Als die Bayern niemanden interessierten

Von Für SPOX in Madrid: Jochen Tittmar
Die Dortmunder Helden feiern bei der Ankunft am Flughafen mit den Fans
© getty

Die Spieler von Borussia Dortmund waren nach dem Einzug ins Champions-League-Finale teilweise zu platt, um noch eine große Party abzureißen. Andere folgten Madrid-Kenner Nuri Sahin bis in die Morgenstunden. Interessant wird, was der BVB im Bundesliga-Spitzenspiel gegen Bayern München am kommenden Samstag zu leisten imstande ist.

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Um 23.07 Uhr, Borussia Dortmund stand seit wenigen Minuten als erster Teilnehmer des Champions-League-Finals 2013 fest, brandete im Santiago Bernabeu noch einmal großer Jubel auf.

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Die Mannschaft, die direkt nach Schlusspfiff bereits mit den mitgereisten Fans feierte, zeigte sich ein weiteres Mal vor der Rafael-Salgado-Kurve und das versammelte schwarz-gelbe Völkchen im Oberrang, das aufgrund der obligatorischen Blocksperre immer noch im Stadion verweilte, rastete noch einmal komplett aus.

"Wembley calling"

Als die Spieler, allesamt in T-Shirts mit der Aufschrift "Wembley calling" gehüllt, danach in den Katakomben verschwanden, hätte man dort eine feucht-fröhliche Feier annehmen können. Doch da waren keine explodierenden Sektkorken oder Bierduschen zu bestaunen.

Diese enorm intensiven 96 Minuten, die zuvor abgerissen wurden, torpedierten die ganz große Party. Die Mannschaft war zu platt, um so kurz nach der Partie noch einmal richtig aus sich heraus zu gehen. Manche Kicker vermittelten den Eindruck, dass sie selbst beim Halten einer Bierpulle Schwierigkeiten bekommen hätten.

Erleichterung und Erschöpfung regierten stattdessen im Bauch der beeindruckenden Schüssel, der überragende Roman Weidenfeller erzählte von einer wehmütigen Episode, die sich in der Kabine zugetragen hatte.

"Sebastian Kehl, Michael Zorc und ich haben uns in den Armen gelegen und mussten uns zwicken, um zu begreifen, dass das Realität ist. In Aachen haben wir damals den Abstieg verhindert. Und jetzt stehen wir im Finale der Champions League. Das ist absoluter Wahnsinn."

Verwirrung um die Nachtgestaltung

Der Torhüter sorgte dann auch für ein wenig Verwirrung ob des anstehenden Partyprogramms. "Wenn ich der Mannschaft jetzt nicht gestatte auszugehen, bin ich ja ein Vollhorst. Es wäre krank, das nicht zu tun, nach so einer großartigen Leistung muss die Anspannung auch irgendwo mal raus", sagte Jürgen Klopp noch direkt nach Schlusspfiff.

Weidenfeller hatte offenbar einen anderen Kenntnisstand: "Eben war der Trainer noch strenger in der Kabine, hat gesagt: 'Keiner geht aus dem Hotel!'"

Am Ende kam eine Mischvariante heraus. Nach einem gemeinsamen Essen inklusive besserer Hälften waren einige Spieler nicht mehr in der Lage, das Mannschaftshotel zu verlassen und begnügten sich mit ein paar Getränken auf den Zimmern. Andere wiederum, angeführt vom fitten da nicht aufgelaufenen Madrid-Kenner Nuri Sahin, rockten noch bis tief in die Morgenstunden eine Bar, die die Real-Leihgabe aufgetan hatte.

Empfang am Flughafen

Der Rückflug nach Dortmund, die Stadt hatte die Nacht beinahe durchgemacht, stand für 11 Uhr an, so dass einige Kicker dann doch reichlich übernächtigt am Flughafen erschienen.

"Die Nacht war kurz, aber das war auch wichtig nach diesem Spiel", sagte Weidenfeller nach der Landung und bestätigte, dass die ganz große Sause ausblieb: "Wenn uns der Trainer den kleinen Finger reicht, können wir ihm ja nicht gleich den ganzen Arm abreißen."

Manche Spieler versteckten sich hinter dunklen Sonnenbrillen, die Partygänger waren so recht einfach auszumachen. Nach einer La-Ola-Welle für die rund 200 wartenden Fans ging es mit dem Mannschaftsbus zum Trainingsgelände, an Arbeit war an diesem Mittwoch aber nicht mehr zu denken.

Glücklichste Niederlage der Geschichte

Wie die Dortmunder das Top-Spiel am Samstag gegen den FC Bayern München angehen werden, wird unter diesen Umständen interessant werden. Der BVB muss in jedem Fall einige Veränderungen an der ersten Elf vornehmen.

Mario Götze wird gegen seinen kommenden Arbeitgeber mit einem Muskelfaserriss sicher fehlen, Sven Bender trug einen Schlag auf das Wadenbeinköpfchen davon und auch der malträtierte Robert Lewandowski fuhr angeschlagen aus Madrid ab - das dürfte nur ein Auszug der Liste der Geplagten sein.

Doch diese Partie interessierte Dienstagnacht niemanden, wenngleich sich die Borussia der Befürchtung erwehrte, das vermeintlich vorweggenommene Finale von London habe keine sportliche Bedeutung mehr.

Nur Klopp, der sich im Hotel noch ein Bier gegönnt hatte, ließ schon einmal ausrichten: "Kann sein, dass wir von den Bayern richtig Haue bekommen. Aber das wird die glücklichste Niederlage der Geschichte."

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