Watschn für Hugo Sanchez

Von Interview: Florian Bogner
Keine Gnade für Auge: Klaus Augenthaler fliegt 1987 im Madrider Bernabeu mit Rot vom Platz
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SPOX: Gehen wir ein bisschen weiter zurück zu Ihrem ersten Halbfinale. 1981 war man nach einem 0:0 an der Anfield Road gegen Liverpool eigentlich schon aufs Finale eingestellt.

Augenthaler: Ich weiß noch, dass man nach dem Hinspiel mehr oder weniger schon das Hotel in Paris gebucht hat. Wir hätten schon das Hinspiel gewinnen können: Ich bin von hinten marschiert, spielte mich durch und wäre alleine aufs Tor zu gelaufen, aber dann kam Paul Breitner von halbrechts und nahm mir den Ball ab. Und der Paul stand natürlich im Abseits. Und dann spielen wir im Rückspiel 1:1. Sehr bitter.

SPOX: Trotz fünf Halbfinal-Teilnahmen hat es für Sie leider nie für einen Landesmeistertitel gereicht. Trauern Sie dem nach?

Augenthaler: Ich denke schon ab und zu daran. 1982 im Finale gegen Aston Villa war der Titel zum Greifen nahe, ich habe dort das Spiel meines Lebens gemacht. Und die kommen zweimal vors Tor und gewinnen 1:0.

SPOX: Bittere Momente.

Augenthaler: Naja, die Enttäuschung hielt sich nachher in Grenzen, weil wir wirklich alles gegeben hatten. Ich erinnere mich noch, dass ich mit Bernd Dürnberger zur Dopingkontrolle musste und wir da ewig in einem Wohnwagen rum saßen. Als wir endlich fertig waren und ins Hotel zurück kamen, waren dann alle anderen 'gedopt'. Alkoholisch. Wir haben das dann an der Bar verarbeitet.

SPOX: Ihr letztes Halbfinale war besonders bitter: Bei Roter Stern Belgrad lag der FCB im Rückspiel 2:1 vorne und steuerte auf die Verlängerung zu...

Augenthaler: (lacht) ...und dann kam es, wie es kommen musste! Es war meine letzte Saison, wir haben nach dem 1:2 im Hinspiel noch mal alles mobilisiert und dann scheiden wir so aus. Wir waren so nahe dran! Ich weiß noch, dass Roland Wohlfarth in der 85. Minute alleine aufs Tor zulief, aber nur den Pfosten traf. Das wäre das 3:1 gewesen.

SPOX: Und dann kam die 90. Minute.

Augenthaler: Ich versuche einen Befreiungsschlag, der Ball fliegt in hohem Bogen aufs Tor zu - und Raimond Aumann haut sich den Ball selbst rein.

SPOX: Unfassbar.

Augenthaler: Wir haben später noch öfter über die Szene gesprochen. Raimond sagt immer, er wurde von einem Gegenspieler irritiert, der von der Seite kam. Er hatte wohl Angst, dass der Jugoslawe ihn rammt.

SPOX: Sie hatten die Mannschaft vor dem Rückspiel noch mal extra im legendären Keller Ihres Wohnhauses eingeschworen.

Augenthaler: Stimmt, da haben wir beschlossen, dass Stefan Reuter Libero spielt und ich dafür im Mittelfeld gegen Robert Prosinecki. Ich wollte noch mal alles mobilisieren. Dummerweise hat Jupp Heynckes später von der Sitzung erfahren und sich drüber aufgeregt - obwohl ich das erst auf Anregung von Uli Hoeneß gemacht habe.

SPOX: Wie - der Manager riet Ihnen zu dieser geheimen Mannschaftssitzung?

Augenthaler: Ja. Der Jupp hat sich trotzdem hintergangen gefühlt und mich zur Rede gestellt - da habe ich gesagt: 'Das war's für mich.' Jupp Heynckes hätte aber eigentlich wissen müssen, dass ich das alles nur für das Wohl der Mannschaft tat und dabei nie den Trainer oder dessen Taktik angegriffen habe.

SPOX: Wie muss man sich so eine Sitzung im Keller der Augenthalers vorstellen?

Augenthaler: Ich hatte dort eine Bar und einen großen Tisch. Da haben sich die Jungs niedergelassen und ich habe die Probleme angesprochen. Da herrschte immer breite Zustimmung. Insgesamt gab es das vielleicht vier, fünf Mal. Aber nach diesen Sitzungen haben wir immer besser gespielt.

SPOX: Wenn man sich die Mannschaft heute ansieht - welche Bayern-Elf, in der Sie gespielt haben, kommt der heutigen am nächsten?

Augenthaler: Man spricht bei Bayern heute immer von Ribery und Robben - das war vergleichbar mit dem FC Breitnigge damals. Wir hatten mit Breitner den überragenden Strategen und mit Rummenigge den überragenden Stürmer im Team. Aber das funktionierte auch nur so gut, weil wir eine homogene Mannschaft hatten und einen super Zusammenhalt. Auch Ribery und Robben funktionieren nur so gut, weil der Rest der Mannschaft intakt ist und einen hervorragenden Charakter hat.

SPOX: Der große Unterschied zu damals: Im Halbfinale von Belgrad standen zehn Deutsche auf dem Platz.

Augenthaler: (lacht) Stimmt, das waren mindestens zwei Schafkopf-Runden! Die gehen heute nicht mehr zusammen.

Augenthaler über seinen aktuellen Job: "Gibt nichts, was gegen Haching spricht"