BVB-Boss Hans-Joachim Watzke im Interview: "Wir müssen sogar noch mehr Reibung im Team haben"

Von Alexander Schlüter
Hans-Joachim Watzke ist Geschäftsführer von Borussia Dortmund.
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Borussia Dortmund empfängt am Dienstag im Champions-League-Achtelfinale Paris Saint-Germain (21 Uhr live auf DAZN) im Signal Iduna Park. Vor dem Hinspiel spricht BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Interview mit SPOX und DAZN über die Arbeit von Lucien Favre, die Defensivprobleme und fehlende Reibung im Team.

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Watzke erklärt auch die Vorzüge von Emre Can und Erling Haaland und blickt auf das Wiedersehen mit Ex-Coach Thomas Tuchel in der Champions League voraus.

Herr Watzke, wie bewerten Sie die aktuelle Situation beim BVB?

Hans-Joachim Watzke: Im Februar und März fallen die ersten Entscheidungen, im DFB-Pokal ging es für uns leider nicht gut aus. In der Bundesliga haben wir aus fünf Spielen zwölf Punkte geholt. Das ist gut. Wir befinden uns in einer wichtigen Phase.

Hört Trainer Lucien Favre auf den Rat anderer?

Watzke: Ein Trainer sollte immer seinen eigenen Weg gehen, sich dabei aber sicherlich eine zweite Meinung von seinem Trainerteam einholen. Auf mich wirkt er sehr fokussiert. Was wir alle im Profifußball brauchen, sind Ergebnisse. Wir haben trotz des Scheiterns im Pokal noch viele Chancen und in der Liga eine gute Ausgangsposition.

Hans-Joachim Watzke ist Geschäftsführer von Borussia Dortmund.
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Hans-Joachim Watzke ist Geschäftsführer von Borussia Dortmund.

Hans-Joachim Watzke erklärt Defensivprobleme

Warum unterliegt die Borussia in dieser Saison so großen Leistungsschwankungen?

Watzke: Extrem schwankend sind unsere Leistungen eigentlich gar nicht. Wir haben als einzige Mannschaft zu Hause noch kein Ligaspiel verloren und sind in der Rückrundentabelle weit vorn. Aber immer dann, wenn wir glauben, dass wir gerade sehr stabil sind, kommt der Rückschlag. Vor allem auswärts. Ganz nüchtern analysiert, haben wir in Bremen und Leverkusen zwar viele Fehler und viel falsch gemacht. Aber uns fehlte auch ein wenig das nötige Glück. In Bremen muss uns Schiedsrichter Guido Winkmann einen Elfmeter zusprechen. Er kann nicht einen Spieler mit der Gelben Karte bestrafen, weil dieser Giovanni Reyna umschubst. Dann aber im laufenden Spiel nicht das Foul pfeifen. In Leverkusen ist es ähnlich: Ich bin überzeugt, dass der aberkannte Treffer von Jadon Sancho korrekt war. Trotzdem muss man festhalten, dass wir es in beiden Spielen im kollektiven Defensivverbund nicht gut gemacht haben.

Wo sehen Sie das Hauptproblem?

Watzke: Wir definieren uns möglicherweise zu sehr darüber, gut Fußball spielen zu wollen. Die Defensivarbeit müssen nicht nur die drei, vier Abwehrspieler machen, die gesamte Mannschaft muss sie vorleben. Wenn ich mir anschaue, wie Mane, Salah und Firmino beim FC Liverpool nach hinten mitarbeiten, ist das schon beispielhaft. Wir müssen gieriger sein, unser Tor zu verteidigen. Und nicht nur gierig sein, das nächste Tor zu erzielen. Das ist der entscheidende Punkt. Vielleicht war die Partie in Leverkusen noch einmal ein heilsamer Schock. Ein Fingerzeig, dass wir in der Defensive noch einmal zulegen müssen.

Hans-Joachim Watzke fordert mehr Reibung im Team

Manuel Akanji ist im Sommer nach der Verpflichtung von Mats Hummels aus dem Mannschaftsrat ausgetreten. Haben Sie das verstanden?

Watzke: Ganz grundsätzlich und nicht auf Manuel Akanji gemünzt: Wer sich für Fußball interessiert und nicht akzeptiert, dass ein Mats Hummels, der Weltmeister geworden ist, viele weitere Titel gewonnen und sich um diesem Verein verdient gemacht hat, nach seiner Rückkehr wieder eine gewisse Stellung innerhalb der Mannschaft einnimmt, dem kann ich auch nicht helfen. Manchmal muss man für Reibung sorgen, sonst bräuchte es ja keinen Konkurrenzkampf. Und ich glaube, wir müssen sogar noch mehr Reibung im Team haben.

Neuzugang Emre Can bemängelte in Leverkusen, das Team hätte bei "einer Führung dreckiger zu spielen". Hat er recht?

Watzke: Natürlich. Was er gesagt hat, kann ich zu 100 Prozent unterschreiben.

Haben Spielertypen wie Emre Can der Mannschaft also gefehlt?

Watzke: Wenn diese Spieler wirklich gefehlt hätten, wären wir in der vergangenen Saison nicht mit 76 Punkten, einer fantastischen Ausbeute, Vize-Meister geworden. Ein Saisonverlauf ist immer dynamisch. Da haben Spieler, die zuletzt noch mehr Verantwortung übernommen haben, auch mal eine schwächere Phase. Wenn ein Emre Can als Nationalspieler mit einer gewissen Mentalität auf den Markt kommt, denkt man darüber nach. Im Sommer war er noch nicht zu haben, nun war die Situation eine andere. Wir haben nicht krampfhaft nach einem bestimmten Spielertyp gesucht. Bei Can waren und sind wir überzeugt, dass er uns im Gesamtpaket weiterhelfen kann.

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