Reiss Nelson mit Hoffenheim in der Champions League: Alleskönner mit Ablaufdatum

Von Jonas Rütten
Reiss Nelson soll in Hoffenheim zumindest für ein Jahr den zum FC Bayern zurückgekehrten Serge Gnabry ersetzen.
© getty

Wenn die TSG 1899 Hoffenheim am Dienstag in der Champions League Manchester City empfängt (ab 18.55 Uhr im LIVETICKER), winkt Reiss Nelson der zweite Einsatz in der Königsklasse. In Hoffenheim soll die Arsenal-Leihgabe den Abgang von Serge Gnabry kompensieren und zeigt schon jetzt gute Ansätze. In England prophezeien sie ihm eine große Karriere, auch deshalb haben die Gunners noch vor dem Leihgeschäft langfristig mit dem 18-Jährigen verlängert.

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"Ich will zeigen, was ich kann. Tore schießen, Tore vorbereiten und einfach nur ein großartiger Spieler für die Mannschaft sein." Reiss Nelson machte kein großes Geheimnis um seine Ambitionen und Ziele, mit denen er seine Leihe bei der TSG 1899 Hoffenheim antreten wollte. Er, der seine Feuertaufe beim FC Arsenal längst bestanden und bereits 16 Spiele bei den Profis absolviert hatte, wollte den vielzitierten nächsten Schritt gehen.

Sich durchsetzen, Champions League spielen, sich unersetzlich machen und nicht wie schon so viele hochgelobte Talente in England auf der Bank versauern. Den gleichen Weg hatte vor ihm beispielsweise auch schon Jadon Sancho mit seinem Wechsel von Manchester City zu Borussia Dortmund eingeschlagen.

Die Verpflichtung des 18 Jahre alten Flügelspielers sei sein Wunsch gewesen, gab Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann unverblümt zu - und Nelson zeigte gleich in seinem ersten Einsatz, warum Nagelsmann diesen Wunsch hegte.

Gerade einmal 14 Minuten benötigte der englische Junioren-Nationalspieler nach seiner Einwechslung am 3. Spieltag gegen Fortuna Düsseldorf, um seine Ambitionen zu untermauern. Mit einem schnellen Haken ließ er Fortuna-Kapitän Adam Bodzek stehen und schloss aus spitzem Winkel ins lange Eck ab.

Reiss Nelson vom FC Arsenal zu 1899 Hoffenheim: Einer wie Serge Gnabry

Zum Feiern war Nelson nach der Partie in Düsseldorf aber dennoch nicht zumute, schließlich verlor die TSG beim Aufsteiger mit 1:2 - und das vor dem historischen ersten Champions-League-Spiel der Vereinsgeschichte.

"Ich glaube, unser Fokus war im letzten Moment nicht da", ärgerte sich Nelson daher im Anschluss. Eben jenen Fokus auf seine harte Arbeit habe er auch in den Zeiten nicht verloren, als er im Sommer 2017 bei den Gunners als größte Nachwuchshoffnung für Furore sorgte.

"Ich habe einen Gruppenchat mit meinen Freunden. Die sagten mir, dass Twitter wegen mir explodiere, aber das hat mich überhaupt nicht interessiert. Ich schaue immer nur auf das nächste Spiel", sagte Nelson, der Nagelsmann an einen Spieler erinnert, der in der abgelaufenen Saison für viel Freude im Kraichgau gesorgt hatte.

"Reiss hat vergleichbare Anlagen wie Serge (Serge Gnabry, Anm. d. Red.), was sein Eins-gegen-Eins und sein Tempo angeht. Das sind Komponenten, die wir so im Kader nicht viel haben", sagte der Hoffenheim-Trainer und schenkte Nelson auch in der Champions League gegen Donetzk erste Einsatzminuten.

Reiss Nelson zu Arsenal statt zu den Spurs: "Habe nie zurückgeschaut"

Ob für den 18-Jährigen am Dienstag gegen Manchester City weitere Minuten in der Königsklasse dazukommen, ist offen und gar nicht mal so unwahrscheinlich. Als Hoffenheim aufgrund der "Belastungssteuerung" (Nagelsmann) unter der Woche in der Bundesliga gegen Hannover 96 rotierte, kam Nelson sogar zu seinem Startelfdebüt.

