BVB-Kapitän Marco Reus im Interview: "Die Bayern zeigen in bestimmten Spielen eine andere Mentalität"

Marco Reus verpasste mit dem BVB die deutsche Meisterschaft.
© Getty

Borussia Dortmund hat zwar mit 2:0 gegen Borussia Mönchengladbach gewonnen, aber dennoch den neunten Meistertitel der Vereinsgeschichte verpasst. Nach der Partie sprach BVB-Kapitän Marco Reus in der Mixed Zone des Gladbacher Stadions über seine Enttäuschung, fehlende Gier und blickt auf die kommende Spielzeit.

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Herr Reus, der BVB wird am Ende mit zwei Punkten Rückstand auf die Bayern Vizemeister - es wäre mehr für Dortmund drin gewesen. Gab es in dieser Saison für Sie einen speziellen Moment, weshalb es doch nicht gereicht hat?

Marco Reus: Das ist immer schwer zu sagen. Auch die Bayern könnten jetzt hier stehen und über ihre liegengelassenen Punkte im Oktober reden. Man kann immer nach Fehlern suchen, es passiert aber einfach so. Ich glaube, dass die Spiele zu Hause gegen Schalke und in Bremen ausschlaggebend waren. Sonst wären wir hier mit einem ganz anderen Punktepolster angereist. Wir haben wirklich gehofft und die ganze Woche sehr gut trainiert. Jeder war sehr fokussiert, die Hoffnung war sehr groß. Aber man bekommt es auf dem Platz natürlich ein bisschen mit. Als die Bayern das 3:1 gemacht haben war klar, dass es sehr schwierig wird.

Wäre es in dieser Spielzeit für die Borussia nicht besonders einfach gewesen, die Schale zu holen?

Reus: Wenn man sagt, es war nie so leicht wie in diesem Jahr, deutscher Meister zu werden, dann sehe ich das anders. Es ist immer schwer, in der Bundesliga eine konstante Saison abzuliefern. Wir waren nah dran, aber in den entscheidenden Momenten waren die Bayern einfach einen Tick besser. Das muss man neidlos anerkennen. Sie haben eine gewisse Erfahrung und zeigen vielleicht auch eine andere Mentalität auf dem Platz in bestimmten Spielen. Es war für uns trotzdem eine super Saison. Wir wussten am Anfang nicht, wo wir stehen und kamen sehr schwer in die Saison. Dann sind wir in einen Flow gekommen. In der Rückrunde hat uns in gewissen Partien dann aber die Erfahrung gefehlt und vielleicht auch die Gier, dass jeder einzelne weiß: dieses Jahr ist unheimlich viel drin. Dann ist es auch für mich und ein paar andere Spieler manchmal schwierig, da einzugreifen und in die Köpfe hineinzukommen. Das ist aber alles ein Lernprozess. Wir werden nächste Saison wieder eine gute Truppe auf dem Platz haben und versuchen, erneut bis zum Ende da zu sein.

Der BVB hat insgesamt 76 Punkte geholt, das ist das drittbeste Abschneider der Vereinsgeschichte. Was nehmen Sie Positives in die kommende Saison mit?

Reus: Wir haben dieses Jahr einen großen Schritt gemacht, was unser Auftreten angeht. Wir haben in dieser Saison eine andere Mentalität auf dem Platz gezeigt, natürlich auch durch Spieler, die wir neu verpflichtet hatten. Wir haben uns auch spielerisch weiterentwickelt. Darauf kann man aufbauen. Allerdings haben wir zu viele Gegentore kassiert, vor allem in der Rückrunde. Gerade an den Standardsituationen werden wir in der Vorbereitung arbeiten müssen. Es ist für jeden einzelnen jetzt wichtig, die Saison Revue passieren zu lassen und die positiven Dinge mitzunehmen - denn die waren reichlich dabei.

Wie gehen Sie für sich selbst mit der Enttäuschung um, weiterhin auf den ersten Meistertitel Ihrer Karriere warten zu müssen?

Reus: Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Ich bin ein positiver Mensch und weiß, dass es wieder von vorne losgeht. Ich weiß aber auch, dass die Chance in diesem Jahr unheimlich groß war und die Enttäuschung riesengroß ist. Das wird sie auch noch in den nächsten Tagen sein. Ich werde aber sicherlich schnell meinen Kopf wieder freikriegen und positiv denken. Ich bin für mich selbst froh, dass ich wieder ein besseres Jahr gespielt habe.

Bei den Bayern wurden Franck Ribery und Arjen Robben verabschiedet, mit denen Sie sich auch einige heiße Duelle geliefert haben über die Jahre.

Reus: Ich habe einen Riesenrespekt davor, was Franck und Arjen in ihren ganzen Jahren bei den Bayern geleistet haben. Sie waren eine unheimliche Flügelzange. Beide haben eine Karriere hingelegt, auf die sie echt stolz sein können. Gratulation auch an die Bayern. Wer am Ende oben steht, hat es auch verdient.

Der BVB hat erst in diesem Frühjahr offiziell das Ziel ausgegeben, Meister werden zu wollen. Muss man das in der nächsten Spielzeit bereits von Anfang an machen?

Reus: Das weiß ich nicht. Klar, wenn man lange mit neun Punkten vorne ist, dann kann man raushauen, Meister werden zu wollen. Dann kommt aber medial viel zurück und die jungen Spieler denken natürlich auch viel darüber nach. Oder man sagt eben, man spielt einfach so weiter wie bisher. Dann wird man aber jedes Mal gefragt: Aber ihr wollt doch Meister werden, oder nicht? Natürlich will man Meister werden, das ist doch ganz klar. Wir wollen es auch nächste Saison wieder probieren, wir streben immer nach dem Besten. Wir haben die Qualität für den ersten Platz. Mal sehen, wie wir uns für die neue Saison aufstellen werden. Borussia Dortmund gehört nach oben und wir werden alles daran setzen, dass wir nächstes Jahr wieder ganz oben sind - und am Ende dann hoffentlich auch Meister werden.

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