Spielen auf verhextem Grund

Von Interview: Richard Rother
Real Madrid, Bayer Leverkusen, 2001, 3:0
© Getty

Bremen - Man kann wirklich nicht behaupten, die Entourage von Real Madrid würde am Flughafen Madrid-Barajas freudestrahlend in die Maschine steigen, wenn am Gate ein deutscher Ortsname als Flugziel aufleuchtet. Vor allem nicht im nasskalten November. 

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In ihrer beinahe epischen Europacup-Geschichte mussten die Spanier bislang 21-mal auf deutschem Boden antreten und bekamen dabei satte 14-mal auf die Mütze. Alleine der FC Bayern machte die Galaktischen 8-mal in neun Spielen zur Minna.

Erst einmal konnte Real in Deutschland gewinnen - in der Saison 2000/01 wurde Bayer Leverkusen auf feindlichem Territorium mit 3:2 besiegt.

Am Mittwoch (20.45 Uhr im LIVE-TICKER und bei Premiere) müssen die Königlichen nun wieder nach Deutschland und erstmals nach Bremen reisen. Mit im Gepäck hat Real wie immer eine Hundertschaft an Journalisten, die Raul und Co. zu jeder Tageszeit auf Schritt und Tritt verfolgen.

Zwei davon sind Manuel Rivas und Juan Ignacio Garcia, die für die Sporttageszeitungen "AS" und "Marca" über den erfolgreichsten Klub der Welt berichten. SPOX.com fragte nach, was es mit Reals Auswärtsfluch auf sich hat, wie Bernd Schuster in Madrid ankommt und wie sich Diegos Ausfall auswirken könnte.

SPOX: Real Madrid hat in dieser Saison endlich wieder Spaßfußball auf der Tagesordnung. Alleine Bernd Schusters Verdienst?

Manuel Rivas: Wenn es bei einer Mannschaft gut läuft, bringt das automatisch wieder Spaß zurück. Dann klappen Dinge, die sonst nicht klappen. In der letzten Saison ging es zu oft darum, ein Spiel nicht zu verlieren, und dann kam unter Fabio Capello eben nur ein schnöder Arbeitssieg heraus.

SPOX: Und bei Schuster ist das anders?

Juan Ignacio Garcia: Schuster will jedes Spiel bestimmen und schnell spielen. Er setzt einfach viel mehr auf die kreativen Spieler wie Guti, Raul oder Robinho.

Rivas: Klar, Madrid hat auch unter Capello Spiele gewonnen, aber eben auf eine andere Art. Das hat den Leuten nicht gefallen. Jetzt, wo es spielerisch wieder besser läuft, sind auch wieder die Sympathien der Fans da.

SPOX: Was hat Bernd Schuster geändert?

Rivas: Real hat unter ihm das Spielen wieder gelernt. Vorher haben sie nur aufs Ergebnis gespielt. Das hat natürlich viel mit dem Charakter und der Philosophie des Trainers zu tun. Und Guti ist sein verlängerter Arm auf dem Platz, der Ordnung rein bringt.

SPOX: Schusters Vorgänger hatten Guti die Leaderrolle nicht zugetraut. Woher kommt Schusters Vertrauen in den Mann mit der Nummer 14?

Garcia: Die beiden haben dieselbe Einstellung bezüglich Fußball und verstehen sich einfach gut. Schuster hält große Stücke auf Guti. Vielleicht auch, weil ihn dessen Spielweise an seine eigene erinnert.

Rivas: Vielleicht sind die Blonden einfach solidarisch. Aber im Ernst: Ich denke, dass es zwischen den beiden einfach ein besonderes Vertrauensverhältnis gibt. Schuster gibt Guti Verantwortung und der zahlt mit guten Leistungen zurück.

SPOX: Auf deutschem Boden hat sich Real noch nie besonders wohl gefühlt. Wie sieht es diesmal aus: Ihr Tipp?

Garcia: Deutscher Boden ist für Madrid ein bisschen verhext. Vor Bremen muss man Respekt haben. Mal sehen.

Rivas: Ich bin natürlich ein bisschen patriotisch und glaube, dass Madrid gewinnt.

SPOX: Wird Schuster taktische Veränderungen vornehmen?

Rivas: Er passt die Aufstellung natürlich an den Gegner an, aber er wird nicht experimentieren. Real wird sich mit Sicherheit nicht hinten einschließen, aber auch nicht stur auf Attacke schalten und ins Verderben rennen.

SPOX: Mit Diego ist Bremens wichtigster Spieler nicht dabei. Ein großer Vorteil für Real?

Rivas: Diego ist auf jeden Fall der Schlüsselspieler von Bremen. Werder ist aber keinesfalls zu unterschätzen und hat durchaus das Potenzial, ganz oben in Europa mitzuspielen. Vor allem bei Heimspielen sind sie für Überraschungen gut, das haben auch Valencia und Barcelona schon erfahren müssen.

Garcia: Dass Diego nicht dabei ist, ist ein klarer Vorteil. Ich persönlich hätte ihn gerne spielen sehen, vor allem weil er auf Reals Wunschzettel für nächste Saison steht. Das Primärziel war eigentlich Kaka, aber momentan sieht es nicht so aus, als würde man ihn aus Mailand los bekommmen. Und beide kommen bestimmt nicht zugleich.

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