Der Matchwinner ließ sich alle Zeit der Welt. Provozierend langsam schubste Silas Wamangituka den Ball in der Nachspielzeit wie ein Sonntags-Spaziergänger in Richtung des leeren Bremer Tores - erst, als Werder-Stürmer Davie Selke wütend heranrauschte, knallte er den Ball ins Netz. Es war die Entscheidung beim 2:1 (1:0) des VfB Stuttgart bei den Hanseaten, und um den Doppeltorschützen gab es danach mächtig Zoff.
"Das war respektlos! Da brauchen wir gar nicht drumherum zu reden", schimpfte Selke, Schütze des einzigen Bremer Treffers, bei Sky: "Der Junge soll den Ball einfach reinschießen und hier nicht rumlaufen wie sonst irgendwie einer."
Später zegite sich Wamangituka in den sozialen Medien reumütig: Er wolle die "Gelegenheit nutzen", schrieb er bei Instagram, um bei allen Bremern, "die sich verärgert fühlten, aufrichtig um Entschuldigung zu bitten". Es sei "auf keinen Fall" seine Absicht gewesen, zu "provozieren". "Ein sehr netter Sieg", schrieb Wamangituka auch. Und: "Ich habe in jeder Phase des Spiels Respekt vor dem Gegner."
Wamangituka sah Gelb wegen Unsportlichkeit und musste sich von Werder-Trainer Florian Kohfeldt nach dem Abpfiff noch eine Standpauke anhören. "Wir alle sind uns einig, dass das nicht glücklich war. Wir sollten es aber auch nicht überdramatisieren", sagte Kohfeldt.
Beides dürfte ihn nicht wahnsinnig gestört haben, denn mit dem verdienten Sieg orientiert sich der VfB in der Bundesliga-Tabelle wieder nach oben. Wamangituka hatte vor seinem fünften Saisontreffer (90.+1), bei dem er Torhüter Jiri Pavlenka und Ömer Toprak an der Strafraumgrenze den Ball stibitzte, bereits einen Foulelfmeter verwandelt (31.). Werder war stets bemüht, kam über gute Ansätze und das zu späte Tor von Selke (90.+3) aber nicht hinaus.
"Wer Silas Wamangituka kennt, weiß, dass er ein sehr schüchterner Junge ist. Ich habe bei dem Tor gedacht, dass er auf Zeit spielen will, das hat er mir auch nach dem Spiel bestätigt", sagte VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo.
Bremen beißt sich an reifen Stuttgartern die Zähne aus
Stuttgart, das sich vom 1:3 zuletzt gegen Bayern München gut erholt zeigte und erstmals seit 2006 an der Weser gewann, kletterte auf Platz acht in der Tabelle. Bremen ist nach der zweiten Niederlage in Serie und dem siebten Spiel nacheinander ohne Dreier nun Zwölfter. Werder drohen unruhige Tage, zumal es auch im Umfeld rumort und ein Machtkampf um den Aufsichtsrat ausgebrochen ist.
Tahith Chong und Joshua Sargent sorgten für ein frühes Werder-Pressing, Yuya Osako hatte nach einer schönen Kombination schon nach fünf Minuten die große Möglichkeit zur Führung - doch der Japaner schoss über das Tor. Stuttgart stellte sich mit der Zeit aber besser auf das aggressive Anlaufen ein und kam selbst wuchtiger ins Spiel.
Borna Sosa (14.) sorgte aus der Distanz für Gefahr, Wamangituka blieb eiskalt, nachdem Chong Wataru Endo am Fuß getroffen hatte. Trotz aller Bemühungen der Bremer wirkte das Spiel der Stuttgarter insgesamt reifer und ausgeglichener. Kapitän Gonzalo Castro und Endo zogen im Zentrum geschickt die Fäden.
Bremen ließ sich nie hängen und versuchte immer wieder, Druck aufzubauen, auch über die später eingewechselten Selke und Nick Woltemade. Doch gegen die stabile VfB-Defensive taten sie sich schwer, richtig zwingende Torchancen zu kreieren. Zudem erwischte VfB-Keeper Gregor Kobel einen guten Tag und parierte einen Schuss von Woltemade (67.) sicher.
Werder Bremen - VfB Stuttgart: Die Aufstellungen
- Werder Bremen: Pavlenka - Gebre Selassie , Toprak , Friedl , Augustinsson - M. Eggestein , C. Groß , Bittencourt (60. Woltemade) , Chong , Osako (60. Schmid) - Sargent (60. Selke)
- VfB Stuttgart: Kobel - Mavropanos (46. Stenzel), Anton , Kempf , Sosa - W. Endo , Mangala , Wamangituka , Castro (59. Förster) , Coulibaly (73. Massimo) - Kalajdzic (59. Klement)
