Viel Körper und noch mehr Hirn

Von Für SPOX in Barcelona: Thomas Gaber
Ein Schlüsselduell des heutigen Abends: Barcas Lionel Messi gegen Bayerns Philipp Lahm
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Robustheit, Spielintelligenz und ein überaus wachsames Auge sind die Schlüssel für den FC Bayern im Duell mit dem FC Barcelona. FCB vs. FCB im Head-to-Head-Vergleich.

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Philipp Lahm hat heute Abend im Viertelfinal-Hinspiel des FC Bayern München beim FC Barcelona (20.30 Uhr im Live-TICKER und im Internet TV) den ehrenvollen, aber auch selten schwierigen Auftrag, die Kreise von Lionel Messi zu stören.

Doch Bayerns Linksverteidiger wächst mit den Aufgaben. "Ich freue mich auf Messi. Deswegen spielt man Fußball", sagte er. Lahm ist aber bei weitem nicht der einzige Bayern-Spieler, dem ein höchst interessantes Duell bevorsteht. Und bei aller Brillanz jedes einzelnen Barca-Spielers - es gibt Mittel, sie zu stoppen.    

Dani Alves - Franck Ribery

Kaum ein Außenverteidiger interpretiert seine Position so offensiv wie Dani Alves. Bei Ballbesitz zieht der Brasilianer bisweilen weit in die gegnerische Hälfte und wartet auf Anspiele. Den Spielaufbau überlässt er meist den Innenverteidigern und den Spielern auf den Halbpositionen, Xavi und Iniesta.

So funktioniert der FC Barcelona: Die SPOX-Analyse

Wenn Ribery auf seiner etatmäßigen linken Seite spielt, wird er um Defensivarbeit nicht herumkommen. Ansonsten müssten Ze Roberto oder Mark van Bommel aus der Mitte nach außen verschieben, um Lahm zu unterstützen, der mit der Betreuung von Messi ohnehin genug zu tun hat. Dadurch entstünden Lücken im zentralen Mittelfeld, auf die Xavi und Iniesta lauern.

Auch wenn Trainer Pep Guardiola angekündigt hat, Ribery im Kollektiv zu verteidigen, wird Barca wohl auf Doppeln verzichten, um den Franzosen aus dem Spiel zu nehmen. Eine Praxis, mit der einige Bundesligisten in letzter Zeit Erfolg hatten.

Viel wird in diesem Duell von der Ballbesitzverteilung abhängen. Gelingt es den Bayern, den Ball länger in den eigenen Reihen zu halten, wird Alves in seinem Offensivdrang gestoppt. Defensivaufgaben sind ihm lästig, und ein Kaliber wie Ribery ist Alves im Barca-Trikot bislang nicht begegnet. 

Sollte Klinsmann in einem 4-5-1-System auf Ribery als hängende Spitze hinter Luca Toni setzen, wäre der Franzose weitgehend von Defensivaufgaben befreit.     

Lionel Messi - Philipp Lahm

Messis Tempodribblings sind nicht von dieser Welt. Wenn der kleine Argentinier seine Rädchen an den Füßen ausfährt, ist er kaum zu verteidigen. Messi zieht gerne von rechts nach innen, sucht den kurzen Doppelpass mit Samuel Eto'o, um dann selbst abzuschließen. So entstand das zwischenzeitliche 3:0 bei Barcas 5:2-Sieg gegen Olympique Lyon im Achtelfinale.

Wenn Messi mit Tempo in die Mitte zieht, kommt Lahm sein starker rechter Fuß zugute. Der Münchner muss Messi bei der Ballannahme permanent attackieren, auf den fließenden Übergang von Ballan- und Ballmitnahme gefasst sein und Messi gegebenenfalls mit Fouls provozieren.       

Thierry Henry - Christian Lell

Auf den ersten Blick ein ungleiches Duell. Henry ist am Ball stärker, deutlich erfahrener und hat Geschwindigkeitsvorteile. Bei Ballbesitz Barca bietet sich der Franzose entweder als Anspielstation auf dem linken Flügel an oder zieht ohne Ball mit Tempo in den Strafraum. Da Xavi, Iniesta und der sich aus dem Sturmzentrum zurückfallen lassende Eto'o gerne ein Dreieck mittig vor dem Tor bilden und so Überzahl erzeugen, werden die Außenverteidiger gezwungen, vom Flügel nach innen zu rücken.

