Die Alternative Liste der Champions League, Achtelfinale, Teil III: Ronaldo? Milchmaul, Ofenpudel, Talglümmel

Von David Kreisl
Milchmaul, Ofenpudel, Talglümmel - oder einfach nur: Cristiano Ronaldo.
© imago images/Insidefoto

Die Kausalitätsketten der Königsklasse: Weil Ronaldo die Beine breit macht, verliert Schalke einen Arsch voll Geld. Und weil Sevillas Zaubersprüche nicht stark genug sind, trifft der BVB. Hat ein neues Lieblingsbuch: Die Alternative Liste des Achtelfinales. Episode drei.

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Triggerwarnung: Nachdem in den Kommentaren unter der letzten Ausgabe der Alternativen Liste angemerkt wurde, dass die ganz harten Beleidigungen wie "Körperklaus" oder "unbeholfen" beim ein oder anderen User nicht so gut ankommen, ja sogar Ableismus propagieren würden, versuchen wir's diese Woche mal ein bisschen netter. Mal gucken, wie lang das gut geht.

Synchron: Cristiano Ronaldo, dieser unsägliche Faulbauch! (Ups. Naja, der Wille war da.) Es gab am Dienstagabend viele heiße Anwärter darauf, wer die Rose für die dämlichste Aktion des Spiels Porto gegen Juve verdient hat. Mehdi Taremi zum Beispiel, der sich kurz nach der Pause fürs Ballwegschlagen im Mittelfeld Gelb-Rot abholte. Stets ein solider Move in einem K.o.-Phasen-Rückspiel. Oder Federico Chiesa mit seiner gelungenen Hommage an Frank Mill - wobei auch wir wohl andere Sachen als Torabschlüsse im Kopf hätten, wenn uns plötzlich ein Massenmörder des Kalibers Pepe in den Nacken atmen würde. Aber dann kam die Verlängerung - und mit ihr die vielleicht fürchterlichste Mauer in der Geschichte des Fußballs. Als Portos Sergio Oliveira mit seinem Freistoß aus knapp 30 Metern flach und mittelscharf in deren Mitte zielte, sprangen Adrien Rabiot und Alvaro Morata in einem durchaus ansprechenden Synchronturnmanöver aus dem Weg, während CR7 sich gar nicht erst körperlich anstrengte, sondern einfach sein Bein hob, um den Ball zum am Ende entscheidenden Treffer passieren zu lassen. "Unter Anklage", "Verrat", "der schlechteste CR7 aller Zeiten" - die italienische Presse ging mit dem bekannten Fingerspitzengefühl mit der Wish-Version Ronaldos ins Gericht. Auch tragikomisch: Nach dem Weston-McKennie-Deal geht Schalke durch den Achtelfinal-K.o. der Alten Dame gut eine Million Euro Prämie durch die Lappen. Jetzt verlieren sie also sogar in Wettbewerben, in denen sie gar nicht mitspielen. Lol!

Gemischte Gefühle: Für einen Schreiber der Alternativen Liste ist es beizeiten auch mal schön, wenn man nicht immer abstruse Geschichten aus Julian Nagelsmanns Jacken spinnen muss, sondern einem offensichtlichster Mumpitz auf dem Silbertablett serviert wird. Wie beim Spiel des BVB gegen Sevilla zum Beispiel, als zwischen einem Foul an Erling Haaland und dem daraus resultierenden Elfmetertor knackige sieben Minuten vergingen. Sieben (!) Minuten (zum Hauptbahnhof!), in denen nicht nur vielen Dortmund-Fans die Nerven wegfaulten. Eine Chronologie:

  • Haaland erzielt ein Tor.
  • Haalands Tor wird nach Intervention des VAR vom kleinlichen Referee Cüneyt Cakir wegen eines zu harten Körpereinsatzes abgepfiffen.
  • Marco Reus hat gemischte Gefühle.
  • Haaland bekommt als Entschädigung einen ebenso kleinlichen Elfmeter für ein Foul aus einer Szene kurz vor dem nun aberkannten Tor zugesprochen.
  • Haaland verschießt den Elfmeter.
  • Es wird ein bisschen Fußball gespielt.
  • Der Elfmeter wird nach Intervention des VAR wiederholt, weil Keeper Bono beim Schuss nicht regelkonform auf der Linie steht.
  • Haaland schießt den Ball rein.

