Bayern vs. Inter 2:2

Von Florian Bogner / Christian Bernhard
Wer gewinnt die Champions League? Robben (l.) und die Bayern oder Eto'o und Inter?
© Imago

Wie der FC Bayern machte Inter am Sonntag das Double perfekt und zeigte damit auf, dass sich Geschichte wiederholen kann. Vor dem Grande Finale in Madrid ist der Respekt vor einander groß - das Selbstvertrauen der Akteure aber auch.

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Mario Balotelli macht den Ball an der Eckfahne fest. Jose Mourinho schickt Blitze in Richtung Schiedsrichter. In Rom und Verona will man schon gar nicht mehr hinsehen. Die Sekunden verrinnen. Endlich nimmt Emidio Morganti die Pfeife in den Mund und bläst dreimal kräftig - Inter hat zum 18. Mal den Scudetto in den Händen, die Roma schaut in die Röhre.

Für Mourinho ist es die zweite Meisterschaft in Folge, aber sicherlich sein emotionalster Titel. Mit Abpfiff richtet der Coach die Zeigefinger zweimal gen Himmel, verschwindet dann sofort in den Katakomben. Später, als den Spielern auf dem Feld der Scudetto überreicht wird, weint der Portugiese ehrliche Tränen der Erleichterung. Glückseligkeit bei den Nerazzurri.

"Das war ein hartes Stück Arbeit, denn fünf Spieltage vor Schluss waren wir zwei Punkte hinten. Ich habe noch nie am letzten Spieltag um einen Titel gekämpft. Das war der schwerste Scudetto", sagte ein gelöster Mourinho.

Es wird ein Triple geben

Für Inter ergaben sich an diesem Abend durchaus Parallelen zu 2007: Auch damals hieß der Verfolger AS Rom, auch damals hatten die Römer am letzten Spieltag für einige Minuten die Hand am Scudetto. Wie 2007 brachte Mirko Vucinic AS im Fernduell in Führung. Diesmal trat Diego Milito im Inter-Trikot an die Stelle von Zlatan Ibrahimovic und erzielte das Tor zum Titel.

Besser hätte man es nicht inszenieren können - Milito, der sinnbildlich für das neue Inter steht, schießt die Mailänder zuerst zum Pokalsieg und dann mit seinem 22. Saisontor zum Double. "Das ist das wichtigste Tor meiner Karriere", sagte Milito im Jubeltaumel von Siena, wie bei Mourinho kullerten dem Argentinier Tränen über die Wangen.

Nach dem FC Bayern München hat Inter nun also nun auch das Double geholt - und greift nach den Sternen Europas. Wie 1999 (Manchester United) und 2009 (FC Barcelona) wird es dieses Jahr wieder einen Triple-Sieger geben. Und wer hätte vor der Saison gedacht, dass dieses zwischen dem FCB und Inter ausgespielt wird?

Robben adelt van Gaal und Mourinho

Franz Beckenbauer jedenfalls nicht. "Wenn mir das einer vor einem halben Jahr gesagt hätte, hätte ich ihn in die Nervenheilanstalt weitergeleitet", meinte der Kaiser nach dem Pokalsieg der Bayern am Samstagabend. "Heute ist es eine Wonne, dieser Mannschaft zuzuschauen."

Vor dem Endspiel in Madrid am Samstag begegnen sich beide Teams absolut auf Augenhöhe - und das gilt nicht nur für die Trainer. Hier der knorrige, aber mittlerweile mehr als nur akzeptierte Louis van Gaal, das Feier-Biest. Dort sein ehemaliger Zögling Jose Mourinho, stets extrovertiert und mit seinen Aussagen immer im Grenzbereich, das Großmaul.

Mourinho respektiert kaum einen Trainer so wie van Gaal, der ihn einst in Barcelona unter seine Fittiche nahm. Van Gaal gibt diese Ehrfurcht gerne zurück. "Wir müssen abwarten, ob wir die Organisation von Mourinho auch schlagen können", sagte der FCB-Trainer nach der Gala gegen Bremen.

