Michel Bastos: Der Mutmacher

Von SPOX
Der FC Schalke hat Michel Bastos bis Sommer 2014 von Olympique Lyon ausgeliehen
© Getty

Michel Bastos sollte die Lücke des verletzten Ibrahim Afellay füllen - aber schon nach nur drei Spielen scheint er auf Schalke zu Höherem berufen. In einer verunsicherten Mannschaft kann der Brasilianer nach kurzer Zeit bereits zum wichtigen Führungsspieler werden.

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Bei Michel Bastos hatte Horst Heldt gleich in zweierlei Hinsicht den richtigen Riecher. Schalkes Sportvorstand empfand die Kennziffern des 29-Jährigen im Januar für ausreichend, um den schwer verletzten Ibrahim Afellay zu ersetzen.

Als Heldt bei Bastos' Vorstellung kurz vor Ablauf der Transferperiode betonte, welche Qualitäten sein Zukauf habe und dass er "der Mannschaft mit seiner Erfahrung garantiert weiterhelfen" werde, ahnte Heldt noch gar nicht, wie Recht er damit behalten sollte.

Michel Bastos, 29, geboren in der südbrasilianischen Küstenstadt Pelotas und ausgestattet mit einer brasilianischen und einer französischen Staatsbürgerschaft und einem Vornamen als Hommage an den großen Michel Platini, hat sich innerhalb von wenigen Tagen zu einem der wenigen - scharfe Kritiker würden behaupten: zu dem einen - Hoffnungsträger der Schalker Gemeinde entwickelt.

Der Plan war ein anderer

Das schönste seiner bislang drei Tore hatte gegen Greuther Fürth nur marginalen Wert und geht als Beiwerk in die Statistik ein. Die beiden Treffer am vergangenen Wochenende in Mainz allerdings reichten wenigstens zu einem Punktgewinn.

Und hätte Julian Draxler seinem Zuspiel auf den Brasilianer kurz vor dem Ende nicht die falschen Koordinaten mit auf den Weg gegeben, Bastos wäre noch mehr in die Rolle des Retters geschlüpft, als er es jetzt schon tut. "Wenn er heute noch eines nachgelegt hätte, wäre er ein echter Held gewesen", sagte der andere Heldt.

Zwar wollte er ebenso wie der Rest der Schalker Familie einen Spieler, der in allen Wettbewerben und vor allen Dingen sofort helfen kann. Dass Bastos nach drei absolvierten Partien jetzt aber schon so etwas wie die Lebensversicherung der Königsblauen sein soll, war sicherlich nicht geplant.

Unbekümmerte Art

Ein Mix aus genannter Erfahrung und Unbekümmertheit macht Michel Bastos im Moment so wichtig für die Mannschaft. Denn so schnell er sich in das wackelige Schalker Kollektiv auch eingefunden hat: Die weniger schönen Eigenarten des Klubs hat der Brasilianer seit seiner Ankunft vor gut drei Wochen noch nicht kennengelernt. Und die greifbare Verunsicherung des Teams hat ihn ebenfalls nicht befallen. Bastos spielt im Moment einfach unbekümmert drauf los.

Das Remis von Mainz war ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Immerhin hat sich die Mannschaft anders als in den Spielen zuletzt von Gegentoren nicht komplett entmutigen lassen. Das sehen die Verantwortlichen so, allen voran Trainer Jens Keller, der die Moral seiner Kicker in den Vordergrund stellte.

"Wir haben gefightet und gezeigt, dass wir am Leben sind", sagte Jermaine Jones. Kapitän Benedikt Höwedes will "viele positive Dinge mit nach Istanbul nehmen. Wir haben uns alle in jeden Ball reingeschmissen und nicht unterkriegen lassen."

Immer noch viel Arbeit

Die vielschichtigen Probleme kaschierte der Auftritt in Mainz aber nur auf den ersten Blick. Hinter dem schmeichelhaften Ergebnis türmt sich weiterhin ein Berg von Problemen und dass grundlegende Kriterien wie Einstellung und Kampfgeist nun besonders betont werden (müssen), sagt einiges aus über das fragile Gebilde.

Die Selbstverständlichkeit ist noch immer nicht zurück im Schalker Spiel. In Mainz musste Keller schon wieder umbauen, warf Jefferson Farfan als zentrale Spitze ins Rennen, mit dem zweiten Winterzugang Raffael dahinter. In der Offensive ließen sich einige Aktionen schon wieder sehr gut an.

Acht Großchancen für den Gegner und der Dauerdruck der Mainzer zum Ende der Partie gegen müder werdende Schalker sind aber weiterhin bedenkliche Parameter. Es gibt immer noch jede Menge zu tun.

Höwedes, Hildebrand - Bastos?

Neben Kapitän Höwedes hat sich Timo Hildebrand in den letzten Spielen und auch intern als Führungskraft hervorgetan. Dahinter klafft aber immer noch ein Loch. Der Weggang (Lewis Holtby) oder Ausfall (Afellay, Klaas Jan Huntelaar) wichtiger Spieler ist noch nicht in dem Maße kompensiert, dass Schalke schon wieder nach den ganz großen Zielen schielen könnte.

Selbst Raul, seit über einem halben Jahr schon nicht mehr auf Schalke, fehlt in dieser schwierigen Zeit als Orientierungspunkt für Teile der Mannschaft.

"Es ist nicht die Phase, über die Ziele zu reden, die wir Anfang der Saison gesteckt haben", sagt Heldt. "Es ist Humbug, jetzt über die internationalen Plätze zu sprechen." Dafür stimmt die Komposition der Mannschaft derzeit nicht, auch wenn die individuelle Qualität des Kaders immer noch überdurchschnittlich hoch ist.

Glaube an die Mannschaft

Gerade auch die von Bastos. Bis 2014 ist der von Olympique Lyon ausgeliehen, in den beiden Sommerpausen bis dahin besteht jeweils die Gelegenheit, ihn fest zu verpflichten. Die 1,5 Millionen Euro Leihgebühr erscheinen schon nach drei Spielen vernünftig investiert.

"Es ist eine gute Waffe, wenn man Spieler in den eigenen Reihen hat, die so exzellent schießen", sagt Heldt über Bastos' linken Fuß. Momentan hat der sich auf der linken Seite festgespielt und zuletzt Julian Draxler auf die Farfan-Position nach rechts verbannt. Ursprünglich war Draxler als Konkurrenz für Raffael im Mittelfeldzentrum gedacht. "Da haben wir viele Variationsmöglichkeiten", wie Heldt es damals ausdrückte.

In die Rolle des Heilsbringers will sich Bastos trotz bislang starker Leistungen nicht drängen lassen. Vielmehr versteht er seine Auftritte als Signal an seine Kollegen, als Mutmacher. Denn: "Ich kannte die Lage der Mannschaft gut, als ich nach Schalke kam", sagt er. "Aber ich kannte auch die Qualität der Mannschaft und war von ihren Fähigkeiten überzeugt, die Probleme zu lösen."

Das ist der FC Schalke 04