Ach ja, dass Teile des FC Sevilla den Norweger bei seinen Strafstößen mit lauthals vorgetragenen "Kiricocho"-Rufen verhexen wollten (was nicht Jan Kirchhoffs südamerikanischer Cousin, sondern ein argentinischer Unglücksfluch ist), versteht sich ja von selbst. Ein ganz normaler Dienstagabend eben.

Erzgalgenschwengel: Kleiner Nachtrag zu Punkt zwei: Das Wort "Faulbauch" stammt aus dem Deutschen Schimpfwörterbuch - zum allgemeinen Nutzen gesammelt und alphabetisch geordnet von 1839. Eine linguistische Goldgrube, über die wir bei der Suche nach Alternativen zu "Körperklaus" gestolpert sind. Und um unserem Bildungsauftrag gerecht zu werden (und freilich zum allgemeinen Nutzen), gibt's zum Aufpeppen des Alltags noch ein paar Vintage-Beleidigungen gratis hinterher. Einfach mal einstreuen, lohnt sich garantiert: Allmannshure, Arschkröte, Batzenschmelzer, Bratwurstmaul, Bröseldieb, Elendswurm, Erzgalgenschwengel, Gurkenmaler, Milchmaul, Ofenpudel, Talglümmel.

Liverpool ist weiter: Auch das Wort "Bullenbeißer" warf man anscheinend im frühen 19. Jahrhundert den Bohnenjokels dieser Welt von Zeit zu Zeit an den Kopf. Womit wir an sich eine super-tighte Überleitung zu RB Leipzig hätten, deren Kick gegen Liverpool aber mit ungefähr so viel humoristischem Potenzial aufwartete wie eine Do-it-Yourself-Weisheitszahn-OP in der eigenen Garage. Im Hinspiel in Budapest schoss Mo Salah in der zweiten Halbzeit das 1:0 und Sadio Mane ein paar Minuten später das 2:0. Im Rückspiel in Budapest schoss Mo Salah in der zweiten Halbzeit das 1:0 und Sadio Mane ein paar Minuten später das 2:0. Bei so wenig Originalität strengen auch wir uns gar nicht erst an. Liverpool ist weiter.

Aus verlässlicher Quelle: Auch wenn die lieben Kollegen von Sky oft Kritik einstecken müssen - manchmal sogar von uns und manchmal sogar ein bisschen zu Recht: Das, was sich am Dienstag im Anschluss an Didi Hamanns Exklusiv-Bombe (die SPOX und Goal übrigens Tränen des Neids in die Augen getrieben hat) über Ronaldos Zukunftspläne im Studio abspielte, war einer der größeren TV-Momente des Jahres.

Ein Leben nach dem Messi: Es ist noch gar nicht so lange her, da steckte die halbe Mannschaft von Paris Saint-Germain in einem Hotelaufzug fest - und verlor das anschließende Gruppenspiel gegen die Leipziger. So ein bisschen Hotelterror für den Gegner kann also grundsätzlich nicht schaden, dachte sich vor dem Rückspiel gegen Barca ein erlesener Kreis Pariser Knallköpfe. Während die einen um 4 Uhr morgens ein Feuerwerk vor dem Hotel der Katalanen abfackelten, buchte sich ein besonders engagierter Störenfried schon im Vorfeld in die Teamunterkunft der Gäste ein und löste um 5 Uhr den Feueralarm aus. Cool. Ob's die Aktion, die natürlich in der Verhaftung des übermotivierten Eumels endete, nach dem 4:1 im Hinspiel tatsächlich gebraucht hätte, sei mal dahingestellt. Okay, da spukte diese berüchtigte Remontada von vor vier Jahren durch die Berichterstattung im Vorfeld, am Ende reichte PSG aber gefühlt eine dreiviertelte Chance in 90 Minuten, ein höchst tölpelhaftes Elfer-Foul von Clement Lenglet und auf der anderen Seite ein verballerter Strafstoß von Lionel Messi, um mit einem Einseins ungefährdet weiterzukommen. Womit wir erstmals seit 16 Jahren weder Messi noch Ronaldo im Viertelfinale der Königsklasse vertreten haben - und ersteren vielleicht nie mehr in der Champions League sehen werden! :O Die Frage, die die Fußballwelt seit Mittwochabend umtreibt lautet also: Gibt es ein Leben nach dem Messi? Die AL meint: Bestimmt. Wir haben ja immer noch Marko Grujic.

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