Der (mindestens) heimliche Matchwinner

Cristiano Ronaldo und Marcelo harmonierten gegen den FC Bayern perfekt
© getty

Bei Real Madrids 4:2-Sieg gegen den FC Bayern München im Viertelfinale der Champions stach mal wieder Cristiano Ronaldo mit drei Toren heraus. Ein anderer trug in seinem Rücken einen riesigen Teil zum königlichen Halbfinaleinzug bei und schwang sich zum heimlichen Matchwinner auf: Marcelo.

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Die Partie zwischen Real Madrid und dem FC Bayern München läuft gerade einmal eine Viertelstunde. Es steht noch 0:0 im Estadio Santiago Bernabeu. Die Königlichen haben sich in der Anfangsphase einer offensiv auftretenden Bayern-Mannschaft gegenüber gesehen. Einem beinahe einschüchternd selbstbewussten Gegner.

Nach einer Klärungsaktion von Jerome Boateng bekommen die Hausherren ihren ersten Eckstoß zugesprochen. Marcelo schnappt sich den Ball und geht zur Eckfahne. Aber nicht, ohne vorher noch einmal gestenreich das Publikum aufzuwecken. Er reißt die Arme hoch, fordert die Zuschauer auf durchzudrehen.

Eine Szene, die man in nahezu jedem Fußballspiel beobachten kann. Und doch hatte sie Signalwirkung an diesem Abend. In der Folge übernahm Real für den Rest des ersten Durchgangs die Initiative.

Der Schuss (positive) Verrücktheit

Es war kein Zufall, dass ausgerechnet Marcelo es war, der gestenreich das Publikum und als Folge dessen auch die Mannschaft aufweckte. Der Brasilianer steht wie kaum ein anderer im Team der Königlichen für vollen Einsatz und den gewissen Schuss (positive) Verrücktheit.

"Ich bin sehr glücklich, dass wir diese Partie mental und physisch so gut gemeistert haben", sagte Marcelo nach der Partie in der Mixed Zone: "Wir mussten 30 Minuten mehr spielen und wir haben es geschafft. Das gibt uns Kraft für die nächsten Aufgaben."

Nicht nur mit Gesten, auch mit Worten verhielt sich Marcelo wie ein Kapitän. Und darüber hinaus mit Leistung.

400. Spiel für Real Madrid

Beim Blick auf die Fakten sticht nach dem 4:2 wieder einmal Dreifachtorschütze Cristiano Ronaldo als Matchwinner heraus. Marcelo jedoch war am Dienstagabend mindestens der heimliche Matchwinner.

Der 28-Jährige war in seinem 400. Spiel für Real defensiv wie offensiv bärenstark.

Marcelo "hielt" mehr Schüsse als Torhüter Keylor Navas, der nur einen abwehrte. Zunächst blockte der Linksverteidiger in der neunten Minute einen Schuss von Thiago an der Fünfergrenze. In der 50. klärte er sogar noch spektakulärer, als er einen Robben-Versuch in höchster Not von der Linie kratzte.

Darüber hinaus lief der 28-Jährige unermüdlich die linke Außenbahn hinauf, um das Spiel nach vorne anzuschieben. Immer wieder tauchte er im Stile eines Außenstürmers am Bayern-Strafraum, häufig an der Grundlinie auf.

Der Einzige ohne Alternative

Für dieses intensive Spiel hat Marcelo mittlerweile die Voraussetzungen. Die braucht er auch, nach dem Real-Aus von Fabio Coentrao ist er der Einzige im Kader, für den es keine wirkliche personelle Alternative gibt.

Zeit seiner Karriere hatte er immer wieder mit Gewichtsproblemen zu kämpfen. Im Jahr 2013 kam er gar mit sechs Kilo zu viel aus dem Urlaub nach Madrid. Dass diese Schwierigkeiten der Vergangenheit angehören und er mittlerweile topfit ist, ermöglichte die läuferisch starke Leistung gegen die Bayern.

Wie häufig er vorne auftauchte, zeigt der Fakt, dass er mit 52 die meisten Pässe in der gegnerischen Hälfte spielte. Marcelo gewann 69 Prozent seiner 16 Zweikämpfe, hatte mit 105 die meisten Ballaktionen und bereitete acht (!) Torschüsse vor.

Spektakuläre Torvorlage

Am spektakulärsten trumpfte er in der 109. Minute auf, als er einen Sololauf über 45 Meter hinlegte, Kimmich, Thiago und Boateng austanzte und im Sechzehner die Ruhe und Übersicht behielt, um auf Cristiano Ronaldo abzulegen. Dieser musste für seinen dritten Treffer nur noch den Fuß reinhalten.

"Mir ging es nur darum", erklärte er den spanischen Journalisten hinterher mit breitem Grinsen, "die beste Entscheidung zu treffen, damit wir ein Tor schießen. Ich habe im Augenwinkel gesehen, dass da noch ein weißer Spieler steht und ich habe es geschafft, den Ball zu ihm zu passen."

Sowieso harmonierte Marcelo auf dem Platz stark mit Ronaldo. Das tat er auch noch nach der Partie, als er sich auf die Seite des Europameisters schlug. Dieser hatte zuletzt vom Publikum gefordert, ihn nicht so hart zu kritisieren. Für den Brasilianer nachvollziehbar: "Das Bernabeu kann sehr fordernd sein und es ist die größte Herausforderung überhaupt, für Real Madrid zu spielen. Das wissen wir beide. Aber die Fans haben ein Recht darauf, uns zu fordern. Cristiano hat ein großartiges Spiel gemacht. Ihm geht es immer darum, das Beste für das Team zu erreichen."

Ganz Kapitän, diese Worte. Nicht zu Unrecht ist Marcelo im Mannschaftsrat der Königlichen.

Kein Wunder, dass Real sich zuletzt intensiv darum bemühte, den ohnehin noch bis 2020 laufenden Vertrag mit dem Brasilianer auszudehnen.

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Am Dienstag forderte er nicht nur die Fans dazu auf durchzudrehen. Als die Partie gewonnen war, tanzte er völlig aus dem Häuschen über den Rasen des ehrwürdigen Bernabeu. Können er und seine Kollegen diese Leistung auch am Sonntag im Clasico gegen den FC Barcelona bestätigen, könnte bereits die nächste Partynacht bevorstehen...

Marcelo im Steckbrief

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