Alle Jahre wieder…

Von Stefan Rommel
Chelseas treffsicherster Stürmer Nicolas Anelka hat bei den Chelsea-Fans einen schweren Stand
© Getty

Nicolas Anelka hatte sich das irgendwie anders vorgestellt. Im Winter 2008 wechselte der Franzose von den Bolton Wanderers zum FC Chelsea.

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Anelka war in Bolton wieder so richtig aufgeblüht und hatte nach eineigen kargen Jahren wieder von sich Reden gemacht. Chelsea-Manager Avram Grant wollte den damals 28-Jährigen unbedingt und bekam ihn auch.

Anelka reiste mit großen Hoffnungen nach London - nach seinem ersten Halbjahr bei den Blues blieben nur große Enttäuschungen übrig. In nur 22 Spielen traf er kümmerliche zweimal ins Tor.

Anelkas Elfer lässt Champions-League-Traum platzen

Den GAU hob er sich aber für den entscheidenden Elfmeter im Champions-League-Finale auf: Den ersten Schuss im K.o.-Durchgang trat er so schwach, dass ManUniteds Edwin van der Sar den Ball aus dem Eck fischen und den Traum der Blues in ein paar Millisekunden zerstören konnte.

Jetzt, fast ein Jahr später, ist Anelka endlich angekommen in West-London. In der laufenden Saison ist er mit 15 Treffern Führender in der Torjägerliste, die nackten Zahlen lauten: 21 Tore in 41 Pflichtspielen insgesamt.

Die Institution Didier Drogba verdrängte Anelka zeitweise auf die Bank und die Fans hatten ihm seinen Fehlschuss aus dem Finale von Moskau schon verziehen. Und jetzt das: "Meine schönst Zeit als Profi hatte ich beim FC Liverpool."

24 Stunden vor dem CL-Viertelfinal-Hinspiel der Blues an der Anfield Road (Mi., ab 20.30 im LIVE-TICKER) macht sich Anelka wieder unbeliebt bei den Fans. Die Rivalität zwischen beiden Granden des englischen Fußballs wird Jahr für Jahr gelebt, in der Liga, im Pokal und in der Champions League.

Reds immer wieder Endstation

Für einige Zeit standen die Neureichen aus London als Feindbild auf einer Stufe mit ManUtd oder dem FC Everton und im Gegenzug waren die Reds im wichtigsten Vereinswettbewerb der Welt für den FC Chelsea immer wieder Endstation.

Am Mittwoch steigt der insgesamt neunte Vergleich der beiden Klubs auf internationalem Parkett in den letzten fünf Jahren. Wobei die Vorzeichen diesmal ein wenig anders gestellt sind.

Für Chelsea ist die Königsklasse noch immer das Maß aller Dinge. Seit der Übernahme des Klubs durch Roman Abramowitsch vor sechs Jahren laufen die Blues dem großen Ziel hinterher.

Vier Trainer fielen den erfolglosen Bemühungen zum Opfer, Claudio Ranieri, Jose Mourinho, Grant und zuletzt Luiz Felipe Scolari.

Konstanz auf der Reds-Trainerbank

Bei den Reds herrscht dagegen Konstanz auf der Trainerbank, seit fünf Jahren gibt Rafa Benitez den Takt an.

Der Spanier hatte den Silberpokal 2005 schon in den Händen, weshalb Liverpools oberste Ziel nicht primär der Gewinn der Champions League, sondern der nationale Titel ist.

Seit Einführung der Premier League lechzen die Reds nach der Meisterschaft, der letzte nationale Titel liegt 19 Jahre zurück. Vor vier Wochen schien die Mission Titel ein unmögliches Unterfangen, da hatte Liverpool noch satte sieben Punkte Rückstand auf Manchester United.

Jetzt sind die Roten aber wieder dran - und die neuen Möglichkeiten in der Liga könnten auch Einfluss darauf haben, worauf Liverpool sein Augenmerk in der engen Schlussphase der Saison legen wird.

Gerrard - weltbester Spieler

Dabei haben die Reds zwei der derzeit weltbesten Spieler in ihren Reihen. "Steven Gerrard wurde zuletzt von einigen der besten Spieler aller Zeiten gelobt. Ich denke, dass ist eine absolut richtige Einschätzung, denn für mich ist er der beste Spieler der Welt. Es gibt nichts, was er nicht kann", sagt Fernando Torres.

Der Spanier selbst sieht die Königsklasse immer noch als oberstes Ziel überhaupt. "Eine Meisterschaft ist immer wichtig, aber wenn du die Champions League gewinnst, kannst du eben sagen: 'Wir sind das beste Team der Welt'. Nach dem Gewinn der Europameisterschaft mit Spanien habe ich mir geschworen, dass ich mit den Reds jetzt die Königsklasse gewinnen werde."

Beim Gegner gibt es kurz vor dem großen Spiel Verwirrung um Ex-Trainer Mourinho. In den englischen Medien sorgte die Information eines nicht genannten Spielers für Aufruhr, wonach sich einige Stützen der Mannschaft die Rückkehr des Portugiesen an die Stamford Bridge wünschen.

Champions League steht im Fokus

Im Sommer endet das Engagement von Guus Hiddink bei den Londonern wieder, der Niederländer wird sich dann voll und ganz auf seinen Zweitjob als russischer Nationaltrainer konzentrieren.

Jetzt legt Hiddink den Fokus aber noch voll auf die Champions League.

"Wenn sich zwei Teams so gut kennen, wird oft erwartet, dass sich die Trainer etwas ganz Besonderes einfallen lassen müssen. Das ist natürlich Nonsens. Kein Trainer entscheidet ein Spiel, nur die Spieler. Oder hat irgendjemand schon erlebt, dass wir ein Spiel in der Vorbesprechung oder in einem Meeting verloren haben?", fragte Hiddink auf der letzten Pressekonferenz vor dem Spiel etwas genervt in die Runde.

Sicher spielen wird Didier Drogba, der zuletzt in der Liga in Newcastle noch wegen einer Knöchelverletzung gefehlt hatte. Vielleicht dann auch zusammen mit Nicolas Anelka.

Für den wird es ein weiteres Spiel auf dem Weg zur Wiedergutmachung. Nach seinem Liebesbeweis für den Gegner steht der Nomade des Fußballs wieder unter besonderer Beobachtung.

Die Viertelfinalpartien im Überblick