Die Weltrevolution hat begonnen! Oder?

Carlo Ancelotti hat seine eigene Idee vom Fußball
© getty

Acht Pflichtspiele, acht Siege: Carlo Ancelotti ist beim FC Bayern angekommen und hat den historisch besten Start aller Trainer beim Rekordmeister hingelegt. Vor dem ersten großen Prüfstein der Saison, der Wiederauflage des Champions-League-Halbfinals gegen Atletico trägt das FCB-Spiel bereits jetzt seine Handschrift. Doch ist es tatsächlich so verändert? In Zusammenarbeit mit dem Institut für Fußballmanagement analysiert SPOX: Wie spielt der FC Bayern unter Ancelotti?

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Spiel mit dem Ball: Grundordnung und Positionsspiel

Ein Stürmer, zwei Stürmer, drei Stürmer - noch in der Vorbereitung schickte Ancelotti seine Mannschaft in jedem Spiel mit einem anderen System auf den Platz. Die Experimente unter anderem auf der US-Reise waren allerdings vor allem der Tatsache geschuldet, dass der Italiener noch nicht den vollen Kader zur Verfügung hatte. Seit Beginn der Pflichtspiele blieb Ancelotti seinem System treu.

Bei eigenem Ballbesitz spielen die Bayern aus einer 4-3-3-Ordnung heraus. In der Spieleröffnung stehen die Innenverteidiger meist breit. Situativ lässt sich der Sechser, in den bisherigen Saisonspielen meist Xabi Alonso, zum Spielaufbau zwischen die beiden zentralen Abwehrmänner fallen.

Die Rolle des alleinigen Sechsers im Spielaufbau hat im Gegensatz zur Vorsaison unter Pep Guardiola jedoch an Wichtigkeit verloren. Während Xabi Alonso unter dem Katalanen im Schnitt noch 102 Ballaktionen pro Spiel hatte, sind es laut den Daten von Opta unter Ancelotti "nur" noch 84. In keinem der bisherigen Bundesliga-Spiele hatte Alonso mehr Ballaktionen als die Achter (Thiago, Kimmich, Vidal, Sanches).

Den Achtern kommt unter Ancelotti bei eigenem Ballbesitz ohnehin eine wichtige Rolle zu. Arturo Vidal und Thiago Alcantara, aber bei seinen Einsätzen auch Joshua Kimmich, waren in der Anfangsphase der Saison die zentralen Figuren im Spielaufbau der Münchner. In bisher jedem Spiel war ein zentraler Mittelfeldspieler auf der Halbposition derjenige mit den meisten Ballaktionen.

Dr. Alexander Schmalhofer, Leiter des Fachbereichs Spiel- und Taktikanalyse des Instituts für Fußballmanagement, beschreibt eine besondere Aufgabe: "Als Spieleröffnungsvariante war bei den Bayern zu beobachten, dass sich die Achter - Kimmich, Vidal oder Thiago - zwischen den Innenverteidiger und den hochgeschobenen Außenverteidiger fallen ließen. So stellten die Bayern beispielsweise auch Hertha BSC vor große Probleme, da der fallende Achter einen gegnerischen, zentralen Mittelfeldspieler bindet."

Auch das Positionsspiel auf den Flügeln ist ein anderes als in der vergangenen Saison: "Die Positionen sind anders aufgeteilt. Das sieht anders aus als letztes Jahr. Ein klares Beispiel ist, dass wir Außenverteidiger außen sehr hoch stehen und dafür andere innen spielen", beschrieb Philipp Lahm nach dem Sieg im Saisoneröffnungsspiel gegen Werder Bremen seine neue Rolle.

Tatsächlich rücken die Außenstürmer häufig nach innen, während der linke und der rechte Verteidiger hoch auf die offensiven Flügel aufrücken. Franck Ribery und Thomas Müller spielen deutlich weiter im Zentrum als in der vergangenen Saison und nehmen somit mehr am Spielaufbau durch das Zentrum teil, kommen dadurch zudem vermehrt in zentraleren Positionen zum Abschluss. Inwieweit auch Arjen Robben die zentralere Rolle ausfüllt, wird eine spannende Frage der kommenden Wochen.

Robert Lewandowski agiert unter Ancelotti noch stärker als Strafraumstürmer als unter Guardiola.

Lewandowskis Heatmap aus dem Spiel gegen Werder Bremen am 1. Spieltag der Saison 2016/2017

Dabei kommt ihm die höhere Positionierung der Außenverteidiger zugute. Während die Flügel in der Vergangenheit oftmals mit Spielern besetzt waren, die häufig zur Mitte ziehen (Rechtsfuß Ribery auf links, Linksfuß Costa oder Robben auf rechts), gehen Alaba und Lahm häufiger zur Grundlinie und flanken. Im Schnitt schlugen die Bayern in dieser Saison 13,8 Flanken pro Spiel, im Vorjahr waren es 11. Dass Ancelotti Wert darauf legt und entsprechend auch Flanken trainieren lässt, zeigt sich bei der Flankengenauigkeit, die deutlich verbessert ist (31,9 Prozent zu 23 Prozent).