Der Imperator sucht den Feinschliff

Von Für SPOX in Istanbul: Fatih Demireli
Trotz der Meisterschaft im letzten Jahr ist Fatih Terim noch mit dem Umbau bei Gala beschäftigt
© Getty
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Die Achse: Terim ist ein Freund der Rotation: Zum einen, um Gegner, Öffentlichkeit und manchmal sich selbst zu überraschen, aber auch um seine Spieler bei Laune zu halten. Dennoch hat der Galatasaray-Trainer eine Achse des Vertrauens, die eigentlich unumstößlich ist. Da ist Torhüter Fernando Muslera, der sich nach anfänglichen Schwierigkeiten zum besten Torhüter der Liga entwickelte. Seine Strafraumbeherrschung hat internationale Klasse, Schwächen, wenn überhaupt, offenbart er im Eins gegen Eins.

Schwer ins Gewicht fiel die Verletzung von Tomas Ujfalusi, der in seinem ersten Jahr Galatasaray als Kapitän zum Titel führte. Erst ein Kreuzbandriss, dann ein Meniskusriss sorgten für den kompletten Ausfall in der laufenden Saison. Dessen letztjähriger Nebenmann Semih Kaya schickt sich an, in die Rolle des neuen Dirigenten aus der Defensive zu schlüpfen. Das Abwehr-Talent hat sich trotz einer zwischenzeitlichen Schwächephase zum Abwehrchef entwickelt, benötigt aber noch internationale Härte, die auch Nebenmann Dany Nonkeu fehlt. Dieser gilt ob seiner unkonventionellen Spielweise bisweilen als Unsicherheitsfaktor.

Im Mittelfeld ist trotz Felipe Melo, Hamit Altintop und neuerdings Wesley Sneijder ganz klar Selcuk Inan der Chef. Mit 13 Toren und 15 Vorlagen war er der Erfolgsgarant beim letztjährigen Titelgewinn. In der aktuellen Spielzeit litt er etwas unter dem ständigen Partnerwechsel im Mittelfeldzentrum, weil Felipe Melo entweder gesperrt, verletzt oder außer Form war. Seit Sneijders Ankunft ist aber auch bei Inan ein Formanstieg zu erkennen. Ganz vorne gilt Burak Yilmaz als finale Station der Achse, auch wenn Terim noch läuferische Defizite beim Torjäger erkennt und auch deswegen immer wieder mal eine Alternative sucht. Gut möglich, dass Didier Drogba über kurz oder lang die Chefrolle im Angriff übernimmt. Dass Yilmaz und Drogba sich auf Anhieb gut verstehen, ist augenscheinlich.

Das System: Fatih Terims Credo ist seit jeher die Offensive, obwohl er ein knochenharter Verteidiger war. Sowohl bei Galatasaray, als auch bei Florenz, Milan oder der türkischen Nationalmannschaft: Terim suchte sein Heil immer im Angriffsfußball. Als er zum dritten Mal zu Galatasaray zurückkehrte, war eine seiner ersten Versprechungen, "ein Galatasaray, das immer vorne draufgehen wird".

Mit einem sehr offensiv ausgelegten 4-4-2 wurde Galatasaray im Vorjahr Meister. Johan Elmander und Necati Ates bildeten die Doppelspitze, auf den Außen agierten mit Emre Colak und Engin Baytar zwei gelernte Zentralspieler. Zentral bildeten Selcuk Inan und Felipe Melo die Schaltzentrale. Terim kündigte aber schon früh in der Vorbereitung zur neuen Saison an, einen Systemwechsel in Erwägung zu ziehen, um insgesamt etwas moderner und ausgewogener agieren zu können.

Zunächst blieb er beim 4-4-2, auch weil Burak und Umut in Serie trafen. Aber: Galatasaray ist in der Rückwärtsbewegung deutlich anfälliger als noch im Vorjahr, was letztlich zur Planänderung führte. Terim freundete sich mit dem 4-2-3-1 an, was schließlich zum Interesse an Wesley Sneijder führte. Als Alternative, und dem Vernehmen nach die von Terim favorisierte Lösung, galt Real Madrids Kaka. Gesucht wurde eine Nummer 10 für das Spielzentrum.

Beim 2:0 gegen Antalyaspor stellte Terim erstmals um und Sneijder begann auf der Zehn - hinter der einzigen Spitze Burak Yilmaz. Bei Akhisarspor probte Terim dann aber schon ein 4-3-1-2: wieder mit Sneijder auf der Zehn und Burak/Umut in der Spitze. Der für Umut eingewechselte Didier Drogba markierte schließlich das 1:0 und bereitete das 2:0 vor.

Wäre Drogba nicht verpflichtet worden, wäre man wohl beim 4-2-3-1 geblieben. Um seine torgefährlichsten Akteure spielen zu lassen, scheint Terim aber das 4-3-1-2 zu favorisieren - auch wenn er da noch den Feinschliff sucht. Eine wichtige Rolle, ganz gleichgültig in welchem System, fallen Felipe Melo, Selcuk Inan und Hamit Altintop zu, die sich um die Ordnung im Zentrum kümmern sollen. Der Nachteil für Terim: Viel Zeit für Experimente hat er nicht.

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