Ihren Heldenstatus haben sich beide jedoch jetzt schon verdient. "Beide sind die besten Trainer der Welt", sagt Arjen Robben voller Anerkennung. "Ich denke, der Unterschied ist, dass Mourinho eher defensiv taktiert. Unter van Gaal wollen wir immer Fußball spielen."

Beste Abwehr, bester Angriff

Wie Bayern stellte Inter in Italien allerdings neben der besten Abwehr auch den besten Angriff. Wie der FCB hat die Mourinho-Truppe im entscheidenden Moment immer eine Antwort auf die Spielweise der Gegner parat.

"Inter Mailand ist eine sehr starke Mannschaft. Sie haben einen Trainer, der taktisch sehr gut einteilt", meinte Bastian Schweinsteiger am Samstag ehrfürchtig. "Wir haben nicht nur vor der Defensive Respekt, sondern auch vor der Offensive. Sie haben mit Samuel Eto'o, Wesley Sneijder und Milito sehr gute Spieler, die man 90 Minuten lang bekämpfen muss."

Dennoch ist die Brust der Bayern vor Madrid breiter denn je. "Wenn wir das abrufen, was wir können, dann werden wir das Spiel gewinnen", ist sich Schweinsteiger sicher. "Wir haben noch mehr vor. Ein Double ist schön, aber ein Triple noch besser", meinte Philipp Lahm mit diesem ganz besonderen Glänzen in den Augen.

Herausragend - oder historisch?

Auf beiden Seiten ist man sich bewusst: So eine Chance kommt wahrscheinlich nur einmal im Leben. "Die Jungs sind bis in die Haarspitzen motiviert. Das Triple nach München zu holen, ist eine einmalige Chance", sagte Sportdirektor Christian Nerlinger.

"Am Samstag haben wir ein Spiel, das darüber entscheiden wird, ob es eine herausragende Saison war oder eine historische. Das zweite ist das, was wir alle wollen", sagte Inter-Mittelfeldspieler Esteban Cambiasso am Sonntag.

Dementsprechend emotional wird die Partie im Bernabeu wohl auch werden. Ein Taktik-Leckerbissen wohl auch. Die taktische Reife, die der FC Bayern gegen Bremen zur Schau stellte, beeindruckte jedenfalls auch den Bundestrainer.

"Ihre Raumaufteilung, Systematik - sie spielen Fußball auf ganz hohen Niveau", sagte Joachim Löw im "Aktuellen Sportstudio" über die Bayern und lobte vor allem die "unheimlich gute" Raumaufteilung in der Offensive. "Sie haben immer Anspielstationen. Sie gehen mit einem unheimlich hohen Tempo in die freien Räume, das gibt ihnen immer wieder Chancen, die sie auch nutzen."

Ekstase auf der Piazza Duomo

Die letzte Parallele zwischen beiden Teams: Am Wochenende wird erstmal noch ausgiebig gefeiert. Van Gaal ließ seine Spieler in Berlin wie schon in der Vorwoche von der Leine. Limit Morgengrauen, die Devise. "Es schadet offensichtlich nicht, wenn man feiert. Ganz im Gegenteil, es motiviert", gab auch Karl-Heinz Rummenigge seinen Segen.

In Mailand füllte sich die Piazza Duomo nach dem Titelgewinn in Sekundenschnelle, die Mannschaft wird von den Tifosi in den Abendstunden in einem offenen Bus erwartet. "Jetzt genießen wir diesen Tag, ab morgen denken wir ans CL-Finale", sagte Milito vor dem Abflug nach Mailand.

Jose Mourinho wurde noch gefragt, wie man denn den Bayern in der kommenden Woche beikommen könne. "Was wir tun müssen, um die CL zu gewinnen?", sagte der Portugiese. "Ich weiß es nicht, ab morgen werden wir uns ausgiebig damit befassen." Inter wird bereit sein.

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