Brehme: "Bei Inter wurde deutsch gesprochen"

Von Interview: Haruka Gruber / Florian Bogner
Brehme (r.) und Matthäus wechselten 1988 zusammen aus München nach Mailand
© Imago

Bayern vs. Inter: zwei Gegner, eine Vergangenheit (Sa., 20.15 Uhr im LIVE-TICKER, auf SAT.1 und SKY). Andreas Brehme wechselte 1988 zusammen mit Lothar Matthäus nach Mailand und war Teil einer erfolgreichen Nerazzurri-Ära. In der ersten Saison gewannen sie mit Inter gleich die Meisterschaft und holten den Supercup, 1991 wurde zusammen mit Jürgen Klinsmann der UEFA-Cup-Sieg bejubelt.

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Im Interview mit SPOX erinnert sich Andreas Brehme an seine Zeit bei Inter. Mit dabei: Ein Deutschland-Fan und Mourinhos Assistent.

SPOX: Nach Jahren der internationalen Tristesse steht Inter Mailand wieder im Rampenlicht des Weltfußballs. Begründet Jose Mourinho eine neue Ära?

Andreas Brehme: Mit dem Gewinn von fünf italienischen Meisterschaften in Folge hat Inter ja schon eine unglaubliche Serie aufgestellt - aber ich weiß, worauf die Frage abzielt: Präsident Massimo Moratti war die letzten Jahre trotz der Titel nie ganz zufrieden, weil der internationale Erfolg gefehlt hat. Jetzt steht Mailand endlich in einem Champions-League-Finale - aber das wird ihm nicht reichen. Die Mannschaft ist verdammt zum Erfolg. Ob mit einem Sieg über die Bayern aber eine Ära begründet wird, die Massimo Moratti zufrieden stellt, wird erst die Zeit zeigen.

SPOX: Wie eng sind Ihre Beziehungen zu Inter?

Brehme: Ich habe noch zahlreiche Verbindungen nach Mailand. Mit einigen ehemaligen Spielern stehe ich in Kontakt, außerdem kenne ich Gabriele Oriale sehr gut, der im Transfersektor für Inter arbeitet. Wir telefonieren häufiger und ich kann mich immer melden, wenn ich Karten brauche. (lacht)

SPOX: Und Massimo Moratti?

Brehme: Ich habe ihn bereits einige Male getroffen. Ein sehr sympathischer und intelligenter Mann, mit dem es sehr viel Spaß macht, sich zu unterhalten. Wie hoch sein Ansehen ist, sieht man, wenn er in Mailand durch das Stadtzentrum läuft. Er hat das gewisse Etwas.

SPOX: Wie unterscheidet sich Moratti von seinem Vorgänger Ernesto Pellegrini, der Sie nach Mailand holte?

Brehme: Beide sind sich recht ähnlich. Begeisterte Präsidenten, die unglaublich mitgefiebert haben und viel Geld in den Verein gesteckt haben. Pellegrini ist ein ähnlich positiver Typ mit einer tollen Ausstrahlung, die sich auf die Mannschaft übertragen hat. Was für uns natürlich schön war: Pellegrini war ein Deutschland-Fan und verpflichtete nicht nur Lothar Matthäus und Jürgen Klinsmann, sondern vorher auch Karl-Heinz Rummenigge und Hansi Müller. Damals wurde bei Inter deutsch gesprochen und wir wurden angehimmelt. (lacht)

SPOX: In der Inter-Historie gibt es zwei legendäre Trainer: Helenio Herrera und Giovanni Trapattoni, mit dem Sie italienischer Meister wurden und den UEFA-Cup gewannen. Ist es Zufall, dass Mourinho wie Herrera und Trapattoni einen Fußball der kontrollierten Offensive lehrt?

Brehme: Ich glaube, das hat nichts mit Inter Mailand speziell zu tun. Vielmehr ist der italienische Fußball generell sehr von Taktik geprägt, wodurch natürlich Trainer eher Erfolg haben, die eine kontrollierte Spielweise predigen. Ich persönlich habe unter Trapattoni unglaublich viel gelernt. Das wird den heutigen Spielern unter Mourinho wohl ähnlich ergehen. Dass Inter im Finale steht, obwohl an die Klasse von Barcelona nicht einmal annährend jemand herankommt, zeigt, wie Mourinho der Mannschaft ein Gesicht gegeben hat und sie immer perfekt auf den Gegner einstellt.

So denkt Mourinho: Inter Mailand in der Taktik-Analyse

SPOX: Mourinhos Co-Trainer ist Giuseppe Baresi, ein ehemaliger Teamkollege von Ihnen. Wie wichtig ist Baresi?

Brehme: Er ist ein Urgestein, eine Legende bei Inter. Er kennt das Umfeld des Klubs in und auswendig und ist ungemein beliebt. Außerdem ist er sehr loyal und vom Charakter her anders als Mourinho sehr ruhig. Die Kombination all dieser Dinge macht ihn zum perfekten Co-Trainer für Mourinho.

SPOX: Sein Bruder Franco Baresi ist andererseits eine Legende beim AC Milan. Wie unterscheiden sich beide Vereine?

Brehme: So unterschiedlich sind sich Inter und Milan gar nicht. Ich hatte nie Probleme mit dem AC, auch die Fangruppen verstehen sich super. Es gibt keine Schlägereien, einige Fangruppen fahren sogar zusammen mit Bussen zu Spielen. Das kennt man ja in Italien auch anders. So was Tolles wie in Mailand habe ich noch nie erlebt.

SPOX: Zu Ihrer Zeit bei Inter galten Sie als einer der besten Linksverteidiger der Welt. Gegen die Bayern wird wohl Javier Zanetti auf Ihrer Position hinten links auflaufen. Was macht Ihn aus?

Brehme: Er steht nicht im Fokus der Öffentlichkeit, aber für mich ist er der überragende Spieler bei Inter. Er agiert sehr unauffällig, aber er spielt jedes Mal und ist ungemein wertvoll. Was ihn auszeichnet: Er verzichtet auf Tricksereien und macht stattdessen die kleinen Dinge, die die Mannschaft braucht, um Erfolg zu haben. Ohne ihn wäre Inter nie so weit gekommen.

Der Traum eines jeden Trainers: Javier Zanetti im Porträt

SPOX: Eine starke Saison spielt auch Lucio. Hat der FC Bayern einen Fehler gemacht, indem er ihn ziehen ließ?

Brehme: Nein. Lucio wollte eine neue Herausforderung, daher hat es Sinn gemacht, ihn gehen zu lassen. Zumal Louis van Gaal etwas Neues versuchen wollte, was völlig legitim war. Jetzt muss man sagen: Der Transfer war für beide Seiten ein voller Erfolg.

SPOX: Zumindest bei Inter im Gespräch war Bastian Schweinsteiger. Liegt seine Zukunft weiter in München?

Brehme: Er hat eine überragende Saison gespielt und sich zum absoluten Leistungsträger entwickelt. Er hat sicherlich die Fähigkeiten, sich bei jedem Topklub durchzusetzen - dennoch würde ich ihm raten, beim FC Bayern zu bleiben. Er hat jetzt in München den Stellenwert, den er sich gewünscht hat.

Bayern München - Inter Mailand: Die Bilanz