Drei Schlüssel und ein Problem

Von Daniel Börlein
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© Getty
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Die Rolle von Wayne Rooney

Uniteds Defensivkonzept basiert auf Ordnung, Balance und der disziplinierten Umsetzung der Vorgaben. Die Durchschlagskraft in der Offensive ist eng mit dem Namen Wayne Rooney verknüpft - und vor allem der Art und Weise, wie er seine Rolle interpretiert.

Teilweise bringt Ferguson den 25-Jährigen als vorderste und alleinige Spitze, in den letzten Wochen bevorzugte Manchesters Coach allerdings meist die Variante, Rooney mit Javier Hernandez einen zweiten gelernten Stürmer zur Seite zu stellen. Auf dem Papier agiert United damit mit zwei Angreifern, in der Praxis allerdings agiert Rooney keineswegs als zweite Spitze.

Bei gegnerischem Ballbesitz lässt sich Rooney zurückfallen und stört den Spielaufbau im Zentrum, in dem er den Passweg zurück zustellt oder den ballführenden Gegenspieler aus dessen Rücken kommend anläuft und ihn damit zum schnellen Abspiel zwingt (siehe Diashow Seite 1). Immer wieder klinkt sich Rooney bei seiner Defensivarbeit auch in der Mittelfeldreihe ein, verringert dadurch die Abstände noch mehr und stopft eventuell entstandene Lücken.

Rooney zwischen Mittelfeld und Sturm

Kontrolliert United das Spiel, ist Rooneys Verhalten noch interessanter. Während Hernandez in der Regel konsequent das Sturmzentrum hält und auf Höhe der Innenverteidigung lauert, ist Rooney immer in Bewegung - und zwar ständig zwischen Angriff und Mittelfeld.

Fast bei jedem kontrollierten Spielaufbau sucht Rooney den vertikalen Laufweg Richtung eigene Hälfte, bietet sich als zusätzliche Anspielstation an und eröffnet seiner Mannschaft dadurch zwei Möglichkeiten. Option eins: Rooney bekommt den Ball in den Fuß gespielt (meist mit dem Rücken zum Tor). Von ihm wandert der Ball direkt oder über eine Zwischenstation vornehmlich auf eine der Außenbahnen - im Idealfall auf die von Rooney gesehen weiter entfernte (siehe Bild 1 bis 3).

Der Grund: Ähnlich wie im Fall von Giggs (siehe Seite 1) wird das Spiel dadurch verlagert, die aktive Spielfläche vergrößert und der Gegner zum schnellen Verschieben gezwungen. Der Unterschied zu Giggs: Rooney sucht nach seinem Abspiel den Weg in die Spitze. Dadurch dass der Gegner im Verbund ballseitig verschiebt, kann Rooney auf der ballfernen Seite im Rücken seiner Gegenspieler aus der Tiefe einlaufen und ist durch die Tatsache, dass er aus der zweiten Reihe kommt und von Mittelfeld auf Abwehr übergeben werden muss, noch schwerer greifbar (siehe Bild 4 und 5).

Option zwei: Rooney bekommt den Ball nicht. Durch den Laufweg aus der Spitze Richtung Ball zieht er einen defensiven Mittelfeldspieler oder einen der beiden Innenverteidiger einige Meter aus dessen Position heraus, weil dieser eine kontrollierte Ballannahme Rooneys im gefährlichen Raum vor dem Tor verhindern will.

Der Abwehrreihe wird es dadurch erschwert, eine Linie zu halten, weil innerhalb kürzester Zeit entschieden werden muss: Herausrücken oder die Position halten? Entscheidet sich einer der Abwehrspieler anders als der Rest, entstehen Lücken zum Einlaufen für die Außenbahnspieler oder die Gefahr, dass ein langer Ball auf den lauernden Hernandez zum wirkungsvollen Mittel wird.

Probleme bei Pressing

Uniteds Defensive ist das Aushängeschild der Mannschaft, unverwundbar ist die Ferguson-Elf deshalb allerdings keineswegs. In den letzten Wochen offenbarten die Red Devils bisweilen Probleme, wenn sie mit Pressing aggressiv und früh unter Druck gesetzt wurden. Vor allem Manchester City brachte United im FA-Cup-Halbfinale mit diesem Mittel immer wieder in Schwierigkeiten. So war der Siegtreffer durch Yaya Toure ein Resultat von Citys aggressivem Spiel gegen den Ball weit in ManUniteds Hälfte.

Das Problem: Uniteds Innenverteidiger, ob nun Rio Ferdinand, Nemanja Vidic oder Chris Smalling, haben allesamt Luft nach oben in Sachen Spieleröffnung. Die beiden Außenverteidiger hingegen neigen im Spielaufbau ab und an dazu, zu weit nach vorne zu schieben und nehmen sich damit als mögliche Anspielstation selbst aus dem Spiel (siehe Bild 6 und 7).

Soll die Spieleröffnung dann kontrolliert erfolgen, bleibt dem jeweiligen Innenverteidiger in der Regel nur der flache Pass ins Zentrum auf einen der defensiven Mittelfeldspieler, wodurch bei einem früh attackierenden Gegner die Gefahr des Ballverlustes steigt.

Um dieses Risiko so selten wie möglich einzugehen, müssen Ferdinand, Vidic oder Smalling dann entweder auf die Notlösung Rückpass zu van der Sar zurückgreifen (siehe Bild 9), um wenigstens in Ballbesitz zu bleiben, oder den langen Ball spielen, der allerdings die Aussicht auf Ballverlust deutlich erhöht.

Teil 1: Balance und Ordnung

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