In diesem Fall kann Henry Lell im Rücken davonlaufen und in den Strafraum ziehen. Lell muss Henry beschäftigen, den ersten Kontakt unterbinden und die richtigen Laufwege abwägen. Die Unterstützung von Vordermann Bastian Schweinsteiger ist unabdingbar.    

Samuel Eto'o - Breno

Gegen den Wolfsburger Grafite machte Breno 65 Minuten lang ein starkes Spiel. Breno kam ohne Fouls aus und setzte seinen Körper gegen den bulligen VfL-Stürmer gekonnt ein. Was ihm schlicht und ergreifend fehlt, ist die Erfahrung. Vor Grafites 4:1 hätte er vor Gentners Pass einen Schritt nach vorne machen müssen, um Grafite Abseits zu stellen. Stattdessen ließ er sich im Zweikampf mit seinem brasilianischen Landsmann durch eine einfache Körperdrehung düpieren.

Eto'o hat andere Qualitäten als Grafite. Der Kameruner ist viel unterwegs, extrem wendig und dadurch im Strafraum schwer zu verteidigen. Zwischen Ballannahme und Torabschluss liegen oft nur Millisekunden. 

Xavi - Mark van Bommel

"Ich bin froh gegen Xavi spielen zu dürfen. Wir hatten viel Spaß in meiner Zeit bei Barca. Ich kenne sein Spiel, das macht es etwas einfacher für mich", sagte van Bommel. Einfacher vielleicht, aber sicher nicht einfach. Xavi ist das Gehirn im Barca-Spiel, jeder Angriff läuft über ihn. Entweder holt er sich den Ball in der eigenen Hälfte, um das Spiel dann vor sich zu haben, oder er überlässt Iniesta den Aufbau, um sich mit Tempo von seinem Gegenspieler zu lösen.

Darin besteht die Krux für van Bommel: Xavis Spiel ist extrem unberechenbar. Längerem Ballquergeschiebe folgt plötzlich der vertikale Pass in die Tiefe oder eine unvorhergesehene Tempoverschärfung. Van Bommel muss gut antizipieren und das richtige Gleichgewicht zwischen Mann- und Raumdeckung finden. Weil Ze Roberto gerne etwas weiter vorne spielt, geriet van Bommel in der Vergangenheit schon gegen schwächere Mannschaften in die Bredouille, den Ball führenden Spieler zu attackieren und gleichzeitig Passwege zustellen zu müssen.   

Van Bommel wird defensiv extrem gefordert werden, darf aber sein Offensivspiel nicht vernachlässigen. Der Abstand zwischen Viererkette und Mittelfeld ist bei Barca bisweilen sehr groß. In diese Lücke müssen van Bommel oder der sehr ballsichere Ze Roberto stoßen, um Torgefahr zu überzeugen.

Pique - Luca Toni

Der 22-jährige Pique ist in Barcelona geboren und gehörte 2008 zum Kader von Champions-League-Sieger Manchester United. Von seiner Statur her ist er der passende Gegenspieler für Toni: 1,92 m groß, körperlich robust und sehr kopfballstark. Er wird bei Ballbesitz Bayern wie eine Klette an Toni kleben. Sollten die Bayern auf eine zweite echte Spitze verzichten, bekäme Pique Unterstützung von Nebenmann Rafael Marquez.

Toni muss versuchen, sich von Pique zu lösen und lange Bälle zu kontrollieren, um so der Mannschaft Zeit zum Nachrücken zu geben. Da Pique nicht der wendigste und schnellste ist, besteht für Toni die Möglichkeit, sich mit dem Rücken zum Tor um Pique zu drehen und sich dadurch Torchancen selbst zu erarbeiten. Der Italiener versteht es zudem prächtig, Fouls zu ziehen. Toni ist der meistgefoulte Spieler in dieser Champions-League-Saison (27 Fouls). Ein Vorteil gegen den eher unerfahrenen Pique.

Carles Puyol - Bastian Schweinsteiger

Wenn Barca überhaupt eine Problemposition hat, ist es die des linken Verteidigers. In Abwesenheit des verletzten Eric Abidal wird die Position von Kapitän Carles Puyol ausgefüllt, einem Rechtsfuß und gelernten Innenverteidiger.

Schweinsteiger muss Puyol beschäftigen, seinen Körper im Zweikampf gegen den bissigen Spanier einsetzen und Geschwindigkeit aufnehmen, wenn er mit Ball auf ihn zuläuft.

Wenn Lell es schafft, bei Ballbesitz Bayern nachzurücken und Henry vorne stehen bleibt, ergibt sich auf rechts mitunter genug Platz, um vernünftige Flanken nach innen zu schlagen.

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