BVB - Heftige Pleite hinterlässt viele Fragen: Das alte Fass ist wieder auf

Von Fatih Demireli
dortmund
© imago images

Borussia Dortmund lässt sich beim 2:5 gegen Bayer Leverkusen demütigen. Eine Niederlage, die viele Fragen nach sich zieht. Was fehlt dem BVB? Kapitän Marco Reus macht ein altes Fass auf, Trainer Marco Rose weiß, was ihm blüht.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Man kann ja auch mit den positiven Dingen anfangen. Wie Giovanni Reyna nach monatelanger Pause gut zurückgekommen ist und sich für die nächsten Wochen als wertvolle Option ankündigt.

Oder, dass Steffen Tigges für drei Bundesliga-Tore in dieser Saison genau 103 Minuten benötigte und offenbar eine gute Joker-Option ist. Oder Youssoufa Moukoko, der nach Einwechslung mit einer Torvorlage - seine zweite in dieser Saison - auffällig wurde.

Vielmehr Positives gibt es über Borussia Dortmund aber nicht zu sagen.

Das 2:5 (1:3) gegen Bayer Leverkusen war das Resultat eines "katastrophalen" Tages, wie Kapitän Marco Reus nach der sechsten Saisonpleite im 21. Spiel resümierte. "Bitter" war es für Trainer Marco Rose. "Frustrierend" für Torwart Gregor Kobel.

Dortmund wusste, was kommt - und scheiterte daran

Besonders, was in den ersten 45 Minuten vor 10.000 Zuschauern im Signal-Iduna-Park geschah, war kaum zu erklären. Dortmund machte all das, was Bayer Leverkusen in die Karten spielte. Als würde man den Gastgebern dabei helfen wollen, ein YouTube-Video mit den besten Skills zu produzieren. Florian Wirtz, Moussa Diaby und Co. durften zaubern, wie sie wollen und ab und zu sogar noch durchschnaufen.

Bitter für Dortmund, da die Spielweise des Gegners natürlich nicht unbekannt ist und man sich eigentlich darauf eingestellt hatte. "Wir kriegen zwei, drei Konter-Gegentore, obwohl wir vorher klar abgesprochen haben, dass sie es darauf absehen. Und dann werden wir wieder bestraft", sagte Kapitän Reus und schob nach: "Wir setzen die Vorgaben teilweise nicht um."

Kobel sah es ähnlich: "Wir wussten, dass sie bei Umschaltsituationen schnell sind. Heute gab es so viele Situationen, wo sie gekontert haben und nochmal reingespielt haben oder vor mir standen. Es gab noch gefühlt zehn andere Situationen, in denen sie es nicht gut ausgespielt haben, wo man auch treffen kann."

Was ist das Problem?

Dass Trainer Rose ein ausgezeichneter Fachmann ist und mit Rene Maric auch ein Genie auf seiner Seite hat, der weiß, was einem beim nächsten Gegner blüht und wie man darauf reagieren muss, ist unstrittig.

Diesmal hatte Dortmund aufgrund der Länderspielpause sogar viel Zeit, sich auf diese besonders heikle Aufgabe vorzubereiten. "Wir haben uns zwei Wochen vorbereitet. Wir erzählen immer dasselbe", erzählt Reus. Aber? "Dann müssen wir es auf den Platz bringen."

Warum es Dortmund nicht gelingt, die Voranalyse und die Lösung auf den Platz zu bringen, ist die große Frage, die beantwortet werden muss.

Ist es die Qualität? Natürlich fehlten mit Erling Haaland, Mats Hummels und Emre Can Eckpfeiler der Startelf. Aber das Personal, das am Sonntag auf dem Platz stand, sollte dazu in der Lage sein, sich taktische Vorgaben des Trainerteams zu merken und umzusetzen.

Ist es der Druck? Dortmund holte vor der Länderspielpause drei Siege in Folge und war wieder mal auf einem guten Weg. Das sogenannte Momentum war auf der Seite des BVB. Dass die Bayern tags zuvor gegen RB Leipzig (3:2) gewonnen haben, dürfte die Dortmunder nicht allzu überrascht haben.

Marco Reus macht das Mentalitätsfass auf

Ist es die Mentalität? Oft besagtes Thema, dass die Dortmunder eigentlich gar nicht mehr hören wollen, aber dann war es der Kapitän, der ungefragt das Fass aufmachte, nachdem er das Erlebte analysierte: "Leider ist es dann auch ein Kopfproblem, das dazukommt. Wir müssen eine andere Körpersprache an den Tag legen, vor allem nach dem 3:1 zur Pause."

Zwar steigerte Dortmund in der zweiten Hälfte die Schlagzahl, ging mehr in die Zweikämpfe, aber Leverkusen machte nie den Eindruck, auseinanderzufallen. Nachgefragt nach den Ambitionen und ob man die Champions League anpeile, sagte Leverkusens Kapitän Jonathan Tah: "Als Bayer Leverkusen mit unserem Potenzial und unserer Qualität darf man nichts anderes sagen. Das wäre eine Beleidigung."

Warum sich die Dortmunder nicht beleidigt fühlen, wenn sie mit mindestens genauso viel Potenzial dermaßen auseinanderfallen, müssen sie beim BVB erklären. Und sie müssen erklären, wie sie die fehlende Konstanz in den Leistungen herstellen können. Das ist vor allem die Aufgabe des Trainers.

Ist die Mannschaft nicht reif genug?

Rose weiß um seine Verantwortung und geht sie an: "Wir werden die Dinge nicht schönreden, sondern analysieren, um was es geht und Entwicklungen vorantreiben." Er weiß aber auch, dass er diese Entwicklung nicht in aller Ruhe vorantreiben kann: "Natürlich prasselt jetzt wieder viel auf uns ein. Aber wir müssen zusammenstehen und arbeiten. Das ist das einzige Patentrezept, was es dafür gibt."

Es ist auffällig, wenn Reus feststellt, dass "wir uns zu viele Gedanken machen, was Drumherum passiert." Das spricht nicht unbedingt für die Reife einer Mannschaft, wenn sie sich von äußeren Umständen offensichtlich so sehr beeinflussen lässt. Zu klären wäre auch, was dieses Drumherum ist.

Die Karte "junge Mannschaft" lässt sich da kaum ausspielen. Die Dortmunder Mannschaft ist jung, aber nicht unerfahren und sollte sich auf das Geschäft konzentrieren können, auch wenn es mal ungemütlich wird. Und sie sollte sich Niederlagen zu Herzen nehmen. Oder wie es Tah eben sagen würde: beleidigt sein.

Ist diese mentale Stärke hergestellt, ist auch die Konstanz drin, die Dortmund wieder mal abgeht. Dann kann man auch möglicherweise wieder mehr positive Dinge über den BVB sagen.

Artikel und Videos zum Thema