Selbiges absolvierte der Offensivspieler fast exakt ein Jahr zuvor für den FC Arsenal, der damals in der Gruppenphase der Europa League vermehrt auf die Talente aus der eigenen Nachwuchsakademie setzte. Dort spielte Nelson seit seinem neunten Lebensjahr, zuerst entdeckt hatte ihn jedoch ein Ligakonkurrent der Gunners.

"Ich spielte zwei Monate lang für den Moonshot FC, einen Klub im Südosten Londons", erzählte Nelson im Arsenal Weekly Podcast, "dann wurde ich von Tottenham gescoutet. Dort blieb ich aber nur drei oder vier Wochen." Der FC Arsenal habe ihn kontaktiert und bot ihn nach nur einer Trainingseinheit einen Vertrag an.

Den schnellen Wechsel ins Hale Ende habe er nie bereut: "Ich habe nicht einmal zurückgeschaut", gab Nelson offen zu.

Mesut Özil als Förderer beim FC Arsenal: "Er war sehr beeindruckt"

Mit seiner Ankunft bei den Gunners musste Reiss Nelson allerdings auch ein Hobby aufgeben, welches ihn zu dem Fußballer gemacht habe, der er heute ist. Damals kickte Nelson nebenbei noch mit seinen Freunden in der Schulmannschaft und auf den Bolzplätzen Südlondons. Das hat ihm der Klub jedoch ab der 8. Klasse verboten.

"Das Verletzungsrisiko war ihnen einfach zu hoch", erklärte Nelson die Beweggründe der Gunners: "Wir spielten, bis es dunkel wurde. Da gibt es keine Schiris, da gibt es keine Fouls." Er habe damals immer gegen ältere, größere und stärkere Jungs gespielt. "Das hat mich enorm weitergebracht. Du wirst durch sowas viel schneller erwachsen", sagte Nelson rückblickend.

Bei den Gunners wollte er einfach nur "beeindrucken", wie er es selbst einmal formulierte. Angst davor, irgendwann fallen gelassen zu werden, habe er nie gehabt: "Sie gaben mir erst einen Dreijahresvertrag und nach diesem gleich einen neuen. Sie haben mir immer gesagt, dass ich einen weiteren Vertrag bekommen werde", daher habe er nie großen Druck verspürt.

Beeindruckt hat Nelson besonders in der U23 des Haupstadtklubs (28 Torbeteiligungen in 38 Spielen). Nachdem er als 17-Jähriger zu Beginn der Saison 2017/18 sechs Tore in fünf Spielen erzielte, berief Arsene Wenger ihn in den Profikader. Dort wurde er Mesut Özil einer seiner größten Förderer.

"Er hat sehr oft mit mir geredet und mir vor den Spielen extrem geholfen. Nach dem ersten Spiel war er sehr beeindruckt und war überrascht, als ich ihm gesagt habe, wie alt ich bin", erzählte Nelson gegenüber Sky Sports: "Danach hat er mir Tipps gegeben. Das ist schon verrückt, Ratschläge von einem der besten Spieler der Welt zu bekommen."

MannschaftEinsätzeToreTorvorlagenSpielminuten
Arsenal16--734
Arsenal U233817113.116
U-Nationalmannschaft (U16-U19)241551.784

Reiss Nelson wechselt zur TSG 1899 Hoffenheim: "Er kann eigentlich alles"

Auf etwaige Ratschläge von Özil muss Nelson in naher Zukunft zunächst einmal verzichten. Dass er aber nach der Saison wieder zum ehemaligen deutschen Nationalspieler und den Gunners zurückkehren wird, ist kaum Gegenstand von Diskussionen, schließlich machte Arsenal eine Vertragsverlängerung Nelosns zum Gegenstand des Leihgeschäfts.

Hoffenheims Sportdirektor Alexander wird sich daher nur ein Jahr an dem "jungen Spieler mit solch außergewöhnlichen Fähigkeiten" erfreuen können. Selbiges gilt auch für Nagelsmann, der dem Nachwuchstalent attestierte, ein Alleskönner zu sein: "Er kann eigentlich alles am Ball. Natürlich hat er noch nicht die Erfahrung. Aber ich liebe es, Spieler zu entwickeln", sagte Nagelsmann über seinen neuen Schützling, kurz nach Bekanntwerden des Wechsels.

Er werde Nelson Zeit geben, doch dessen Zeit bei der TSG ist begrenzt. Der Alleskönner hat im Kraichgau ein Ablaufdatum. Gut möglich also, dass der 18-Jährige auch gegen Manchester City am Dienstag seine nächsten Einsatzminuten in der Champions League bekommen wird.

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