Hertha BSC vs. FC Bayern München: Die Thesen zum FCB-Sieg im Berliner Eisschrank

Von Dennis Melzer
Hertha BSC, FC Bayern München
© Getty
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2. Hansi Flick beraubt sich einer Stärke

"Was auffällt, ist, dass bei uns wieder öfter die Null steht", erklärte Thomas Müller nach dem Spiel in Berlin und arbeitete gleich darauf den Grund für seine richtige Feststellung heraus: "Wir haben mittlerweile eine bessere Tiefenstaffelung." Tatsächlich spielte der FC Bayern in den vergangenen vier Bundesliga-Partien dreimal zu Null, nachdem er zuvor in elf aufeinanderfolgenden Spielen keine weiße Weste behalten hatte.

Dass sich die Münchner mittlerweile in der Defensive einigermaßen gefangen haben, scheint mit der taktischen Ausrichtung zu korrelieren. Setzte Flick monatelang auf hohes Pressing, bei dem sich selbst die Innenverteidiger nur knapp hinter der Mittellinie postierten, mutet die Marschroute aktuell konservativer an. Das Resultat: Torhüter Manuel Neuer sieht sich seltener mit gegnerischen Angreifern konfrontiert, die mutterseelenallein auf ihn zustürmen dürfen. Die Gegentorflut der Vorwochen ist gestoppt.

Was aber neben Müllers Erkenntnis ebenso auffällt, sind die abnehmenden Impulse der Außenverteidiger im Spiel nach vorne. Gegen die Alte Dame aus Berlin offenbarte sich dies noch deutlicher als zuvor, weil Flick überraschend auf nur eine klassische Sechs, dafür aber auf drei gelernte offensive Flügelspieler sowie Müller, den Hansdampf in allen Gassen, setzte.

Obwohl die neue Philosophie im Duell mit der Hertha Zählbares einbrachte, beraubte sich Flick einer Stärke, die besonders in der vergangenen Saison noch häufig Früchte trug: frühe Ballgewinne tief in des Gegners Hälfte, mit hochstehenden Außenverteidigern, die im Umschaltspiel sofort als unterstützende Kraft mit nach vorne marschieren, im Idealfall eine Überzahl generieren.

Benjamin Pavard, der am Freitagabend auf der rechten Seite ran durfte, beschränkte sich fast ausschließlich aufs Verteidigen (nur zwei Flanken), sein Pendant Lucas Hernandez versuchte sich zwar ein ums andere Mal als Offensivhilfe (vier Flanken), seine Vorstöße versandeten aber regelmäßig, weil Hertha nur selten große Löcher offenbarte.

Sicherlich könnte man argumentieren, dass Alphonso Davies, der normalerweise eher als Balleroberer glänzt und für schnelle Gegenzüge verantwortlich zeichnet, mehr zustande gebracht hätte. Allerdings ist auch beim Kanadier eine Trendwende im Vergleich zur Vorsaison auszumachen.

Während Davies 2019/20 wettbewerbsübergreifend zehn Assists lieferte (bei 46 Einsätzen), kommt er in der laufenden Saison lediglich auf eine Vorlage (17 Einsätze). Bei Pavard, in der Vorsaison mit elf Scorerpunkten (vier Tore, sieben Vorlagen bei 47 Einsätzen), steht bislang ebenfalls nur eine Vorlage zu Buche (22 Einsätze).