Weston McKennie bei Juventus Turin: Pirlos Lieblingsschüler statt Perspektivprofi

Von Oliver Maywurm
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© getty

Weston McKennies Schritt zu einem Klub der Kategorie Juventus Turin (Achtelfinal-Rückspiel gegen Porto heute um 21 Uhr im LIVETICKER und auf DAZN) überraschte so manchen. Doch der Ex-Schalker ist für Andrea Pirlo jetzt schon wichtig.

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Es ist kein Geheimnis, dass Trainer mit den Spielern, denen sie besonders viel zutrauen, häufig härter sind als mit anderen. Weil sie sehen, dass noch viel mehr geht, dass die Entwicklung vielleicht gerade erst angefangen hat. Für Juventus-Trainer Andrea Pirlo ist Weston McKennie offenbar ein solcher Spieler.

"Wenn er denkt, dass er jetzt oben angekommen ist und die Spitze erreicht hat, dann ist das falsch und er ist nicht auf dem richtigen Weg", sagte Pirlo letzten Freitag über den 22-jährigen Mittelfeldspieler. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass Juve die Kaufoption für den bis dato zunächst von Schalke ausgeliehenen McKennie vorzeitig zieht, ihn für insgesamt 23 Millionen Euro bis 2025 an den Klub bindet.

Entgegen der allgemeinen Erwartungshaltung ist McKennie bei Juve beinahe auf Anhieb zu einem wichtigen Spieler avanciert. Schalke musste den US-Amerikaner vergangenen Sommer ob seiner finanziellen Probleme unbedingt abgeben, als neuen Arbeitgeber hatte man aber eher einen Mittelklasse-Klub aus der Premier League oder Bundesliga auf dem Schirm. Einen Verein aus der Kategorie Juventus eher nicht.

Weston McKennie verleiht Juventus einen raren Mix

Zwar hatte sich McKennie auf Schalke schon in jungen Jahren zu einem gestandenen Bundesligaspieler entwickelt. Aber mit dem Druck, in einer Mannschaft voller arrivierter Superstars wie Cristiano Ronaldo, Leonardo Bonucci oder Paulo Dybala, in jeder Partie Top-Leistung bringen zu müssen, fertig werden? So schnell hätten McKennie diesen Sprung wohl nicht viele außer Pirlo zugetraut.

Doch alle Skeptiker hat McKennie schon jetzt, nach rund einem halben Jahr in Turin, eindrucksvoll eines Besseren belehrt. Ob nun wie meist im zentralen Mittelfeld oder aber auch auf dem rechten oder linken Flügel, McKennie legte bis dato konstant starke Auftritte aufs Parkett. Seine Vielseitigkeit, seine Dynamik und Kampfkraft sind Dinge, die Juves andere Mittelfeldspieler wie Aaron Ramsey, Adrien Rabiot oder Rodrigo Bentancur oft nicht in dem Maße vereinen können wie der frühere Schalker.

"Weston McKennie wird besser und besser, obwohl er dieses Jahr bereits mit kleineren Blessuren zu kämpfen hatte", sagte Pirlo kürzlich und verdeutlichte die Wichtigkeit des Neuzugangs: "Auch wenn unsere medizinische Abteilung sagt, dass ich ihm mehr Pausen gönnen sollte: Wir brauchen ihn so oft wie möglich auf dem Platz."

McKennie: Schon jetzt enorm wichtig für Juventus

Von den bisher 14 Serie-A-Spielen, in denen McKennie in der Startelf stand, hat Juve elf gewonnen und nur eines verloren. In den zehn Liga-Partien, in denen der Nationalspieler nicht von Anfang an auf dem Rasen stand, ließ der italienische Meister hingegen siebenmal Punkte liegen. Am Ende der Saison könnte das der feine Unterschied im Meisterschaftsrennen mit Inter und Milan sein.

McKennie bewegt sich im Turiner Starensemble mit einer erstaunlichen Reife und Abgeklärtheit, unterfütterte seinen guten Start bereits mit einigen Highlights. Mit seinem Tor beim 3:0-Sieg in Barcelona am letzten Spieltag der Champions-League-Gruppenphase etwa. Oder als er im Topspiel bei Milan Anfang Januar eingewechselt wurde und kurz darauf mit seinem Treffer zum 3:1 der Schlussoffensive der Rossoneri den Wind aus den Segeln nahm.

"McKennie ist jung und hat noch so viel Raum für Verbesserungen", erklärt Pirlo, warum er den gebürtigen Texaner unter anderem so sehr schätzt. "Er ist ein bescheidener Junge, der sich immer verbessern will, vor allem im technischen Bereich. Er weiß, dass er sich in Sachen Ballan- und -mitnahme noch steigern muss und dass er erst am Anfang seiner Entwicklung steht."

McKennie bei Juve: Anführer einer neuen Generation?

Dass Pirlo nicht gerade der schlechteste Coach ist, um die essenziellen Fertigkeiten am Ball zu perfektionieren, muss man niemandem erzählen. Und als junger, aufstrebender Coach hat sich der frühere Weltklasse-Mittelfeldspieler zum Ziel gesetzt, Juve über Jahre zu weiteren Titeln zu führen. Vermutlich mit McKennie als wichtigem Teil seines Projekts.

Denn der ehemalige Gelsenkirchener schickt sich an, statt Perspektivspieler schon jetzt ein bedeutender Bestandteil eines sich langsam andeutenden Umbruchs bei Juve zu sein. Dybalas Zukunft ist weiterhin ungewiss, in die Jahre gekommene Stars wie Leonardo Bonucci, Giorgio Chiellini oder auch Cristiano Ronaldo werden nicht mehr ewig spielen.

Dann ist es an den De Ligts, Chiesas oder Kulusevskis, die Kohlen für Juve aus dem Feuer zu holen. Und eben an McKennie, der sich gerade vielleicht sogar als Anführer einer neuen Generation profiliert.

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