("Du bist der Beste, mein Freund!") in ihrer nächsten Analyse, nachdem der Nationalstürmer quasi auf der Torlinie stehend unbedrängt einen von der Latte herunterpurzelnden Ball ins Tor geköpfelt hatte (Versemmelungschance: 0 Prozent). Quasi ein Tip-In, wie man im Basketball sagen würde, was eine Recherche unter wie immer hilfreichen aktuellen und ehemaligen SPOX-Redakteuren ergeben hat. Ein bisschen mehr freestyle war dann bei den folgenden 34 Großchancen geboten, die die Blues dermaßen konsequent überall hin außer ins Madrider Tor schossen, dass der Auftritt der Bayern im Viertelfinale gegen PSG rückblickend fast schon effizient wirkt. Ja sogar der neuestens so gutelaunebärige Thomas Tuchel musste da zornig fest gegen die Requisiten in seiner Coaching Zone stiefeln. Und Real? Aufmerksame Liste-Leser wissen, dass wir normalerweise keine Möglichkeit ungenutzt lassen, um die Königlichen mit ihren weißen Tutus durch den Kakao zu ziehen. Von Zinedine Zidanes Trupp kam aber wenig. Also, in Sachen Fußball und Listen-Input. Waren einfach generell ein bisschen sehr scheiße und kamen mit Chelseas "Demmbo" (Lothar Matthäus) nicht wirklich klar. Immerhin Eden Hazard hatte noch ein bisschen Spaß. Am Ende hieß es 2:0 für die Blues, das Finale der Super League heißt also City gegen Chelsea. Wir können's kaum erwarten. Vielleicht schauen wir auch einfach am Samstag schon City gegen Chelsea, dann müssen wir nicht so lange warten. Und können am 29. früher ins Bett.

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