Abheben verboten!

Von Für SPOX in Lissabon: Florian Bogner
Historisch: So riesig siegten die Bayern in der Champions League noch nie
© Getty

Den höchsten CL-Sieg eingetütet, Europa ein wenig wachgerüttelt, aber noch lange nicht raus aus der Krise. So in etwa konnte man die Reaktionen der Bayern auf das 5:0 bei Sporting Lissabon zusammenfassen. Der Ausflug nach Europa war schön, die Bestätigung im Alltagsgeschäft steht noch aus.

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Franz Beckenbauer hat die Gabe, mit einfachen Worten das auszudrücken, was andere in hochkomplizierten Nebensatzkonstruktionen verwursteln.

Also sprach der Kaiser nach dem Spiel der Bayern in Lissabon folgenden zutreffenden Satz aus: "Wenn man 5:0 in der Champions League gewinnt, hat man alles richtig gemacht." Kann man so stehen lassen.

In jedem Fall hat der FC Bayern mit dem überzeugenden Resultat die richtige Antwort auf die "Ergebniskrise" der letzten Wochen gegeben, der Trainer ganz nebenbei die richtige Antwort auf die aufkeimende Diskussion um seine Person gefunden. Und der Vorstand grinste sich eins.

Historisches Ereignis contra Euphorie

Karl-Heinz Rummenigge etwa bekam auf dem anschließenden Bankett schon fast feuchte Augen ob des höchsten Champions-League-Sieges seiner Mannschaft, sprach von einem "historischen Ereignis", dem man beiwohnen durfte, und einem Tag, wie man sich ihn nur hätte erträumen können. Kurzum: "Die Mannschaft hat ein unglaubliches Spiel hingelegt."

Doch wo die Bayern früher vielleicht zum Größenwahn angesetzt hätten, streute Rummenigge bedachte Worte ein. "Trotz allem sollten wir nicht zu euphorisch sein", sagte der Vorstandsboss und wies auf das vergangene Wochenende hin: "Wir waren nach Köln nicht depressiv, jetzt sind wir nicht euphorisch."

Die Mannschaft habe ihm das bereits kurz nach dem Spiel in der Kabine verdeutlicht. "Da sind zwar alle glücklich und zufrieden, aber da ist keine Euphorie. Das hat mir gefallen", sagte er noch im Stadion, nachdem er die Spieler eigens beglückwünscht hatte.

Warum es in Europa läuft...

Für Träumereien gibt es indes auch keinen Anlass; das Erlebnis Champions League war schön, kann für die nächsten fünf Wochen aber nun getrost ad acta gelegt werden. Dem Rückspiel in zwei Wochen kommt nahezu keine Bedeutung mehr zu und das Viertelfinale findet erst am 7./8. April statt.

Bis dahin ist wieder harter Liga-Alltag angesagt. Nächster Stopp Bremen, am Sonntag. Manager Uli Hoeneß tat gut daran, seine Spieler zu ermahnen: "Dieser Sieg ist nur dann wirklich eine tolle Geschichte, wenn wir in Bremen nachlegen. Eine Niederlage können wir uns eigentlich nicht leisten."

Dass die Bayern in der Liga zuletzt arge Probleme hatten, lag vor allem an der defensiven Grundausrichtung der Gegner. Sporting hatte das offenbar nicht auf der Rechnung, lief 40 Minuten lang gut mit und den Bayern dann ins offene Messer. Der entscheidende Unterschied, warum es beim FCB in Europa läuft, in der Liga aber eben nicht.

"In der Champions League spielen wir gegen Mannschaften, die uns angreifen und gegen die wir Räume zumachen müssen. In der Bundesliga stehen die Gegner meist hinten drin und lassen uns das Spiel machen. Das ist schwer für uns", bekannte auch Jürgen Klinsmann.

...und in der Bundesliga nicht

"In der Liga müssen wir immer wieder agieren und wenn wir in Führung gehen, geht die andere Mannschaft danach gar kein Risiko mehr ein. In der Champions League können wir auf das, was der Gegner macht, reagieren. Und dann haben wir natürlich Konterspieler, die allererste Sahne sind", lobte der Coach.

Ihm war allerdings auch nicht entgangen, dass die Bayern in Lissabon durchaus das Glück der Tüchtigen hatten, nicht erneut wie in den letzten sechs Bundesliga-Spielen in Rückstand geraten zu sein. Philipp Lahm rettete einen Polga-Schuss aus kurzer Distanz auf der Linie (13.).

"Wir hatten in der ersten Halbzeit das nötige Glück. Zwar standen wir defensiv geordneter, trotzdem haben wir Chancen zugelassen. Da müssen wir noch konzentrierter arbeiten", mahnte der Nationalverteidiger an.

Generell war den Bayern aber das Bemühen anzusehen, kompakter zu stehen.

Sogar Franck Ribery besann sich nach der Halbzeit ein wenig mehr auf seine Defensivaufgaben, so dass der deutsche Meister teilweise mit "zwei Viererketten", wie Mark van Bommel es formulierte, auf den Gegner wartete.

Erinnerungen an ein Debakel

"Es musste etwas passieren, wenn man so viele Gegentore bekommt. Wir haben das gemeinsam entschieden", meinte der Kapitän salomonisch. "Wir haben Miro beziehungsweise Luca immer zurückgeholt, so dass die Passwege zugestellt waren. Das war meiner Meinung nach der Schlüssel zum Erfolg."

Ein weiterer Schlüssel war die exzellente Chancenverwertung. Sieben Torschüsse reichten den Bayern für fünf blitzsaubere Tore. Dass Klose bei seinem sechsten Champions-League-Tor der Saison zum zwischenzeitlichen 2:0 einen Hauch im Abseits stand, darf angesichts der aberkannten Tore in der Liga zuletzt als ausgleichende Gerechtigkeit gewertet werden.

Von der Kaltschnäuzigkeit im Abschluss her erinnerte das Spiel ein wenig an die Partie Bayern gegen Bremen im September - damals zerlegte Werder den Meister nach allen Regeln der Kunst und zog mit einem 5:2-Sieg von dannen. Nun steht die Revanche an.

"Wir dürfen das Spiel nicht überbewerten", sagte Klinsmann denn auch.

"Ich bin zuversichtlich, dass wir auf dem Boden bleiben. Wir müssen es jetzt in der Bundesliga richtig anpacken. Aber wenn wir in der Kabine die Tabelle aufhängen, sollte genügend Motivation vorhanden sein."