Liga der außergewöhnlichen Gentlemen

Von Thomas Gaber
Unterschiedliche Typen mit Gemeinsamkeiten: Jürgen Klopp (l.) und Jupp Heynckes
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Teamführung und Spielphilosophie

So unterschiedlich beide Trainer in ihrer Persönlichkeit sind, haben sie hinsichtlich der Teamführung einige Gemeinsamkeiten. Klopp und Heynckes sind Pädagogen, haben etwas Väterliches und auch Strenges im Umgang mit den Spielern. Heynckes wahrt dabei die Distanz, Klopp stellt sein Verhältnis zur Mannschaft als etwas Kumpelhaftes dar.

Seine Spieler sind seine "Jungs", die ihn mit dem Spitznamen "Kloppo" anreden. "Ich will kein Abhängigkeitsverhältnis auf dem Platz. Die Arbeit mit der Mannschaft muss von hundertprozentigem gegenseitigem Vertrauen geprägt sein. Wenn ich erkennen sollte, dass das nicht mehr gegeben ist, muss ich sofort aufhören", sagt Klopp.

Als er 2008 in Dortmund anfing, lag der Verein sportlich am Boden. Zwar durfte der BVB durch die DFB-Pokalfinal-Teilnahme im UEFA-Cup spielen, die abgelaufene Bundesligasaison war mit Platz 13 aber ein Horrorszenario.

Klopp krempelte die Mannschaft um und schreckte auch nicht vor unpopulären Entscheidungen zurück. Für Publikumsliebling Alex Frei war Anfang der Saison 2008/09 kein Platz mehr. Nach und nach baute Klopp Talente wie Mario Götze in die Mannschaft ein, vermittelte ihr einen erfrischenden Offensivstil und beherrschte zwei Jahre lang die Bundesliga.

Die Grundidee war recht einfach: Alle zehn Feldspieler müssen verteidigen und angreifen. Dortmund perfektionierte die Jagd nach dem Ball in der gegnerischen Hälfte, gepaart mit schnellem Umschaltspiel. Die Art, wie Borussia Dortmund zwischen 2010 und 2012 Fußball spielte, war keineswegs revolutionär, aber in Deutschland bis dato gänzlich unbekannt.

Eine weitere wichtige Komponente im Klopp-Fußball ist das Vermeiden von Fouls. Wer Fouls machen muss, hat vorher schlecht gearbeitet. Dortmund gehörte in den letzten Jahren auch immer zu den fairsten Mannschaften. In dieser Saison gelang es dem BVB, als erste Mannschaft der Bundesliga Gelbsperren zu vermeiden.

Für die kommende Saison kündigte Klopp eine veränderte Spielweise an. "Es wird wieder mehr Richtung Spiel gegen den Ball gehen. Weniger Dominanzfußball. Und ein ganz wichtiger Aspekt: Wir wollen wieder dramatisch weniger Gegentore bekommen. Wir wollen dafür sorgen, dass Stabilität im nächsten Jahr einen noch höheren Stellenwert erhält", sagte er im "kicker".

Auslaufmodell Heynckes? Von wegen

Heynckes war als Trainer lange pragmatisch eingestellt. Das Spektakel durfte den Erfolg nicht verhindern. In seiner Zeit bei Real Madrid ein Trugschluss. Obwohl er die Champions League gewann, musste er gehen. Die Königlichen spielten nach Meinung der Bosse mit zu wenig Glanz, zu wenig Verve.

Heynckes lässt kaum eine Gelegenheit aus, bei öffentlichen Auftritten auf seine fast 50-jährige Erfahrung im Fußball und seine Zeit im Ausland hinzuweisen. Vor allem in Spanien habe er sich gegen Widerstände durchgesetzt, dabei aber immer einen guten Draht zu seinen Spielern gepflegt.

Der ehemalige Schalke-Manager Rudi Assauer bezeichnete Heynckes während dessen Zeit bei den Knappen als Auslaufmodell. "Jupp ist ein Fußballer der alten Schule aber wir haben 2004."

Dass er mit 68 Jahren nochmal in die Riege der ganz großen Trainer aufsteigt, hat Heynckes seiner "exzellenten Menschenführung" (Bayern-Kapitän Lahm), aber auch seiner Bereitschaft zur Veränderung zu verdanken. "Jupp ist nicht mehr der Dickkopf von früher. Er nimmt Ratschläge mittlerweile an", sagte Heynckes' langjähriger Weggefährte Franz Beckenbauer.

Nach dem 3:0 im letzten Heimspiel gegen Augsburg sagte Philipp Lahm, man könne den Trainer Heynckes nicht nur auf dessen menschliche Fähigkeiten reduzieren. "Unser Trainer ist auch in taktischer Hinsicht ein hervorragender Trainer", sagte Lahm zu SPOX.

Nach der Drama-Saison 2011/12 hat Heynckes aus dem FC Bayern die dominierende Mannschaft Europas gemacht. Erhöhte Aggressivität bei der Balleroberung, eine deutliche verbesserte Balance und mehr Tempo bei eigenem Ballbesitz sind die Merkmale des FC Bayern 2012/13.

Heynckes ist es in dieser Spielzeit auch gelungen, 16, 18 potentielle Stammspieler bei Laune zu halten. "Was unser Trainer ist dieser Saison geleistet hat, ist einfach fantastisch. Ihm gebührt das höchste Maß an Respekt", sagte Sportvorstand Matthias Sammer. Fehlt nur noch das krönende Ende einer sehr erfolgreichen Karriere als Spieler und Trainer.

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Borussia Dortmund - FC Bayern München: die Bilanz gegeneinander