FC Bayern München patzt bei Union Berlin: Und plötzlich fehlt auch die dritte Zutat

Dem FC Bayern München fehlte es bei Union Berlin auch an Selbstvertrauen.
© getty

Der FC Bayern München hat beim 1:1 bei Union Berlin erneut nicht überzeugt und erneut nicht gewonnen. Trainer Hansi Flick erkannte den Verlust einer wichtigen Zutat seines Erfolgsrezepts - und gab Hoffnung, dass eine andere bald zurückkehrt.

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Joshua Kimmich saß auf einem Thron mit rotem Polster und goldenem Rand, als er im Rahmen eines Trainingslagers Anfang Januar 2020 aus dem Fürstentum Katar zum Fußball-Volk sprach. Einordnen sollte er die ersten knapp eineinhalb Monate unter dem neuen Oberbefehlshaber des FC Bayern München Hansi Flick, der ihn, Kimmich, ins Zentrum geschoben und zu seinem wichtigsten Krieger erhoben hatte.

"Unter Hansi Flick attackieren wir sehr, sehr viel höher und versuchen, den Gegner früh zu Fehlern zu zwingen. Das hat unserem Spiel sehr gutgetan", sagte Kimmich also mit starrem, konzentriertem Blick. "Das hat uns ein gewisses Selbstvertrauen gebracht." Tatsächlich versprühte der FC Bayern damals ein neues Selbstvertrauen, gewonnen durch die mutigere Taktik, aber auch durch Flicks positive, aufbauende Art.

Diese Taktik, dieser Kimmich und dieses Selbstvertrauen wurden zu drei der wichtigsten Zutaten von Flicks Erfolgsrezept, das dem FC Bayern einige Monate später das historische Triple bescherte. Seitdem aber wurden diese Zutaten nach und nach rarer - bis sie an diesem kalten Dezember-Samstag in Berlin bei einem 1:1 gegen Union nur noch in Prisen oder gar nicht mehr übrig waren.

FC Bayern München und die Taktik-Probleme

Zunächst zur Taktik, die schon vor der Saison erstmals in Frage gestellt wurde. "Worüber man mit Sicherheit nachdenken kann, ist, ob wir unsere Spielweise ein Stück weit ändern müssen", sagte Leon Goretzka damals. "Denn das Pressing, das wir die letzten Monate gespielt haben, über so eine Saison ohne Pausen durchzuziehen, das wird auch schwierig." Und es wurde in der Tat schwierig.

Flick blieb zwar weitestgehend bei seiner Taktik mit hohen Linien und intensivem Pressing, doch die erfordert viel Kraft und funktioniert daher nur mit absoluter körperlicher und geistiger Frische. Die Frische ging aber bald verloren, was ob des eng getakteten Spielplans nur allzu menschlich ist. Das Resultat gibt es seit Wochen wieder und wieder zu bestaunen: Gegner laufen alleine aufs Tor zu, so wie in der ersten Halbzeit gegen Union zweimal Taiwo Awoniyi.

Er vergab seine guten Chancen jedoch, das Gegentor zum 0:1 fiel durch Grischa Prömel nach einem Standard (4.). Dadurch verlängerten sich zwei besorgniserregende Serien: Zum fünften Mal in Folge geriet der FC Bayern in der Bundesliga in Rückstand, zum sechsten Mal in Folge fing er mindestens ein Gegentor. Insgesamt 17 sind es in der laufenden Saison bereits, mehr kassierte der Klub bis zum 11. Spieltag letztmals in der Saison 1981/82 (damals 20).

Hansi Flick vermisst bei seiner Mannschaft Selbstvertrauen

Das 1:1 bei Union war gleichzeitig das dritte Remis in den vergangenen vier Bundesligaspielen und auch beim 3:1 beim VfB Stuttgart hätte sich der FC Bayern nicht über einen Punktverlust beklagen dürfen. Zuvor hatte es noch fünf Siege hintereinander gegeben. Beim letzten, einem 3:2 bei Borussia Dortmund, verletzte sich der wichtigste Krieger Kimmich am Meniskus. Es war ein einschneidender Moment der Saison.

Große Fehler wurden seitdem häufiger und gute Ideen seltener, die Auftritte des FC Bayern wurden unansehnlicher und die Ergebnisse schlechter. Mit Kimmich ging ganz offensichtlich fußballerische Klasse verloren, vor allem aber auch Glauben: Diese unbedingte Siegesgewissheit, dieses von ihm im Januar angesprochene Selbstvertrauen - implementiert hat es Flick, gelebt hat es aber keiner so sehr wie Kimmich.

Nach dem Spiel in Berlin gab Flick offen einen Mangel an Selbstvertrauen zu: "In der ersten Halbzeit hat man gesehen, dass das Selbstvertrauen nicht so da ist. Man hat immer wieder versucht, den sicheren Ball zu spielen oder den hohen Ball, damit er weg ist aus der Gefahrenzone." Solche Sätze hatte er zuvor noch nie gesprochen, hatte er noch nie sprechen müssen.

Nach der funktionierenden Taktik und Kimmich ging erstmals unter Flick also auch das Selbstvertrauen verloren. Das Fehlen der drei Zutaten sorgte für eine gefährliche Mixtur, die Flick - vor allem in Anbetracht der beiden anstehenden Bundesligaspiele gegen den Tabellenvierten VfL Wolfsburg am Mittwoch und den Tabellendritten Bayer Leverkusen am Samstag - vor eine große Herausforderung stellt.

Hansi Flick kündigt Trainings-Rückkehr von Joshua Kimmich an

Angehen kann Flick diese Herausforderung immerhin aus einer Position der Macht. Beachtlich ist nämlich, dass all die Zutatenverluste noch zu keinen kriegsentscheidenden Niederlagen geführt haben. Beziehungsweise: abgesehen von einem 1:4 bei der TSG Hoffenheim am 2. Spieltag der Bundesliga noch zu überhaupt keinen Niederlagen.

Der FC Bayern erreichte souverän wie selten das Achtelfinale der Champions League, steht in der 2. Runde des DFB-Pokals und führt dank des besseren Torverhältnisses gegenüber RB Leipzig weiterhin die Bundesliga an (kann am Sonntag aber noch von Leverkusen überholt werden). Gesichert hat die Tabellenführung gegen Union Robert Lewandowski, der mit seinem 13. Saisontor zum Ausgleich traf (67.).

Womöglich noch wichtiger als dieser Ausgleich war in Berlin aber ein Satz, den Flick schon vor dem Anpfiff sprach: "Es ist angedacht, dass er nächste Woche wieder ins Training einsteigt." Er, das ist die Zutat Kimmich, dessen Rückkehr somit einen weiteren Schritt näher rückt.

FC Bayern: Die kommenden Spiele im Überblick

DatumUhrzeitWettbewerbGegnerH/A
16.12.202020.30 UhrBundesligaVfL WolfsburgHeim
19.12.202018.30 UhrBundesligaBayer LeverkusenAuswärts
03.01.202118 UhrBundesligaFSV Mainz 05Heim
08.01.202120.30 UhrBundesligaBorussia MönchengladbachAuswärts
13.01.202120.45 UhrDFB-PokalHolstein KielAuswärts
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